Der geplante Wiederaufbau der historischen Bauakademie in Berlin-Mitte sorgt für hitzige Diskussionen zwischen den Befürwortern einer Rekonstruktion und den Verfechtern eines modernen Neubaus. Der Start des Realisierungswettbewerbs ist daher weiter ungewiss.

Der Wiederaufbau der historischen Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel stockt. Alte und neue Anforderungen scheinen unvereinbar – und der Streit geht weiter. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Foto Titelbild: Errichtungsstiftung Bauakademie
Text: Björn Leffler

 

Es mag einfach nicht so recht vorangehen beim geplanten Wiederaufbau der historischen Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel. Im aktuellen Koalitionsvertrag von SPD und CDU steht es ja eigentlich eindeutig: “Die Wiedererrichtung der historischen Fassade der Bauakademie ist durch ein geeignetes Verfahren sicherzustellen.

Doch schon im vergangenen Jahr wurde im Rahmen eines Symposiums deutlich, dass die Meinungslage der beteiligten Experten nicht so eindeutig ist wie der politische Wille. Nach einem Bericht des Tagesspiegel wurde bereits im Frühling 2024 eine historische Rekonstruktion der Bauakademie am Schinkelplatz als sehr unwahrscheinlich eingestuft.

Schinkels Bauakademie: Scheitert eine historische Rekonstruktion an modernen Bauvorschriften?

Das von der Bundesstiftung Bauakademie beauftragte Architekturbüro schneider + schumacher hatte in einer Vorstudie mehrere Vorschläge zur Abstraktion der historischen Bauakademie-Fassade erarbeitet, die kontroverse Änderungen wie den Verzicht auf einen Gebäudesockel, vereinfachte Fenster und quadratische Oberlichter beinhalteten.

Neben baulichen Aspekten wie der Barrierefreiheit, die etwa Anpassungen der Fensterhöhen notwendig machen könnten, schien die Stiftung das geltende Baurecht so zu interpretieren, dass eine originalgetreue Rekonstruktion nahezu ausgeschlossen werde.

Berlin-Mitte: Wie passen moderne Anforderungen und Nachhaltigkeit mit historischer Architektur zusammen?

Das Ziel der für den geplanten Wiederaufbau gegründeten Stiftung ist es nach eigener Aussage, moderne Anforderungen wie Nachhaltigkeit und Bauvorschriften mit der historischen und kulturellen Bedeutung des Gebäudes zu verbinden, was jedoch permanent auf Kritik stößt, etwa vom Berliner Landesdenkmalamt. Der bevorstehende Architekturwettbewerb soll klären, wie weit diese Abweichungen vom historischen Vorbild tatsächlich gehen werden, wobei die Nutzung von rotem Ziegelstein als Baustoff als eines der wenigen festgelegten Elemente bleibt.

Doch um die Auslobung dieses Wettbewerbs gibt es laut Berliner Morgenpost zwischen Bund und Berliner Senat noch immer einen anhaltenden und schwer zu lösenden Disput, bei dem sich die Konfliktparteien offenbar unversöhnlich gegenüber zu stehen scheinen – und der sich nun schon über Jahre hinzieht.

Berliner Senat möchte eine historische Rekonstruktion der Fassade, der Bund ist dagegen

Während Berlins CDU und SPD sich für die Rekonstruktion der historischen Fassade auf drei Seiten einsetzen, fordern Grüne und Linke einen offenen Wettbewerb für einen zukunftsorientierten Neubau, der Schinkels Werk lediglich als Inspiration nutzen soll. Der von der Bundesstiftung eingesetzte Thinktank hatte sich ebenfalls gegen eine Rekonstruktion ausgesprochen, doch die Stiftung betonte dennoch ihre Verpflichtung zur Wiedererrichtung am historischen Standort.

Kritiker wie die Initiative „Architects for Future“ bezeichnen eine Rekonstruktion als unzeitgemäß und werfen ihr vor, den Anforderungen des klimagerechten Bauens nicht gerecht zu werden. Dagegen argumentieren Befürworter wie Alexander Schwarz (Chipperfield Architects), dass auch die Wiederherstellung historischer Gebäude eine moderne und nachhaltige Bauweise integrieren könne.

Rekonstruktion der Bauakademie: Erlässt der Berliner Senat eine verbindliche Gestaltungsverordnung?

Der Berliner Senat wurde aufgrund der anhaltenden Auseinandersetzung über die Gestalt der zukünftigen Bauakademie von CDU und SPD beauftragt, die Sicherstellung der historischen Fassade im Gestaltungswettbewerb zu verankern – notfalls durch eine verbindliche Gestaltungsverordnung. Eine Maßnahme, die eine weitere Eskalation im schwelenden Disput zwischen Bund und Land bedeuten würde.

So bleibt weiterhin unklar, ob es eine rekonstruierte, neue oder hybride Fassadenlösung geben wird, da die Abstimmungen zwischen Bund und Land noch andauern. Der Start des Realisierungswettbewerbs verzögert sich ebenfalls, da der Auslobungstext und der Raumbedarf noch nicht finalisiert seien, wie es heißt. Es bleibt also mühsam, am historischen Schinkelplatz in Berlin-Mitte.

