Zwischen Rost und Rolltreppe: Der Umbau des Bahnhofs Ostkreuz gehört zu den größten Infrastrukturprojekten im Berlin der Nachwendezeit. In einem städtebaulichen Kraftakt entstand über zwölf Jahre hinweg aus dem maroden „Rostkreuz“ ein moderner Verkehrsknotenpunkt – mit Licht und Schatten. Mit einer Fotostrecke zeichnet ENTWICKLUNGSSTADT die Entwicklung des Bahnhofs vor und nach dem Umbau nach.

Der Bahnhof Ostkreuz, größtenteils in Friedrichshain gelegen, wurde trotz anfänglicher Kritik zwischen 2006 und 2018 unter laufendem Betrieb modernisiert, da der marode Altbau dem wachsenden Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen war. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

© Fotos nach dem Umbau: ENTWICKLUNGSSTADT
© Fotos vor dem Umbau: LOSTKREUZ, Ralf Heppel 

 

Der Bahnhof Ostkreuz liegt auf der Schnittstelle zweier Bezirke: Hauptsächlich in Friedrichshain (Teil des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg), teilweise aber auch in Rummelsburg (Teil des Bezirks Lichtenberg). Mit rund 253.000 Fahrgästen pro Werktag ist er heute einer der am stärksten frequentierten Bahnhöfe Deutschlands. Der umfassende Umbau der Station, der zwischen 2006 und 2018 stattfand, zählt zu den aufwendigsten Bauprojekten der Nachwendezeit.

Schon vor dem ersten Spatenstich war das Projekt umstritten und zugleich dringend notwendig. Denn der alte Bahnhof – marode, eng und über Jahrzehnte kaum modernisiert, war für den wachsenden Verkehr nicht mehr tragbar. Der Umbau erfolgte unter laufendem Betrieb, was das Vorhaben zusätzlich erschwerte.

Ostkreuz-Umbau: Plan mit langer Vorgeschichte, der aufgrund von hohen Kosten lange gemieden wurde

Vor dem Umbau wirkte der Bahnhof Ostkreuz wie ein Ort, der zwar funktionierte, mit modernen Standards jedoch kaum noch Schritt hielt. Das macht deutlich, warum die Erneuerung nicht nur ein infrastrukturelles, sondern auch ein stadtgestalterisches Vorhaben war. / © Foto: LOSTKREUZ, Ralf Heppel 

Bereits 1956 gab es erste Ideen, den Bahnhof neu zu gestalten. Doch sowohl die DDR-Regierung als auch die Reichsbahn scheuten die hohen Kosten und den logistischen Aufwand. Auch spätere Umbaupläne, zuletzt für die Jahre 1986 bis 1990 vorgesehen, blieben auf dem Papier. So verharrte das Ostkreuz jahrzehntelang in einem baulichen Schwebezustand.

Der Volksmund taufte den veralteten Bahnhof längst „Rostkreuz“. Über fast 70 Jahre hinweg gab es nur kleinere Eingriffe – etwa die Erneuerung elektrischer Anlagen, während die Substanz zunehmend verfiel.

Komplexer Umbau mit System: Zwölf Jahre Baustelle unter laufendem Betrieb

Kaum ein anderes Bauprojekt ließ so unmittelbar miterleben, wie der Rückbau historischer Strukturen das Gesicht eines gesamten Stadtviertels veränderte und wie die neue, sachlich geprägte Architektur eine gänzlich andere, moderne Atmosphäre schuf. /© Foto: LOSTKREUZ, Ralf Heppel

© Foto: LOSTKREUZ, Ralf Heppel

© Foto: LOSTKREUZ, Ralf Heppel

Erst ab 2006 wurde das Vorhaben konkret. Der Umbau dauerte zwölf Jahre und wurde 2018 abgeschlossen, zwei Jahre später als ursprünglich geplant. Auch das umliegende Gleisnetz wurde grundlegend modernisiert: westlich bis zum Ostbahnhof, östlich bis Rummelsburg sowie in Nord-Süd-Richtung bis zum Treptower Park.

Die architektonische Planung übernahm das Büro GBP Architekten, das auch für den Bahnhof Südkreuz verantwortlich war. Die Ähnlichkeiten im Erscheinungsbild sind unverkennbar: transparente Strukturen, sachliche Formen, funktionale Architektur. Alle Bahnsteige, Brücken und Zugänge wurden neu errichtet. Zudem wurden zwölf Aufzüge und siebzehn Rolltreppen installiert.

Neues 60 Meter langes Dach für den Regionalbahnsteig Ostkreuz für etwa 3 Millionen Euro

Bis zum Frühjahr 2026 soll eine barrierefreie Fläche von etwa 7.000 Quadratmetern entstehen, die bessere Wegeführungen und eine effizientere Anbindung an den Bahnhof bietet. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Sechs Jahre nach Abschluss der Bauarbeiten wurde im Sommer 2024 ein häufig kritisiertes Defizit behoben: Der untere Regionalbahnsteig erhielt ein 60 Meter langes Bahnsteigdach. Die Bahn hatte ursprünglich aus Kostengründen darauf verzichtet. Nun investierte sie rund drei Millionen Euro, um das Dach umzusetzen.

Das Projekt ist Teil eines umfassenden Bahnhofsmodernisierungsprogramms, das Berlin und die Deutsche Bahn 2021 gestartet hatten. Neben dem Schutz vor Regen und Sonne für Fahrgäste der Regionalzüge und FEX sollen in den kommenden Jahren weitere Berliner Stationen barrierefrei umgebaut oder erweitert werden.

Architektur zwischen Nutzen und Nostalgie: Einige historische Elemente blieben dem Bahnhof erhalten

Mit der Umgestaltung der Vorplätze am Bahnhof Ostkreuz nimmt die Entwicklung eines der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Berlins Gestalt an. Geplant sind barrierefreie Freiflächen, die die Mobilität verbessern und das Umfeld aufwerten sollen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Das neue Ostkreuz erfüllt die Anforderungen eines modernen Verkehrsknotens – schnell, effizient und barrierefrei. Doch mit dem alten Bahnhof verschwand auch ein Stück historisches Berlin. Viele Anwohnende verbanden Erinnerungen mit der bröckelnden, aber charaktervollen Bausubstanz.

Zwar blieben einzelne historische Elemente erhalten, doch ein harmonisches Gesamtbild entstand daraus kaum. Der Umbau steht sinnbildlich für den ständigen Spagat zwischen funktionalem Städtebau und dem Wunsch nach dem Erhalt städtischer Identität.

Der Umbau des Bahnhofs startete im Jahr 2006 und wurde im Dezember 2018 offiziell fertiggestellt – mit zweijähriger Verspätung. Auch wenn viele Flächen rund um den heutigen Bahnhof noch weitere Veränderungen erfahren werden, ist der Umbau der Bahnstation selbst abgeschlossen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

 

Ostkreuz im Jahr 2022. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Quellen: lostkreuz, Tagesspiegel, Wikipedia, Grün Berlin GmbH, Berliner Woche, Architektur Urbanistik Berlin, Deutsche Bahn

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2 Kommentare

  1. Franz 19. April 2025 at 17:03 - Reply

    Tolle Leistung der Bahn, aber die Verlegung der Straßenbahn fehlt noch zur Verbesserung der Umsteigemöglichkeiten.

  2. Florian 20. April 2025 at 14:16 - Reply

    Schöne alte Fotos!
    Direkt unter der Halle ist der neue Bahnhof leider extrem hässlich. Keine Deckenverkleidung, Taubendreck, offene Rohre, Schmutz, Einheitsgrau, schlechte Beleuchtung.

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