Frankfurts Fenster zur Welt – und zugleich sein Sorgenkind. In Teil drei unserer Artikelserie zeigen wir, wie das Frankfurter Bahnhofsviertel heute lebt, leidet und kämpft: Ein Stadtteil voller Kontraste, geprägt von pulsierender Vielfalt und tief verwurzelten Problemen.
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Teil 3:
Frankfurts Brennpunkt im Umbruch
Zum ersten Teil unserer Reihe gelangt Ihr hier
Zum zweiten Teil der Reihe gelangt Ihr hier
Das Frankfurter Bahnhofsviertel bleibt ein Ort der Gegensätze. Doch eines ist klar, wenn es um das kleine Areal östlich des Hauptbahnhofs geht: Hier muss sich dringend etwas ändern. Ein Ort gezeichnet von seiner Geschichte, dem Drogenkonsum, sozialer Not und neuen Herausforderungen – ein Viertel im Wandel.
In den letzten zwei Artikeln der Reihe beleuchteten wir die Entstehungsgeschichte des Stadtviertels – von der Gründerzeit, zum Kaiserreich, zur Nachkriegszeit und dann zur Gegenwart. Nach der Reise durch die Vergangenheit richten wir nun den Blick auf die aktuelle Lage – und auf eine Problematik, die das Viertel nicht loslässt: die Drogenkrise.
Bahnhofsviertel Frankfurt: Wie das Viertel zum Drogenhotspot wurde
Das Bahnhofsviertel entwickelte sich vor allem durch städtische Vernachlässigung und den allgemein zunehmenden Drogenkonsum in den 1980 zum Brennpunkt. Einher gingen Verschmutzung und Kriminalität, nun ist das Viertel sogar über Frankfurt hinaus als sozialer Problemraum bekannt.
Wenn Reisende heute aus dem Hauptbahnhof treten, treffen sie auf ein dicht bebautes, heterogenes Umfeld mit einer Mischung aus Gastronomie, Einzelhandel, Hotels und Büroflächen. Gleichzeitig prägen soziale Einrichtungen, medizinische Anlaufstellen sowie eine sichtbare Drogen- und Obdachlosenszene das Straßenbild.
Das Problem mit den Drogen: Stadt und Land schieben die Verantwortung hin und her
Frankfurt steht unter Druck: Immer mehr Menschen mit Suchtproblemen ziehen in die Stadt – auf der Suche nach Drogen, aber auch nach Hilfe. Als Ballungszentrum mit einem vergleichsweise breiten Hilfsangebot ist Frankfurt beides: sowohl Bezugsquelle als auch erste Anlaufstelle. Doch die Stadt kommt zunehmend an ihre Grenzen. Die lokale Politik fordert deshalb deutlich mehr Unterstützung vom Land Hessen, um der wachsenden Herausforderung wirkungsvoll begegnen zu können.
Einen konkreten Ansatz gibt es schon: am 12. März 2025 stellte die Hessische Landesregierung ein Maßnahmenpaket mit sieben Punkten vor, das auf eine Verbesserung der Lebensumstände im Frankfurter Bahnhofsviertel sowie auf eine gezielte Bekämpfung der dortigen Kriminalität abzielt.
Positiver Zukunftsblick: 7-Punkte-Plan könnte Situation im Frankfurter Bahnhofsviertel verbessern
Die im 7-Punkte-Plan aufgestellten Maßnahmen sind vielseitig, so will man einen ganzheitlichen „Synergieeffekte aus Sicherheits-, Sozial- und Gesundheitspolitik“ erzielen, berichtet Innenminister Roman Poseck bei der Vorstellung der Strategien. Konkrete Ansätze seien hierbei unter anderem das Aufbauen der Polizeipräsenz durch Unterstützung durch die Hessische Landespolizei, das Auflösen von Dealerstrukturen mithilfe von KI-Gesichtserkennungssoftwaren und die deutliche Verbesserung der Situation von Wohnsitzlosen.
Das Ziel dieses Maßnahmenpakets definiert das Land Hessen in einer Pressemitteilung klar: „Wir wollen „das Frankfurter Bahnhofsgebiet maximal unattraktiv für Dealer zu machen. Damit verbunden soll das Viertel seine bundesweite Sogwirkung als Kriminalitätshotspot und für Drogentouristen Stück für Stück verlieren.“
Veränderungen im Bahnhofsviertel: Hoffnung durch neues Suchthilfezentrum?
