Drei Hochhausprojekte in Berlin stehen für die schwierige Revitalisierung der Architektur vergangener Jahrzehnte – mit ungewissen Erfolgsaussichten. In Steglitz, Charlottenburg und Kreuzberg beleuchten wir, wie aus Bauruinen moderne Stadtwahrzeichen entstehen sollen, und was die Transformation so komplex macht.

Projekt „FÜRST“ in der City West: Vom Kurfürstendamm aus gesehen ist gut zu erkennen, dass das Bauprojekt wieder Fahrt aufgenommen hat. Die herausforderndste Aufgabe ist der Umbau des zum Projekt gehörenden Hochhauses. / © Foto: Jens Oellermann

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Björn Leffler

 

In Berlin stehen derzeit drei merkwürdig aussehende, ausgehöhlte Hochhäuser, die im Rahmen von aufwendigen Modernisierungen umgestaltet werden sollen. Diese drei Hochhäuser stehen an ganz unterschiedlichen Orten der Stadt, gleichen sich aber auf erstaunliche Weise. Eines dieser Hochhäuser ist Teil des Entwicklungsprojekts „FÜRST“ am Kurfürstendamm, das zweite steht auf der Baustelle „Die Macherei“ in Kreuzberg, das dritte in der Steglitzer Schloßstraße.

Alle drei Gebäude eint die Tatsache, dass sie in der Bauepoche der 1960er und 1970er Jahre entstanden sind – und längst in die Jahre gekommen waren, bis ihre aufwendige Transformation begann. Bislang wurde keines dieser Häuser fertiggestellt, doch die Erfolgsaussichten sind – Stand heute – sehr unterschiedlich. Wir beleuchten alle drei Projekte ausführlich.

„Die Macherei“ in Kreuzberg: Das ehemalige Postscheckamt wird revitalisiert

Dass das Bauprojekt am Halleschen Ufer in Kreuzberg derzeit wirklich umgesetzt wird, ist wirklich keine Selbstverständlichkeit. Nach einer jahrelangen Hängepartie hatten sich vor vier Jahren das Land Berlin, die DEGEWO und die Art-Invest Real Estate auf eine Nutzung des Geländes am alten Postscheckamt unweit des U-Bahnhofs Möckernstraße geeinigt. Im Vorfeld des Projekts hatte es einen jahrelangen Streit zwischen Bezirk, Eigentümer und Bürgerinitiativen über die Ausgestaltung des Projekts gegeben. Ende 2020 konnten sich die Projektbeteiligten dann aber auf einen Konsens einigen.

Auf dem knapp 36.000 Quadratmeter großen Areal soll künftig eine urbane Mischung aus Wohnungen, Büros, sozialer Infrastruktur und Gastronomie entstehen. Neben mehreren Neubauprojekten wird auch das bestehende Hochhaus in der Projekt involviert, welches im Zentrum des Baufelds steht. Dafür erfolgt eine umfassende Sanierung und Modernisierung des zwischen 1965 und 1971 errichteten, ehemaligen „Postbank-Hochhauses“.

Das Gebäude wird zukünftig das Herzstück sowie auch den weit sichtbaren Hochpunkt des Quartiers bilden. Bis 2016 wurde das Gebäude noch von der Postbank genutzt, seitdem steht das Haus leer. Das Hochhaus soll zukünftig als Bürofläche genutzt werden. Auf dem Dach des Gebäudes soll eine “Skybar” mit einem 270-Grad-Rundumblick auf Berlin entstehen. Zudem soll zwischen dem Hochhaus und dem “Holz-Carré” eine begrünte Freifläche sowie ein Outdoor-Parcours entstehen. Die einstige Glasfassade des Gebäudes ist bereits entfernt, der Umbau des Hochhauses läuft auf Hochtouren und wird aller Voraussicht nach als letztes Teilstück des Gesamtprojekts fertig werden.

Einstiges „Kudamm Karree“: Das Bauprojekt „FÜRST“ am Kurfürstendamm

Es waren nur selten guten Nachrichten, die man in den vergangenen Jahren über das ambitionierte Bauprojekt „FÜRST“ am Kurfürstendamm in Berlin-Charlottenburg zu lesen bekam. Das Projekt gehört zu den größten derzeit laufenden Bauvorhaben in der Berliner City West. Das Um- und Neubauprojekt wird auf dem Gelände des einstigen Kudamm-Karrees entwickelt und soll den architektonischen Mief der der 1970er Jahre, der das Quartier für lange Jahre geprägt hat, durch ein modernes und offenes Baukonzept ersetzen.

