Trotz bester Infrastruktur und ambitionierter Projekte bleibt rund um das Adlergestell viel Potenzial ungenutzt. Die entscheidende Frage ist derzeit: Wie viel Gewerbe braucht Berlin – und wie viel potenzieller Wohnraum wird verdrängt? Ein Blick auf den Standort Adlershof zeigt die Chancen und Versäumnisse der Berliner Stadtplanung.

Adlershof: Seit fast fünf Jahren wird der Bau eines neuen Hotels auf einem brachliegenden Grundstück angekündigt, doch bislang ist nichts passiert. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Wer sich im Berliner Südosten entlang des Adlergestells bewegt, kann dort einige neue Gewerbeprojekte ausmachen, die in den vergangenen Jahren entstanden sind. Dazu gehört unter anderem das erst vor kurzem fertiggestellte Bauprojekt „Square 1„. Das Projekt liegt in unmittelbarer Nähe zum Technologiepark und Medienstandort Adlershof, einem der bedeutendsten Innovationsstandorte Deutschlands.
Den Auftakt zur Campusbebauung bildet nun der Bauteil B, entworfen von TCHOBAN VOSS Architekten. Dieser Gebäudekomplex wird von der Berliner Sparkasse als Hauptsitz genutzt und liegt in direkter Nachbarschaft zum denkmalgeschützten Bahnbetriebswerk Schöneweide. Rund um das „Square 1“ ist bislang noch viel Platz, der in den kommenden Jahren mit weiteren Gewerbebauten aufgefüllt werden soll.
Adlershof: Neue Gewerbeprojekte oder Potenzial für zusätzlichen Wohnraum?
Die Frage ist nur: gibt es für weitere, großflächige Gewerbeansiedlungen an diesem Standort überhaupt noch Bedarf? Nur einige hundert Meter weiter nämlich, im Technologiepark Adlershof, gibt es mehrere Gebäude mit Gewerbeflächen, die intensiv um neue Mieter werben. So etwa unweit des Bahnhofs Adlershof, wo sich der „Officelab Campus“ befindet, der mit modernen und flexibel gestaltbarem Wohnraum wirbt – und offenbar noch einiges an Fläche zu bieten hat.
Direkt nebenan liegt ein riesiges Grundstück seit vielen Jahren brach. Seit nicht weniger als fünf Jahren kündigt ein Bauschild den Bau eines neuen Hotels an dieser Stelle an. Ein Vier-Sterne-Hotel mit Kongress- und Veranstaltungsflächen der Kette Leonardo soll hier entstehen – die Frage ist nur, wann. Das Grundstück wird einmal jährlich umgepflügt, um verstärkten Wildwuchs zu verhindern, mehr passiert auf der Fläche seit einem halben Jahrzehnt nicht.
Entlang des Adlergestells gibt es noch viele, unbebaute Flächen, die brach liegen
Es ist nicht die einzige freie Fläche im Umfeld des Technologieparks, die offenbar noch auf eine Bebauung wartet – und für andere Nutzungen daher nicht verwendbar ist. Die Frage ist nur, ob die Hauptstadt vor dem Hintergrund der noch immer anhaltenden Wohnungsnot hier nicht die Chance verpasst, großflächige Wohnungsbauprojekte umzusetzen, anstatt Gewerbeprojekte entstehen zu lassen, die offenbar längst am Marktbedarf vorbei gehen.
Wäre der Bedarf da, wäre das geplante Hotel vermutlich längst im Bau – doch der Bauherr hält sich offenbar zurück. Das Land Berlin sollte vielleicht darüber nachdenken, mit den Grundstückseigentümern über eine Anpassung des Bebauungsplans zu sprechen, um zumindest eine Mischnutzung zu ermöglichen – oder das Grundstück selbst erwerben. Immerhin: durch die vorhandene S-Bahn sowie mehrere Tramlinien, die den Technologiepark Adlershof anfahren, ist die Anbindung durchaus gegeben.
Standort Adlershof: S-Bahn und Tram bieten eine gute ÖPNV-Anbindung
Bislang jedoch werden durch die weiterhin leerstehenden Flächen ungenutzte Potenziale außer Acht gelassen – und Chancen auf den Erwerb oder die Schaffung neuer Wohnräume vertan. Die Entwicklung rund um das Adlergestell zeigt exemplarisch, wie komplex die Balance zwischen Gewerbeentwicklung und Wohnraumbedarf geworden ist.
Noch ist offen, wie sich die gewerbliche Entwicklung entlang des Adlergestells weiterentwickeln wird – klar ist jedoch: Der Spielraum für neue Impulse ist vorhanden. Damit das Gebiet sein Potenzial entfalten kann, braucht es jedoch flexible Konzepte, die auch alternative Nutzungen wie Wohnen oder Bildungseinrichtungen ermöglichen.
Wohnen, Gewerbe, Bildung, Freizeit: Die Flächennutzung in Berlin muss flexibler und bedarfsorientierter werden
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Berlin an starren Planungen festhält oder neue Wege in der Flächenentwicklung beschreiten will. Die Diskussion um die Nutzung der Brachflächen im Südosten Berlins könnte damit gleichzeitig auch zum Gradmesser dafür werden, wie wandlungsfähig die Stadt in ihrer Flächenpolitik tatsächlich ist.
Wenn sich die Zeichen am Markt nicht grundlegend ändern, wird sich die Frage nach einer Mischnutzung immer lauter stellen. Berlin steht vor der Herausforderung, nicht nur zu bauen, sondern das Richtige zu bauen – an den richtigen Orten.

Es sind offenbar noch einige Räumlichkeiten frei: Im Officelab Campus Berlin wird um neue Mieter geworben. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
Quellen: Architektur Urbanistik Berlin, OfficeLab Campus Adlershof GmbH & Co. KG, immobilien-experten-ag.
Endlich werden bezüglich der weiten Ödnis in Adlershof und Johannisthal die richtigen Fragen gestellt. Es ist ein Unding, dass so riesige Flächen über viele Jahre ungenutzt bleiben und man scheinbar immer noch auf rein gewerbliche Nutzung setzt und dem alten Masterplan folgt.
Welcher Investor (v.a. aus dem Ausland) ist denn bei dieser desaströsen Politik noch willens hierzulande langfristig zu investieren? In den nächsten Jahrzehnten ganz sicher nicht. Vielleicht dürfen wir auf ein paar Plattenbauten für Wohnraum entlang der S-Bahntrasse hoffen und ein paar Containerdörfer.. Vielleicht bis 2040..wenn´s gut läuft.