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Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 8: Alfons Anker

Alfons Anker war ein deutscher Architekt der Moderne, der auch als Bausachverständiger tätig war. Bekanntheit erlangte er vor allem durch seine Zusammenarbeit mit den Brüdern Hans und Wassili Luckhardt sowie seine frühe Fokussierung auf ressourcenarmes Bauen. Später nahm Anker die schwedische Staatsbürgerschaft an, kehrte jedoch auch in seine Heimat zurück.

Die Kolonie “Am Rupenhorn” in Berlin-Westend wurde 1929 (in der Zeit der Frühen Moderne) von den Brüdern Hans Luckhardt und Wassili Luckhardt mit ihrem Partner Alfons Anker im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet. / © Landesarchiv Baden-Wuerttemberg Staatsarchiv Freiburg

© Fotos: Wikimedia Commons / LuckhardtAnker or Ekkehard Brunn / Landesarchiv Baden-Wuerttemberg Staatsarchiv Freiburg
Text: Henriette Schubert

Alfons Anker

Geboren 1872 in Berlin – Gestorben 1958 in Stockholm

Herkunft: Geburt in Berlin

Am 1. Dezember 1872 wurde Alfons Anker in eine alteingesessene jüdische Berliner Familie hineingeboren. Nachdem er die Schule erfolgreich abgeschlossen hatte, begann er sein Studium der Architektur und Volkswirtschaft an der Technischen Hochschule (Berlin-) Charlottenburg. Es wird angenommen, dass er das von 1889 bis 1891 praktizierte Studium ohne Abschluss beendete.

Stattdessen entschied er sich für eine Maurerlehre, die er in der Zeit von 1891 bis 1892 absolvierte. Trotz der Hinwendung zum Handwerk zog es ihn wiederum für zwei Jahre zurück zum Studieren. Im Jahr 1893 schloss er dieses Studium an der Baugewerkschule Berlin mit Abschluss erfolgreich ab. Die Baugewerkschule ist heute Teil der Berliner Hochschule für Technik (BHT).

Alfons Ankers Wirken in Berlin

Zwei Jahre nach seinem Studienabschluss erhielt Anker 1895 eine Stelle für die Arbeit als Architekt im städtischen Dienst. Ab 1896 war er zudem für verschiedene, private Architekturateliers tätig. Nach einigen Jahren des Angestelltenverhältnisses wagte Anker 1903 den Schritt in die Selbstständigkeit. Gemeinsam mit Julius Becker betrieb er ein Baugeschäft an der Potsdamer Straße 24, durch welches vor allem Miethausbauten in Berlin realisiert wurden. In dieser Zeit kam im Jahr 1906 zudem Ankers Tochter Eva-Juliane zur Welt.

Während des Ersten Weltkriegs pausierte Anker seine Tätigkeit und zog als Pionieroffizier von 1914 bis 1918 in den Krieg. Während dieser Zeit widmete er sich den Naturbautechniken für die Errichtung provisorischer Unterkunfts- und Lazarettbauten. Dies führte ihn schlussendlich zur Frage, wie Architektur in Zeiten mit knappen Ressourcen aussehen kann.

Nach dem Krieg nahm er seine Arbeit wieder auf und eröffnete sein Tätigkeitsfeld an der Technischen Hochschule (Berlin-) Charlottenburg. Von 1919 bis 1920 war er hier zunächst als Assistent tätig, wurde dann jedoch zum technischen Direktor bei Friedrich Seeßelberg. Wichtige Themen waren während dieser Tätigkeit Lehmbausiedlungen und die Rationalisierung des Bauwesens. Friedrich Seeßelberg gilt als Gründer des Reichsverbandes zur Förderung sparsamer Bauweisen und konnte Anker daher in seinem durch den Krieg erlangten Erstreben unterstützen.

Bereits nach kurzer Zeit zog es Anker wieder in die Selbstständigkeit und so wurde er 1920 auch Mitglied im Bund Deutscher Architekten. Nur ein Jahr später wurde Anker zudem als Bausachverständiger bestellt.

Bekanntheit erlangte der Architekt vor allem in den Jahren 1923 bis 1933 durch seine Zusammenarbeit mit den Brüdern Hans und Wassili Luckhardt. Gemeinsam eröffneten sie das Architekturbüro Brüder Luckhardt und Alfons Anker in der Versuchssiedlung Schorlemerallee in Berlin-Dahlem. In dieser Siedlung fand Anker auch seinen Wohnsitz. Zunächst bewohnte der das Haus 17b als Nachbar der Gebrüder Luckhardt, die die 17a bewohnten, zog später jedoch um in das Haus 19. Mit eigenen Mitteln und Ideen realisierten sie zusammen die Versuchssiedlung sowie die Kolonie „Am Rupenhorn“ in Berlin-Westend.

