An der Neuen Bahnhofstraße in Friedrichshain entsteht mit dem Projekt „3YARDS“ ein neues Büroensemble im ehemaligen Stammwerk der Knorr-Bremse AG. Die Projektentwickler Caleus wollen auf eine klimapositive, denkmalgerechte Sanierung setzen. Das historische Industrieareal wird zum Campus für neue Arbeitswelten.

Derzeit ist das historische Industriegebäude an der Neuen Bahnhofstraße eingerüstet und wird unter dem Namen „3YARDS“ zu einem modernen Bürokomplex umgebaut, der insgesamt rund 30.000 Quadratmeter umfasst. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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In Friedrichshain wird ein Stück Industriegeschichte neu belebt. Auf dem Gelände des ehemaligen Stammwerks der Knorr-Bremse AG an der Neuen Bahnhofstraße entsteht das Büroprojekt „3YARDS“. Entwickler ist die Caleus, die sich auf die nachhaltige Transformation von Bestandsgebäuden spezialisiert hat. Das Konzept setzt auf Wiederverwendung bestehender Bausubstanz, zirkuläres Bauen und die Reduktion von CO₂-Emissionen.
Das Projekt umfasst rund 30.000 Quadratmeter und soll nach Fertigstellung als „klimapositives Gebäude“ zertifiziert werden. Laut Entwickler strebt „3YARDS“ die höchste bislang erzielte Punktzahl für eine Sanierung dieser Größenordnung bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen an. Damit soll ein neuer Maßstab für die Sanierung denkmalgeschützter Bestandsimmobilien gesetzt werden.
Knorr-Bremse-Werk: Historischer Industriebau von Alfred Grenander prägt das Stadtbild am Ostkreuz
Das ehemalige Knorr-Bremse-Werk gehört zu den markanten Zeugnissen der Berliner Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts. Zwischen 1913 und 1916 entstand der Komplex nach Plänen des Architekten Alfred Grenander. Er vereinte Fabrikations- und Verwaltungsbereiche in einer modernen Anlage und prägte damit die industrielle Entwicklung des Quartiers rund um das Ostkreuz nachhaltig. Auffällig war schon damals die repräsentative Gestaltung der Fassade mit Säulenarkaden, Reliefs und einer hohen Attika.
Die Innenräume waren für die damalige Zeit besonders hochwertig gestaltet. Grenander legte großen Wert auf Materialqualität und handwerkliche Ausführung. Holzvertäfelungen, schmiedeeiserne Leuchter und detailreiche Treppenanlagen spiegelten das Selbstverständnis eines wachsenden Industrieunternehmens wider. Heute gilt der Komplex als städtebauliches Wahrzeichen im östlichen Stadtgebiet.
Vom VEB-Betrieb zum Kreativstandort: Wandel des Knorr-Bremse-Areals nach der Wende
Die Geschichte des Standorts ist eng mit den wirtschaftlichen Umbrüchen Berlins verbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Werk verstaatlicht und als „VEB Berliner Bremsenwerk“ weitergeführt. Nach der Wiedervereinigung traf der wirtschaftliche Strukturwandel auch die Produktionsstätten an der Neuen Bahnhofstraße: Die industrielle Nutzung wurde eingestellt, das Gebäude wechselte mehrfach den Eigentümer.
In den Folgejahren zog eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzer ein. Unter anderem nutzte Zalando SE das Areal als Mode- und Kreativstandort. Später hatte WeWork Inc. Pläne für Büronutzungen.. Diese Entwicklung verdeutlicht, wie flexibel die historische Bausubstanz auf sich wandelnde Anforderungen reagieren konnte.
Zirkuläres Bauen: Neuer Campus an der Bahnhofsstraße verbindet Bestandserhalt mit Zukunftsnutzung
Die aktuelle Umgestaltung setzt auf die Erhaltung der historischen Struktur. Die Entwickler verfolgen ein zirkuläres Bauprinzip, das bestehende Materialien weiterverwendet, Bauabfälle minimiert und die graue Energie der Bestandsimmobilie nutzt. Ziel ist laut Caleus, den ökologischen Fußabdruck des Projekts deutlich zu reduzieren.
Das Raumkonzept sieht vielseitig nutzbare Flächen vor. Geplant sind moderne Arbeits- und Veranstaltungsräume, Maker Spaces, Food Halls sowie Flächen für Einzelhandel und Logistik. Hinzu kommen Fahrradstellplätze mit Lademöglichkeiten, E-Auto-Wallboxen und Aufenthaltszonen im Freien. Damit entsteht ein Campus, der historische Bausubstanz und zeitgemäße Anforderungen miteinander verbindet.
Erhalt der Industriefassade verbindet Vergangenheit und Zukunft am Ostkreuz
Die charakteristische Backsteinfassade bleibt erhalten und bildet weiterhin das prägende Element des Ensembles. Markante Sandsteinreliefs, großzügige Raumhöhen und die klare architektonische Gliederung werden in das neue Nutzungskonzept integriert. So entsteht ein Ort, der den industriellen Ursprung nicht verdrängt, sondern sichtbar macht.
Die Lage unmittelbar am Ostkreuz ermöglicht eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Stadtteile wie Mitte, Kreuzberg oder Prenzlauer Berg sind innerhalb weniger Minuten erreichbar, ebenso wie der Flughafen. Damit verbindet das Projekt historische Substanz mit urbaner Mobilität.
„3YARDS“ als Beispiel für den Umgang mit historischer Bausubstanz
Mit „3YARDS“ entsteht ein Projekt, das Vergangenheit und Zukunft an einem Ort zusammenführt. Die Revitalisierung des ehemaligen Knorr-Bremse-Areals steht beispielhaft für den Trend, historische Industriegebäude zu erhalten und für neue Nutzungen umzubauen. Dieser Ansatz schont Ressourcen, stärkt den Bestand und bewahrt städtebauliche Identität.
Für Friedrichshain bedeutet die Entwicklung nicht nur die Neunutzung eines denkmalgeschützten Ensembles in einem historisch gewachsenen Stadtquartier.
Quellen: Caleus, GBP Architekten, Landesdenkmalamt Berlin, Immobilienzeitung, Berliner Zeitung, Visitberlin
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3 Kommentare
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Ich finde es komisch und bezeichnend, dass das Werk „Messelektronik Berlin in der Neuen Bahnhofstrasse 9-17 nicht genannt wird.
Ich habe dort bis zum Ende der DDR drei Jahrzehnte gearbeitet. Als ob unsere Arbeit in dieser Zeit keine Erwähnung wert ist.
Wie gesagt, es ist schon bemerkenswert wie heute berichtet wird.
Berlin, die Stadt der Maker Spaces and Food Halls and Wall Boxes…und am Ende ein einziger großer Campus, oder wie das Schweinchen heißt, das gerade durchs Dorf getrieben wird.
@Dieter
Warum sollte über ein „Unternehmen“ berichtet werden, dass seit 35 Jahren nicht mehr existiert? Wen interessiert das ausser Ewiggestrige wie dich? Da, wo jetzt das Plaza Frankfurter Allee steht, stand früher das Vergaser- und Filterwerk Berlin, habe ich noch als Kind kennengelernt. Ist weg, nun steht da was anderes. UND NU????
Schau nach vorn, das Leben findet jetzt statt und nicht vor 35 Jahren.