Eine zusätzliche Maßnahme zur Bekämpfung der Drogenszene im Bahnhofsviertel ist der Bau eines neuen Suchthilfezentrums. Bereits seit Jahren planen die städtischen Verantwortlichen gemeinsam mit Vertretern der Suchthilfeinitiativen eine neue Anlaufstelle für Suchtkranke direkt vor Ort. Anfang dieses Monats bestätigte die Stadt ebenfalls, dass nun endlich eine geeignete Immobilie gefunden wurde. Das neue Suchthilfezentrum soll in einem Bestandsgebäude in der Niddastraße 76 entstehen – mitten im Bahnhofsviertel.
Konkret sollen hier verschiedene Angebote für Suchtkranke entstehen: von Aufenthalts- und Konsumräumen über Ruhebetten und Übernachtungsmöglichkeiten bis hin zu medizinischer Behandlung und psychosozialer Beratung. Die Immobilie soll so schnell wie möglich von der Stadt angemietet werden, zunächst stünden dann Sanierungsarbeiten an. Wann mit der Zustimmung des Magistrats zu rechnen ist, ist derzeit noch unklar. Ebenfalls unklar ist, wann das neue Suchthilfezentrum dann bezugsfertig wäre.
Neues Suchthilfezentrum in der Niddastraße: Standortwahl stößt auf Kritik
Die Standortwahl für das geplante Suchthilfezentrum stößt jedoch schon jetzt – nur wenige Wochen nach Veröffentlichung – auf enorme Kritik: Anwohner, Hoteliers und lokale Kleinunternehmen fordern in einem offenen Brief eine Dezentralisierung. Die Drogenproblematik der Stadt fokussiere sich im Moment alleinig auf das Bahnhofsviertel. Hilfsangebote soll und muss es geben, sie dürfen sich jedoch nicht weiter nur im Viertel konzentrieren. Der Alternativvorschlag der „Eigentümrinitiative Bahnhofsviertel“ ist ein Standort in der Mannheimer Straße.
Die Stadt Frankfurt berichtete daraufhin, sie wolle zunächst bei der Immobilie in der Niddastraße bleiben. Nur durch unmittelbare Nähe könne das Suchthilfezentrum zur Bewältigung des Drogenproblems beitragen, argumentierte etwa Christian Rupp, Sprecher im Dezernat für Soziales und Gesundheit gegenüber der Tagesschau.
Das Frankfurter Bahnhofsviertel heute: Dichte, Dynamik, Dauerkrise?
Der von der hessischen Landesregierung vorgestellte Sieben-Punkte-Plan sowie das geplante Suchthilfezentrum könnten der Beginn tiefgreifender Veränderungen im Frankfurter Bahnhofsviertel sein – doch bislang blieb ein echter Kurswechsel aus. Trotz wiederholter Ankündigungen und punktueller Eingriffe hat sich die Situation kaum nachhaltig verbessert. Die Unzufriedenheit wächst – viele kritisieren, dass die Politik zu lange tatenlos zugesehen hat.
Dabei steht viel auf dem Spiel: Als Visitenkarte der Stadt braucht das Bahnhofsviertel dringend eine Aufwertung. Das „Eingangstor“ zur Metropole Frankfurt muss in den Augen vieler neu definiert werden. Wie das Areal rund um den Hauptbahnhof tatsächlich aussehen könnte, bleibt abzuwarten. Im vierten Teil dieser Artikelreihe werfen wir einen Blick in die Zukunft: Welche Perspektiven gibt es für das Bahnhofsviertel? – und wie realistisch sind sie?
Fortsetzung folgt…
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Klein, laut und voller Geschichte: Das Frankfurter Bahnhofsviertel ist seit über 200 Jahren ein prägendes Stück hessischer Stadtentwicklung. Als hektisches Eingangstor zur Innenstadt spiegelt das Gründerzeitviertel auf nur 0,5 Quadratkilometern die bewegte Geschichte der Stadt Frankfurt wider. / © IMAGO

Bereits seit den 1980ern gilt das Frankfurter Bahnhofsviertel als Drogenhotspot und sozialer Brennpunkt. Ein neues Suchthilfezentrum verspricht erste Verbesserungen. / © IMAGO

Der sogenannte „7-Punkte-Plan“ wurde am 12.03.2025 von der Hessischen Landesregierung verabschiedet. Inhalt ist ein siebenteiliges Maßnahmenpaket, das auf eine Verbesserung der Lebensumstände im Frankfurter Bahnhofsviertel sowie auf eine gezielte Bekämpfung der dortigen Kriminalität abzielt. / © IMAGO
Quellen: Stadt Frankfurt, Land Hessen, Tagesschau, FAZ, Wikipedia, Eigentümerinitiative Bahnhofsviertel