Das Projekt füllt einen gesamten Häuserblock aus. Sowohl am Kurfürstendamm auf der Nordseite des Projekts sowie an der südlich angrenzenden Lietzenburger Straße hatte bereits der Hochbau der künftigen Gebäude begonnen. Nachdem das Projekt lange nicht in Gang kam, war vor allem im Jahr 2022 ein stetiger Baufortschritt zu erkennen, die zukünftigen Gebäude wuchsen stetig in die Höhe. Doch seit dem Sommer vergangenen Jahres waren auf der markanten Baustelle kaum noch Bauarbeiter zu sehen, wie mehrere Hauptstadt-Medien übereinstimmend berichteten.

Im Oktober 2023 wurde ein Hilfspaket für die Fortsetzung eines Bauprojekts in Berlin beschlossen, nach einem Rechtsstreit über die Finanzierung genehmigte ein Londoner Gericht im März 2024 den Restrukturierungsplan der neuen Eigentümer – und es ist mittlerweile ordentlich Betrieb auf der Baustelle. Der Turm des ehemaligen Kudamm-Karrees, der erst 2026 fertiggestellt werden soll, wurde September um wenige Millimeter angehoben, um ihn statisch neu zu verankern.

Dies sei ein „hochkomplexer“ Vorgang gewesen, erklärten die Bauherren im Rahmen eines Presserundgangs. Der Turm wird künftig ausschließlich für Büroflächen genutzt, während in den unteren Etagen ein Fitnessstudio geplant ist. Wohnungen sind auf dem gesamten Gelände nicht geplant. Die Dachterrassen der anderen Gebäudeteile sollen gastronomisch genutzt werden, wobei Lüfter und Gebäudetechnik verborgen bleiben, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen.

Der Problemfall: Umbau des „Steglitzer Kreisels“ in der Schloßstraße

Der luxuriöse, 120 Meter hohe Wohnturm „Überlin“ sollte eigentlich bis Ende 2024 ca. 330 Wohnungen und verschiedene Läden im Sockelgebäude beherbergen. Doch fehlende Baugenehmigungen, Rücktritte von Kaufverträgen über Eigentumswohnungen und gerichtliche Schlichtungen ließen diese Prognosen längst in weite Ferne rücken. Mit der ursprünglichen Planung hätte der neue Wohnturm wohl ein Wahrzeichen des Bezirks Steglitz-Zehlendorf werden können. Über ein Drittel der Eigentumswohnungen waren längst verkauft.

Doch mittlerweile sind etliche Käufer von ihren Verträgen wieder zurückgetreten – und das aus einem triftigen Grund: Die vertraglich zugesicherten Kfz–Stellplätze in der Tiefgarage sollten anderen Plänen zum Opfer fallen. Ursprünglich war geplant, in diesem Sockel die Stellplätze für die Wohnungseigentümer einzurichten, später jedoch plante die Adler Group um und wollte in dem Gebäude ausschließlich Büro- und Gewerberäumlichkeiten unterbringen.

In den letzten Monaten hatte es immer wieder Spekulationen darüber gegeben, ob die Adler Group das Projekt vollständig verkaufen will. Bislang jedoch scheint sich weder für den Turm noch für das Sockelgebäude ein Käufer gefunden zu haben – tatsächliche Fortschritte sind auf der seit Jahren fast unveränderten Baustelle allerdings auch nicht auszumachen. Längst ist das Projekt „Überlin“ zur Farce verkommen, weder Bauherr noch Bezirk scheinen einen Ausweg aus dem Dilemma zu sehen. So werden die Anwohner der umliegenden Quartiere und die Passanten in der hoch frequentierten Schloßstraße noch einige weitere Jahre mit dem Anblick des eingerüsteten und entkernten Hochhauses Vorlieb nehmen müssen – ob sie wollen oder nicht.

 

Weitere Bilder zum Thema findet Ihr hier: 

Aus dem einstigen Bürogebäude „Steglitzer Kreisel“ an der Schloßstraße sollte ein Wohnturm mit Eigentumswohnungen werden – doch das Projekt kommt seit Jahren nicht voran. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Als Teil des Projekts „Die Macherei“ soll das einstige Hochhaus auf dem Gelände des ehemaligen Postscheckamtes revitalisiert werden. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Die Skyline der City West mit einem merkwürdig aussehenden Gebäudegerippe: Rechts ist der Hochhausturm des einstigen Kudamm Karrees zu sehen, welches Teil des künftigen Quartiers „FÜRST“ werden soll. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

So sieht die Baustelle des „FÜRST“ von unten aus. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Quellen: DEGEWO, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Art-Invest Real Estate, CELLS Group, Berliner Morgenpost, Berlin Bauboom, Architektur Urbanistik Berlin, Deal Magazin, BILD, Der Tagesspiegel, Die Himmelsschreiber, Handelsblatt, Aggregate, das projekt Projektmanagement, Consulting & Services GmbH, Mark Kocher Architekten

Tags (Schlagwörter) zu diesem Beitrag

Leave A Comment

Weitere Artikel