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U-Bahn-Ausbau vor Tram: Berlins Pläne für die Infrastruktur

Am Freitag präsentierte die designierte, zukünftige Landesregierung ihre Pläne für die infrastrukturelle Weiterentwicklung Berlins. Ein Schwerpunkt wird dabei auf dem Ausbau des U-Bahnnetzes liegen.

Wie sich die rot-grün-rote Koalition die zukünftige Mobilität in der Hauptstadt vorstellt, präsentierten die Parteien am vergangenen Freitag.

Am Freitag berichteten wir bereits über die Pläne zum Ausbau des Fahrradnetzes in der Hauptstadtregion. Am gleichen Tag präsentierte die mutmaßliche, zukünftige Koalition aus SPD, Grünen und der Linken ihre Infrastrukturpläne für die kommende Legislaturperiode.

Schwerpunkt: U-Bahn-Ausbau

Zum Thema U-Bahn-Ausbau hat die wohl zukünftige Bürgermeisterin Berlins, Franziska Giffey, eine klare Position: „Wir wollen den U-Bahn-Ausbau voranbringen“. Die SPD hat sich im Laufe der Gespräche ganz offensichtlich gegen die Grünen durchgesetzt, die einen Weiterbau der U-Bahn aus ökologischen Gesichtspunkten kritisch sehen.

Dennoch wird der Schwerpunkt der infrastrukturellen Entwicklung in den kommenden Jahren auf der Erweiterung des U-Bahnnetzes liegen. Für fünf Projekte sollen Kosten-Nutzen-Analysen durchgeführt werden, auf deren Grundlage anschließend die Planung erfolgen soll.

Geplant werden sollen die Streckenverlängerungen von Pankow nach Pankow Kirche (Linie U2), von der Krumme Lanke zum Mexikoplatz (U3), von Rudow zum Flughafen BER, vom Rathaus Spandau nach Heerstraße Nord (beide U7) sowie von Wittenau ins Märkische Viertel (U8).

S-Bahn: Zweiter Nord-Süd-Tunnel im Stadtzentrum

Die Planungen zum Bau eines zweiten Nord-Süd-S-Bahn-Tunnels waren in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten, da sich die Projektbeteiligten bislang auf keinen Streckenverlauf der zukünftigen Tunnelröhre einigen konnten.

Dieser Tunnel würde unter dem heutigen Regierungsviertel verlaufen. Die von der Deutschen Bahn nun favorisierte “Planungsvariante 12h”, bei der eine Tunnelröhre das Reichstagsgebäude westlich und die andere das Bauwerk östlich umfahren würde, soll nach Auskunft der Parteien weiter verfolgt werden.

Das unweit des Reichstagsgebäudes liegende Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma liegt auf der Strecke der neuen Tunnelröhre, soll nach Auskunft der Deutschen Bahn aber „so wenig wie möglich“ beeinträchtigt werden.

Bessere Anbindung der Außenbezirke

Aber auch außerhalb der Innenstadt soll der Ausbau des Schienennetzes vorangetrieben und die Nachteile gegenüber dem motorisierten Individualverkehr aufgeholt werden, die vor allem in diesen Randbereichen bestehen.

Zur Umsetzung dieses Vorhabens gehört der Wiederaufbau der Stammstrecke der Heidekrautbahn nordöstlich der Hauptstadt, die Wiederinbetriebnahme der 1980 stillgelegten Siemensbahn von Jungfernheide nach Gartenfeld, die S-Bahn Spandau-Nauen und die Verlängerung der S75 von Wartenberg zur Schönerlinder Straße.

Auch im Süden der Stadt soll eine historische Bahnverbindung reaktiviert werden. Die Potsdamer Stammbahn, die einst durch den Berliner Südwesten über Zehlendorf sowie Kleinmachnow nach Potsdam-Griebnitzsee führte und 1945 unterbrochen wurde, soll neu gebaut werden. Die 1838 eröffnete, erste Schienenstrecke nach Berlin soll als reguläre Bahntrasse für den Regional- und Fernverkehr neu entstehen.