 

Quellen: Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, DIE WELT, Bundesstiftung Bauakademie, Errichtungsstiftung Bauakademie, Teilnahme Symposium zum Wiederaufbau der Bauakademie, Wikipedia, Förderverein Bauakademie, schneider + schumacher, Bollinger + Grohmann, Chipperfield Architects

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7 Comments

  1. a.tirpitz 10. Dezember 2024 at 11:31 - Reply

    Man stelle sich nur den Horror vor, dieses ganze Getue wäre einst über die Dresdner Frauenkirche hereingebrochen.
    Heute wieder eine Ikone samt rekonstruiertem Neumarkt, renovierter DDR-Architektur namens Kulturpalast und moderner Architektur in der Peripherie, hat man Dresden wieder zu einem weltweiten Besuchermagneten gemacht, während Berlin dagegen zu einem medioken Kotzbrocken verkommt.

  2. Bertrand 10. Dezember 2024 at 11:49 - Reply

    Ich kann die Argumente mit der Barrierefreiheit und der Belichtung nicht nachvollziehen. In Schinkels Entwurf gab es eine barrierefreie Kutschdurchfahrt. Dort können Rollstuhlfahrende in das Gebäude gelangen und dann mit dem Aufzug in alle weiteren Etagen. Zudem wurde behauptet, die Unterkanten der historischen Fenster seien zu weit oben, sodass Rollstuhlnutzer nicht hinausschauen könnten. Was spricht dagegen, einfach die Etagen im Inneren so anzuordnen, dass die Böden näher am Fenster sind? Und dann die Sache mit der Belichtung des dritten Obergeschosses. Dieses ist das Dachgeschoss, Oberlichter im Dach sind also überhaupt kein Problem. Aus meiner Sicht wirkt das alles wie tausend vorgeschobene Argumente gegen eine Rekonstruktion. Vielleicht könnte Entwicklungsstadt mal nachfragen, warum diese einfachen Lösungsansätze vonseiten der Stiftung bisher nicht erkannt wurden?

  3. Philipp 10. Dezember 2024 at 20:22 - Reply

    Es ist eine kleine Minderheit elitärer Architektenkasten die sich hier brüskiert fühlen. Man könnte ja zum Schluß kommen, dass sie selbst ein unbegabter Haufe talentloser Kleingeister sind, wenn man die Schönheit klassischer Architektur in der Berliner Mitte wieder aufleben lässt. Hoffentlich bekommen die Bürger ein Mitspracherecht – die vorherrschende Meinung der Bevölkerung wird eindeutig ausfallen.

  4. Albert 10. Dezember 2024 at 22:15 - Reply

    Warum muss denn immer alles „abstrachiert“ werden? Haben wir nach 100 jahren moderne nicht langsam mal genug abstraktion? Ornament und schönheit sind keine verbrechen. Ich würde mir eine originalgetreue rekonstruktion wünschen, mit ein paar surrealen details, die erst bei genauerem hinsehen bemerkt werden und somit eine zweite bedeutungs- und stilebene zum originalen bau hinzufügen. Aber bitte keine vereinfachungen a la 4. Seite des humboldforums oder wiederaufbau der akademie ohne sockelgeschoss

  5. a. tirpitz 12. Dezember 2024 at 14:07 - Reply

    Im kommenden Jahr soll nach mehrmaliger Verschiebung der Architekturwettbewerb zur Wiedererrichtung der Berliner Bauakademie beginnen. Jetzt hat das Abgeordnetenhaus Berlins ei­nem Antrag der Regierungskoalition aus CDU und SPD zugestimmt, nach dem der Senat den Siegerentwurf ablehnen darf, wenn er keine Rekonstruktion der historischen Fassade vorsieht.

    Zugleich kündigte die Bundesstiftung Bauakademie den Rücktritt ihres Gründungsdirektors Guido Spars an. Spars, der als Professor für Ökonomie des Planens und Bauens an der Bergischen Universität Wuppertal lehrt, wurde 2021 als erster Leiter der Stiftung berufen, die als Trägerorganisation für den Wiederaufbau des Gebäudes zuständig ist.

    Vor zwei Jahren hatte das Land Berlin die Fassadengestaltung nach historischem Vorbild durch eine entsprechende Satzung festgeschrieben. Die Bauakademie entstand von 1832 bis 1836 nach Plänen Karl Friedrich Schinkels und gilt als Ursprungsbau der architektonischen Mo­derne. Nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg wurde sie 1962 trotz großer Proteste in beiden Teilen Deutschlands von der DDR-Regierung abgerissen. Um ihre Wiedererrichtung, für die der Bund 62 Millionen Euro bereitstellt, gibt es seit Jahren Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer historisch exakten Rekonstruktion des Gebäudes. FAZ 11.12.2024

  6. andreas goetze 7. Januar 2025 at 12:30 - Reply

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