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Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 5: Marie Frommer

Marie Frommer war eine deutsche Architektin, die auch in der Fach- und Frauenpresse sehr viel Aufmerksamkeit und Beachtung fand. Als erste Architektin in Deutschland erwarb Marie Frommer überdies einen Doktortitel und baute auch nach der Flucht ihren beruflichen Werdegang weiter aus.

Eine von Frommers ersten Arbeiten in Berlin: Die Gestaltung  der Schaufensterfassade des Schuhhauses Leiser.

© Foto: Baunetz
Text: Henriette Schubert

Marie Frommer

Geboren 1890 in Warschau – Gestorben 1976 in New York City

Herkunft: Geburt in Warschau

Marie Frommer erblickte am 17. März 1890 in Warschau das Licht der Welt, wuchs jedoch in Leipzig auf. Hier schloss sie schließlich ihre schulische Ausbildung mit dem Abitur ab.  

Nach der Schule erwarb Frommer ein Diplom als Lehrerin für Sprachen, entschied sich im November 1911 jedoch für ein Studium. So schrieb sie sich für das Fach Architektur an der Königlichen Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg ein und war damit die bis dahin erst vierte Studentin dieses Faches an der Hochschule. Im Sommer 1916 schloss sie das Studium mit dem Diplom ab. Es folgte ein Aufbaustudium von 1917 bis 1919 an der Technischen Hochschule Dresden, wo sie sich im Schwerpunkt dem Städtebau widmete. 

Aus diesem weiterführenden Studium entstand schließlich auch Frommers Dissertation mit dem Thema „Flusslauf und Stadtentwicklung“. Damit wurde Marie Frommer zur ersten promovierten Architektin in Deutschland. Daraufhin stieg sie in die Berufspraxis ein. Hierfür sammelte sie nach ihrer Tätigkeit in der Dresdener Stadtverwaltung sowohl im In- als auch im Ausland Erfahrungen in verschiedenen Privatbüros. 1925 zog es sie zurück nach Berlin, wo sie ihr eigenes Architekturbüro eröffnete.

Marie Frommers Wirken in Berlin

Während ihrer Tätigkeit konzentrierte Frommer sich besonders auf Läden, Waren- und Geschäftshäuser, Banken und Bürogebäude. Zu ihren Projekten zählte neben dem Um- oder Neubau auch die vollständige Inneneinrichtung der betreffenden Gebäude. So begann sie ihre Selbstständigkeit mit dem Umbau der Schaufensterfassade des Schuhhauses Leiser in Berlin. Diesem Projekt folgten weitere ähnliche Aufträge. 1929 wurde sie für den Umbau einer Villa zu einem Hotel in Berlin-Wilmersdorf beauftragt. 

Für ihre Arbeit erhielt Frommer viel Beachtung in der Fachpresse. Als eine der wenigen tätigen Frauen in dieser Berufsgruppe fand Frommer zudem Erwähnung in der Frauenpresse. Neben ihrer Doktorarbeit aus dem Jahr 1919 zählen auch weitere Publikationen von und über Frommers Entwürfe zu ihrem Portfolio. 1931 wurde Frommer Mitglied im Bund Deutscher Architekten (BDA). 

Nach der Machtergreifung: Emigration und erneuter Wegzug mit Neuanfang

Nach nur zwei Jahren wurde Frommer 1933 jedoch wieder aus dem Bund Deutscher Architekten ausgeschlossen. Ihre jüdische Abstammung verhinderte auch die Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste im Jahr 1934. Eine selbstständige Berufsausübung war damit für Frommer nicht mehr möglich. Dennoch blieb sie noch zwei Jahre in Berlin wohnen und emigrierte erst 1936 nach London. 

Als hier im Jahr 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, verließ Frommer das Land und zog in die USA. In New York arbeitete sie weiter daran, als Architektin tätig sein zu dürfen. In dieser Zeit eröffnete sie wiederum ein Architekturbüro und gestaltete hierbei Läden, Kanzleien und auch Clubs. Doch erst 1946 erhielt Frommer die benötigte Zulassung als „licensed architect“, nachdem sie die vom Staat New York geforderten Examina abgelegt hatte. Nach insgesamt zehn Jahren im Exil nahm Frommer ihre Tätigkeit als selbstständige Architektin im Alter von 56 Jahren wieder auf. 

Weiterführende Aufmerksamkeit erhielt Frommer durch eine Publikation im Jahr 1948 durch die Zeitschrift The Architectural Record. Hier wurde sie als eine von zehn erfolgreichen US-amerikanischen Architektinnen vorgestellt. Fünf Jahre später wurde Frommer 1953 zudem zum Mitglied des American Institute of Architects (AIA). Frommer verblieb bis zum Ende ihres Lebens in den USA und verstarb am 16. November 1976 in New York.

 

Quellen: Gesellschaft zur Erforschung des Lebens und Wirkens deutschsprachiger jüdischer Architekten, Jüdische Allgemeine, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Jüdisches Museum Berlin, Wikipedia

 

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