Tram: Umsetzung der laufenden Planungen

Trotz der ambitionierten U- und S-Bahnprojekte soll auch das Berliner Straßenbahn-Netz weiter wachsen. Da hier aber schon zahlreiche, bislang nicht abgeschlossene oder realisierte Projekte begonnen wurden, wird hier der Fokus darauf liegen, die begonnenen Strecken und Verlängerungen erst einmal umzusetzen. Und dies allein ist keine leichte Aufgabe.

So sollen beispielsweise die angekündigten Strecken zum Ostkreuz oder von Pankow nach Weißensee fertiggestellt werden. Auch die Verlängerung der M10 von der Warschauer Straße bis zum Hermannplatz sowie vom Hauptbahnhof bis zum U-Bahnhof Turmstraße sind hier zu nennen.

Straße: Bau der Tangentialverbindung Ost wird vorangetrieben

Die zukünftigen Koalitionsparteien haben sich auch darauf verständigt, dass die Vorbereitungen zum Bau der “Tangentialverbindung Ost” (“TVO”) vorangetrieben werden sollen. Die Planungen für den Straßen-Lückenschluss zwischen Marzahn und Köpenick laufen bereits seit Jahren und wurden immer wieder verändert und zurückgestellt.

Eine solche Strecke war bereits 1969 im Generalverkehrsplan von Berlin vorgesehen, um benachbarte Wohngebiete in Biesdorf zu entlasten. Nach jetzigem Stand soll das Planfeststellungsverfahren 2022 beginnen, doch es gibt auch Widerstand gegen das Verkehrsprojekt.

Denn der Sachverständigenbeirat Naturschutz, der den Senat berät, warnt im Zuge des Projekts vor dem größten Waldverlust in Berlin seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Fast 15 Hektar Wald müssten in der Wuhlheide für den Bau der “TVO” fallen. Hier werden wohl noch einige Kompromisse gefunden werden müssen, um das Projekt tatsächlich umsetzen zu können.

“Kiezblocks” und verkehrsberuhigte Bereiche

Unabhängig vom Bau der “TVO” soll sich auf den Straßen Berlins aber noch mehr tun. Der Senat möchte die Bezirke zukünftig noch stärker unterstützen, wenn sie sogenannte “Kiezblocks” zur Vermeidung von Durchgangsverkehr oder temporäre Spielstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche einrichten möchten.

Solche Vorhaben gibt es in Berlin bereits in mehreren Innenstadtkiezen, wie etwa am Boxhagener Platz in Friedrichshain oder im Weitling- und Kaskelkiez im Bezirk Lichtenberg. Auch der Bau von Fahrradstraßen in Innenstadtbereichen soll weiter gefördert werden.

Ausbau des Fahrradnetzwerks

Grundsätzlich sollen zukünftig noch mehr Menschen als heute ihre Wege mit dem Fahrrad in der Stadt zurücklegen können und sich dabei sicher fühlen. Bis zum Jahr 2030 soll der Radverkehr auf einen Anteil von 23 Prozent aller zurückgelegten Wege im Stadtgebiet steigen (derzeit sind es 18 Prozent).

Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, soll ein Radverkehrsnetz durch die ganze Stadt mit einer Gesamtlänge von knapp 2.400 Kilometern umgesetzt werden. 865 Kilometer davon sollen ein Vorrangnetz auf den wichtigsten Verbindungen für Radfahrer*innen mit einer Regelbreite der Radwege von 2,50 Metern bilden.

Darüber hinaus sollen weitere 550 Kilometer Strecke an Hauptstraßen entstehen, die nicht zum eigentlichen Radverkehrsnetz gehören, die aber vom Mobilitätsgesetz vorgesehen sind. In diesen Fällen sollen die Wege in der Regel 2,30 Meter breit angelegt werden. Gemeinsam mit den rund 100 Kilometern Radschnellverbindungen kommt der gesamte Netzplan künftig auf rund 3.000 Kilometer Länge.

