Nach heftigem öffentlichem Gegenwind hat der Senat die Blockade beim Stadionausbau an der Alten Försterei in Berlin-Köpenick überraschend gelockert. Ein Kompromiss soll den Weg für den Ausbau ebnen, wenn auch vorerst mit reduzierter Stadion-Kapazität.

Die Welle der Kritik war laut, und zeigte offenbar Wirkung: Berliner Senat und der 1. FC Union einigen sich auf eine verkleinerte Ausbauvariante für die Alte Försterei. Damit kann das Projekt endlich weitergehen. / © Visualisierung: 1. FC Union Berlin
© Visualisierungen: 1. FC Union Berlin
Es dürften einige ungemütliche Tage in den Abteilungen der Berliner Senatsverwaltungen für Verkehr und Stadtentwicklung gewesen sein, seit am vergangenen Sonntagabend bekannt geworden war, dass das geplante Verkehrskonzept für die ausgebaute Alte Försterei in Berlin-Köpenick keine politische Zustimmung erhält. Denn das mediale Echo als auch die Meinungsäußerungen der Berlinerinnen und Berliner waren, gelinde gesagt, verheerend.
So kommentierte ein Leser auf ENTWICKLUNGSSTADT: „Früher war ich mal stolz ein Berliner zu sein, aber die Politik hat mir das gründlich vermiest. In dieser Stadt bekommt man einfach gar nichts mehr gebacken.“ Ein anderer Leser ging noch weiter: „Berlin ist politisch und verwaltungstechnisch die unfähigste Hauptstadt Europas. Der einzige Fußball-Bundesligist kann seine Kapazitäten nicht einmal auf 40.000 Zuschauer erweitern. Alle anderen lachen sich längst tot über Berlin.“
„Berlin ist politisch und verwaltungstechnisch die unfähigste Hauptstadt Europas“
Union-Präsident Zingler zeigte sich öffentlich reserviert, aber doch offen enttäuscht von der mangelnden politischen Unterstützung des Berliner Senats, dem offenbar schnell klar wurde, was für einen Eindruck eine solche Entscheidung vor dem Hintergrund einer geplanten Berliner Olympia-Bewerbung macht. „In der Bundeshauptstadt ist einfach nichts möglich, was in anderen Städten,wie zum Beispiel London, mit mehreren Erstligisten möglich ist und das teils auf engsten Raum,“ kommentierte etwa Leser Gerald O.
Um dieses Bild schnellstmöglich zu korrigieren, haben sich Fußball-Bundesligist Union Berlin und der Senat nun offenbar eilig zusammengesetzt und an einer Lösung gearbeitet. Am heutigen Freitagnachmittag kam die offizielle Bestätigung seitens des Berliner Senats, dass der von Union Berlin erarbeitete Kompromissvorschlag von der Stadt gebilligt wird.
Berliner Senat billigt Kompromissvorschlag für Verkehrskonzept rund um die Alte Försterei in Köpenick
In einem offiziellen Statement von Stadtentwicklungs- und Verkehrsverwaltung heißt es wie folgt: „Die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sowie für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt haben den Vorschlag des 1. FC Union Berlin, das Stadion An der Alten Försterei nach seinem Ausbau zunächst mit 34.500 statt der ursprünglich geplanten 40.500 Plätzen in Betrieb zu nehmen, begrüßt und das dafür notwendige Verkehrskonzept bestätigt.“
Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) äußerte sich ebenfalls dazu: „Wir haben in guten Gesprächen mit Union einen tragfähigen Kompromiss für das Verkehrskonzept gefunden. So können die Planungen für das Stadion und deren Umsetzung fortgesetzt werden.“ Allerdings stellte Bonde auch klar: „Die Erweiterung der Stadion-Kapazität auf die ursprünglich angestrebte Zahl ist damit nicht vom Tisch.“
Ute Bonde: „Erweiterung der Stadion-Kapazität auf ursprünglich angestrebte Zahl ist nicht vom Tisch“
Bausenator Christian Gaebler (SPD) scheint in seinem Statement Schadensbegrenzung betreiben zu wollen: „Alle Beteiligten in den zuständigen Senatsverwaltungen wissen zu würdigen, dass der Verein hier noch einmal einen großen Schritt zu einem tragfähigen Kompromiss gegangen ist. Mit der Bestätigung dieses Vorschlages kann das Bebauungsplanverfahren nun zügig fortgesetzt werden.“
Der so gebeutelte Präsident des 1. FC Union, Dirk Zingler, zeigte sich erleichtert: „Ich freue mich über die schnelle und positive Reaktion des Senats auf unseren Vorschlag. Der vorläufige Verzicht auf eine größere Kapazität ist schmerzhaft, aber wir müssen mit dem Ausbau zügig vorankommen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unser Ziel bleibt eine Alte Försterei mit 40.500 Besuchern, auch wenn wir diese erst in einer späteren Etappe erreichen.“
Alte Försterei: Union Berlin strebt weiterhin eine Stadionkapazität von mehr als 40.000 Plätzen an
Langfristig möchte der 1. FC Union Berlin also trotz der nun getroffenen Festlegung auf eine geringere Stadionkapazität einen Ausbau der Kapazität auf über 40.000 Plätze. Dass der Stadionausbau nun überhaupt beginnen kann, ist für den Verein aber eine wichtige und sehr gute Nachricht.