Durch sein Wirken wurde Anker 1926 Mitglied der Architektenvereinigung „Der Ring“. Bis ins Jahr 1930 arbeitete er parallel als Dozent an der Hochschule für bildende Künste in (Berlin-) Charlottenburg, der Staatlichen Hochschule Dessau und Weimar sowie an der Technischen Hochschule in Charlottenburg.

Nach der Machtergreifung: Erschwerter Wiederaufbau mit zeitweiliger Rückkehr in die Heimat

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten belastete nicht nur das gemeinsame Arbeitsverhältnis der Brüder Luckhardt und Anker, sondern verhinderte auch den weiteren beruflichen Fortschritt des Architekten. Um sich mit den neuen Machthabern vorerst zu arrangieren, traten die Brüder im Mai 1933 der NSDAP bei und lösten die Bürogemeinschaft mit dem jüdischen Alfons Anker 1934 auf.

Zunächst bemühte Anker sich, wieder als freier Architekt Fuß zu fassen. Er erhielt jedoch nur wenige und kleine Aufträge für Umbauten und Gutachten. Das Berufsverbot führte schließlich dazu, dass Anker seine Arbeit vollständig einstellen musste. Eine Einwanderung nach England, um die er sich bemühte, blieb jedoch erfolglos.

Nur mit großem Aufwand gelang es ihm 1939 schließlich, zur Familie seiner Tochter nach Stockholm zu emigrieren. Hier erhielt Anker zudem die schwedische Staatsbürgerschaft. Eine Arbeit als freier Architekt nahm er jedoch nicht auf. Stattdessen arbeitete er für unterschiedliche Architekten in Stockholm, wie beispielsweise Hakan Ahlberg.

Selbstständig baute Anker sich ein zweites Standbein mit seiner publizistischen Tätigkeit auf. Neben dem Interessengebiet der Naturbauweisen widmete er sich vermehrt unterschiedlichen Themen rund um Baustoffe und deren Einsatz. So gründete er 1940 sogar die Utlandspublikationen. In diesem Rahmen hatte er bis ins Jahr 1955 zahlreiche Veröffentlichungen sowohl in deutschen, als auch in schwedischen Zeitschriften. Diese befassten sich zum Großteil mit Architekten und verschiedenen Bauwerken. Seine Geburtsstadt Berlin fand hier immer wieder Erwähnung, aber auch seine Wahlheimat Stockholm wurde von Anker beschrieben und analysiert. Darüber hinaus begann Anker, mit Fotografie zu experimentieren und entwickelte ein Schnellregister für ein Lexikon.

Nachdem der Zweite Weltkrieg beendet war, kehrte Anker überdies zeitweilig in seine Heimats- und Geburtsstadt Berlin zurück. Er gehörte 1950 zu den Mitbegründern eines Forschungsinstitutes an der Fakultät für Architektur an der Technischen Universität Berlin. Das heutige Institut für Gesundheitswissenschaften widmete sich dem Internationalen Krankenhauswesen. Das Institut forschte an den wirtschaftlichen und technischen Grundlagen für zeitgenössische Krankenhäuser in Bezug auf Planung, Bau und Einrichtung. Es galt, die erarbeiteten Ergebnisse Interessenten zugänglich zu machen und vor allem dem akademischen Unterricht zur Verfügung zu stellen.

In diesem Rahmen wurde Alfons Anker zum Ehrensenator an der Technischen Universität Berlin ernannt, starb jedoch kurz danach im Alter von 86 Jahren in seiner neuen Heimat Stockholm am 14. Dezember 1958.

Weitere Bilder zum Thema findet Ihr hier: 

Die “Versuchssiedlung Schorlemerallee” in Berlin-Dahlem zählt zu den wichtigen Bauten der Neuen Sachlichkeit in Berlin. / © Fotos: Wikimedia Commons / LuckhardtAnker or Ekkehard Brunn

 

Quellen: Gesellschaft zur Erforschung des Lebens und Wirkens deutschsprachiger jüdischer Architekten, Jüdische Allgemeine, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Jüdisches Museum Berlin, Wikipedia

Weitere Teile der Reihe findet Ihr hier: 

Vergessene Baukunst: Die Geschichte jüdischer Architekten in Berlin

Historisch und modern: Die bauliche Neuerfindung des Petriplatzes

Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 2: Erich Mendelsohn

Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 3: Alexander Klein

Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 4: Martin Punitzer

Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 5: Marie Frommer

Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 6: Erwin Gutkind

Artikelreihe: Jüdische Architekten in Berlin, Teil 7: Harry Rosenthal

Weitere Artikelreihen könnt Ihr hier finden

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