Möglichkeiten der Finanzierung

Die genannten Infrastrukturpläne müssen natürlich auch finanziert werden. Nicht alle der hier aufgeführten Projekte wären im aktuellen Landeshaushalt eingepreist. Daher diskutierten die Parteien auch über zusätzliche Finanzierungsquellen für die aufgeführten Verkehrsprojekte.

Unter anderem wurde die Anhebung der Gebühren für Anwohnerparkausweise diskutiert, aber auch die Aktivierung von EU- und Bundesfördermitteln. Auch die zu erwartenden Steuer-Mehreinnahmen, die in der vergangenen Woche publik wurden, könnten für einen Teil des Ausbau der Infrastruktur in Berlin verwendet werden.

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7 Kommentare

  1. Gnampfer November 22, 2021

    Die Autolobby hat sich durchgesetzt. Spandau wird die Straßenbahn nicht mehr erreichen. HGW, Betrugsgiffey 😡

    • Tom November 25, 2021

      Dem Tagesspiegel habe ich entnommen, dass die Straßenbahn nach Spandau kommen soll. Natürlich in dem für Deutschland typischen Planungs- und Bautempo.

    • Wolfgang November 26, 2021

      Das ist auch gut so. Spandau ist mit U- und S-Bahn sowie der Feinverteilung gut erschlossen! Und nun noch eine Strassenbahn dazu, ohne dazugehörige Infrastruktur, würde immense Kosten ohne entsprechenden Nutzen verursachen.

      • Franz November 27, 2021

        Wat? Spandau ist gut angeschlossen?
        Schon Mal da gewesen? Die meisten Busse sind überfüllt und der Takt ist unter aller Sau. Ein weiteres Verkehrsmittel muss kommen und entlasteten und das eigentlich schon vor 20 Jahren.

    • T.Matte Februar 17, 2022

      Man kann dem derzeitigem Senat ja bestimmt vieles vorwerfen aber ” Autolobbyismus” bestimmt nicht!!!

  2. Carlo November 24, 2021

    Endlich werden alle Verkehrsträger in Angriff genommen. Diese völlige Versteifung auf den Ausbau nur eines Verkehrsmittels in den letzten Jahrzehnten war ja nicht mehr feierlich. Allerdings muss man nun Klotzen statt Kleckern. Berlin hat beim ÖPNV-Ausbau viel Zeit verschwendet.

  3. Werner Klingbiel März 20, 2022

    Ich weiß nicht, warum UBahnbau so positiv gesehen.wird. Eine Ubahn ist teuer, die jahrelangen Tiefbauarbeiten sind alles andere als umweltfreundliche,für den Fahrgast lohnt es sich erst wenn der Zeitverlust des Wandelns durch unterirdische Gänge durch die höhere Geschwindigkeit kompensiert wird.Wirklich Vorteile hat nur der individuelle Oberflächenverkehr ohne Straßenbahn und Bus und natürlich die Baulobby während Bau und Rekonstruktion nach einigen Jahren. Die Straßenbahn ist günstig zu bauen, fährt elektrisch ohne Notlösungen und hat Platz für Fahrgäste, auch mit Fahrrädern.Eine umweltfreundliche neue Verkehrslösung sollte weitgehend aus Tram, Fußgängern und Fahrradverkehr und bei schwach ausgelastet Linien Bussen bestehen.Das heißt nicht-, dass auch ergänzende Sbahn-und Ubahnerweiterungen Sinn machen.Abervon einer Ubahn ins Märkische Viertel träumen und 1 km Heidekrautbahn suf gewidmeter Trasse 30 Jahre nach der Wende noch nicht gebaut zu haben ist keine zukunftsfähige Verkehrspolitik.

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