Beim Rückbau des Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadions in Berlin-Prenzlauer Berg ist schwach gebundener Asbest entdeckt worden. Der Fund sorgt für scharfe Kritik an der Senatsverwaltung. Eine Bürgerinitiative hat Strafanzeige gestellt und fordert mehr Schutzmaßnahmen sowie einen Baustopp.

Arbeiterinnen und Arbeiter beim Rückbau des Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadions tragen Schutzanzüge und Atemmasken. Schuttberge der abgerissenen Osttribüne wurden mit Planen abgedeckt, nachdem schwach gebundener Asbest entdeckt worden war. Die Schutzmaßnahmen erfolgten erst Wochen nach Beginn der Abrissarbeiten. / © Foto: Bürgerinitiative Jahnsportpark
© Fotos: Bürgerinitiative Jahnsportpark
Der Rückbau des Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadions entwickelt sich zum Dauerthema. Anfang 2025 wurde im Schutt der Osttribüne schwach gebundener Asbest festgestellt. Während das Bezirksamt zum Zeitpunkt des Fundes betonte, von der Substanz gehe keine Gefahr für die Öffentlichkeit aus, äußert die „Bürgerinitiative Jahnsportpark“ inzwischen Bedenken hinsichtlich einer akuten Gefährdung, weil die Fasern leicht freigesetzt werden könnten. Sie kritisieren, dass die Abrissarbeiten trotz dieser Risiken zunächst fast zwei Monate ohne ausreichende Staubschutzmaßnahmen liefen.
Ende April zeigten sich die ersten sichtbaren Reaktionen. Arbeiterinnen und Arbeiter bedeckten die Schuttberge plötzlich mit Planen, trugen Schutzanzüge und Atemmasken. Für die Anwohnerschaft sei dies ein beunruhigendes Zeichen gewesen. Die Bürgerinitiative sprach von einer intransparenten Informationspolitik und reichte Strafanzeige gegen die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen ein. Parallel wurde eine Beschwerde bei der Umweltverwaltung eingereicht.
Offene Schuttberge und fehlende Einhausung: Initiative kritisiert unzureichende Schutzmaßnahmen
Die Initiative wirft der Verwaltung vor, die Funde zunächst „verschleiert“ und Schutzvorgaben nur unzureichend umgesetzt zu haben. So sei die Asbestbeseitigung nicht gemäß Gefahrstoffverordnung erfolgt. Diese schreibt unter anderem eine staubdichte Einhausung sowie eine Unterdruckhaltung vor. Tatsächlich lagen einige Schuttberge Anfang Mai kurzzeitig offen, nachdem Planen durch Wind gelöst worden waren.
Auch nach Nachbesserungen der Abdeckung blieben Mängel. Für die Bürgerinitiative ein Zeichen fahrlässigen Handelns. Sie fordert deshalb eine umfassende Laboranalyse der Umgebung auf Asbestbelastung. Zudem soll die Baustelle bis zum Vorliegen der Ergebnisse stillgelegt werden.
Senatsverwaltung weist Vorwürfe zurück — Initiative kritisiert unzureichende Information und Schutzfristen
Die Senatsverwaltung sieht die Situation anders. Sprecher Martin Pallgen erklärte, die Asbestfunde seien überraschend gewesen. Man habe jedoch umgehend reagiert, Schutzmaßnahmen eingeleitet und die Öffentlichkeit informiert. Nach Angaben der Verwaltung erfolge die Entsorgung gemäß den gesetzlichen Vorgaben. Eine Gefährdung der Anwohnenden schließt die Behörde nach wie vor aus.
Die Bürgerinitiative bleibt skeptisch. Sie verweist auf die wiederholte Überschreitung von Schutzfristen sowie das aus ihrer Sicht mangelhafte Informationsmanagement. Zudem sei die Baustelle stark frequentiert. Der Mauerpark grenzt direkt an das Stadion, täglich nutzen viele Menschen die benachbarten Sport- und Freizeitflächen.
Trotz Asbestfund und Konflikten: Senat hält am 250-Millionen-Euro-Neubau im Jahnsportpark fest
Ungeachtet der Diskussionen hält der Senat an den Plänen für den Neubau fest. Ab 2026 soll im Jahnsportpark ein Inklusionssportpark mit Stadion für rund 250 Millionen Euro entstehen. Kritiker bezweifeln jedoch die Umsetzbarkeit angesichts wachsender Konflikte. Bereits zuvor hatte es juristische Auseinandersetzungen um Naturschutzfragen gegeben.
Die Bürgerinitiative fordert angesichts der aktuellen Ereignisse ein grundlegendes Umdenken. Aus ihrer Sicht wäre ein kleineres, gemeinwohlorientiertes Projekt sinnvoller. Das Thema Asbest wird den Jahnsportpark und seine Umgebung wohl noch länger begleiten.
Im Video: Der Abriss des Cantianstadions im Jahnsportpark aus der Luft
Quellen: Bürgerinitiative Jahnsportpark, NaturFreunde Berlin, Tagesspiegel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, LOR Landschaftsarchitekten, Verein Pfeffersport, Bürgerverein Gleimviertel