Die große Achillesferse des geplanten Stadionausbaus an der Alten Försterei ist und bleibt der Verkehr rund um die Arena. Denn die Straßen und Verkehrsräume zwischen Bahnhof Köpenick, Bahnhofstraße, Wuhlheide und Köpenicker Altstadt scheinen schon heute notorisch verstopft zu sein. Ein schnelles Durchkommen gibt es nur selten, die Infrastruktur ist der Zahl an Autos, Bussen und Lkws häufig nicht gewachsen.
Der häufig chaotische Verkehr in Köpenick bleibt die Achillesferse der Ausbaupläne des 1. FC Union
Das Phänomen ist nicht neu, wird derzeit aber noch dadurch verstärkt, dass in diesem Stadtraum gleich mehrere große Neubau- und Umbauprojekte parallel durchgeführt werden, die die Nerven der Anwohnerinnen und Anwohner stark strapazieren.
Kompromiss hin oder her, auf Bezirk, Senat und Verein kommen in den folgenden Jahren ganz sicher einige nicht einfach zu lösende Herausforderungen zu. Die vorläufige Reduzierung der geplanten Kapazität ist aber sicher ein sinnvoller Ansatz, um dem zu erwartenden Verkehrschaos rund um die Alte Försterei an Spieltagen zu begegnen.
Bevor es soweit ist, wird das Team des 1. FC Union aber ins Olympiastadion umziehen, damit das Stadion in Köpenick ungestört erweitert werden kann, für mindestens eine Saison, vielleicht aber auch für länger. Man wird sehen.
Quellen: B.Z., BILD, 1. FC Union Berlin, Der Tagesspiegel, RBB, Berliner Zeitung
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Die Begründung der Senatsverwaltung war ja, dass die aktuelle schienengebundene Lösung plus der Bau der neuen Straße nicht ausreicht, um die geplanten Massen abzutransportieren.
Auf der anderen Seite liegt eine zweite schienengebundene Lösung seit Jahrzehnten in den Schubladen der Berliner Verkehrsverwaltung: die Nahverkehrstangente Ost, sprich eine S-Bahn-Verbindung zwischen Biesdorfer Kreuz und Grünauer Kreuz. Mit dieser Verbindung wäre eine ergänzende ÖPNV-Lösung möglich. Die Straßenbahn ermöglicht aktuell Ost-West-Verkehr, die NVO würde Nord-Süd-Verkehr ermöglichen und vor allem Stadtteile wie Marzahn, Hellersdorf, Biesdorf und Lichtenberg exzellent mit Köpenick. Ganz Ost-Berlin würde davon extrem profitieren.
Doch was macht die CDU-geführte Senatsverwaltung für Verkehr? Sie marginalisiert das Projekt, um stattdessen die konkurrierende, straßengebundene Tangentialverbindung Ost durchzuprügeln. Und ist dann so dreist, das Union-Stadionprojekt mit der Begründung abzukanzeln, „die schienengebundene Verkehrslösung reiche nicht aus“.
DANN BAUT SIE DOCH! Dafür wurdet ihr gewählt. Die Infrastruktur ist das Fundament, damit sich alles andere entwickelt. Union will sich entwickeln, aber die Senatsverwaltung will die Infrastruktur dafür nicht bauen. Wenn das nicht ein Vorrangprojekt ist, WAS DANN?
Das muss weh tun. scheinbar lassen sich nicht alle Verkehrsprobleme durch breitere Straßen und mehr Parkplätzen lösen.
Wenn es da nicht noch ein anderes Verkehrsmittel gäbe das viel besser geeignet und ideologisch erwünscht ist… Vielleicht eine Magnetschwebebahn?
Magnetschwebebahn? Wie können Sie so vermessen sein, hier etwas derart Fortschrittliches und Wegweisendes anzuführen?
Wo kommen wir dahin!…..So, oder ähnlich könnte man noch sarkastisch reagieren, wenn es nicht so traurig wäre.
Neu-Sadowa…Sicher an den alten Sportplatznamen angelegt.. Sadowa oder auch Sadova ist für mich eher negativ konotiert, als trauriger Tag in der gesamtdeutschen Geschichte. Ansonsten hätten wir vilelleicht heute mit Wien eher eine viel schönere Hauptstadt.