Die Stadt Hamburg wächst – und mit ihr der Bedarf an Wohnraum, Infrastruktur und nachhaltiger Stadtentwicklung. Nun hat der Senat den Bebauungsplan für Hamburgs 105. Stadtteil, Oberbillwerder, verabschiedet und damit den Weg für eines der größten Stadtentwicklungsprojekte der Hansestadt geebnet. Doch das Vorhaben steht nach wie vor in der Kritik.

© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Soluvo, CC BY-SA 4.0

Mit Oberbillwerder entsteht in den kommenden Jahren Hamburgs 105. Stadtteil südöstlich des Zentrums. Er wird zum Bezirk Bergedorf gehören, dem flächenmäßig größten und zugleich mit etwa 125.000 Einwohnern bevölkerungsärmsten Bezirk. Auf den bisher überwiegend landwirtschaftlich genutzten Flächen wird Oberbillwerder auf rund 118 Hektar realisiert – „als Teil Bergedorfs, nicht als Insel“, so die Bezirksleiterin Bergedorfs, Cornelia Schmidt-Hoffmann.

Planungsprozess für neuen Stadtteil Oberbillwerder begann vor über 20 Jahren

Der Planungsprozess begann bereits in den frühen 2000er Jahren, als die Hansestadt Hamburg den Stadtteil Billwerder als Entwicklungsgebiet identifizierte. Am 26. Februar 2019 hat der Hamburger Senat den Masterplan Oberbillwerder beschlossen, der die Grundlage für die weitere Entwicklung bildet.

Nun, sechs Jahre später, steht es fest: Die ersten Baumaßnahmen sollen in den kommenden Jahren beginnen, wobei das gesamte Projekt voraussichtlich bis 2030 fertiggestellt wird. Nach der HafenCity ist es das zweitgrößte Entwicklungsprojekt Hamburgs.

Neuer Wohnraum, neue Arbeitsplätze: Oberbillwerder soll „Active City“ werden

Geplant sind bis zu 6.500 Wohneinheiten für etwa 15.000 Menschen, wobei ein Drittel der Wohnungen als sozial geförderter Wohnraum vorgesehen ist. 4.000 bis 5.000 neue Arbeitsplätze sollen eine Mischung aus Wohnen und Arbeiten gewährleisten. Mit der S-Bahn-Station Allermöhe sei die Region gut an die Innenstadt angebunden. Zugleich profitiere Oberbillwerder von der Nähe zum Landschaftsschutzgebiet „Billwerder Billdeich“.

Unter dem Schlagwort „Active City“  sind neben Wohnflächen auch Flächen für Gewerbe, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung und Freizeitangebote vorgesehen. Um den Bedürfnissen der zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohnern gerecht zu werden, soll es außerdem zwei Grundschulen, mindestens 14 Kindertagesstätten und zahlreiche weitere soziale Einrichtungen geben. Und auch die Fakultät Life Sciences der HAW Hamburg soll nach Oberbillwerder verlagert werden.

Weniger Autos, mehr Lebensqualität? Oberbillwerders Beitrag zum Hamburger Klimaplan

In den Planungen soll Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle spielen. Damit Oberbillwerder zu einem der grünsten Stadtteile Hamburgs wird, sind die Pflanzung von 4.000 Bäumen sowie öffentliche Grünflächen geplant, die fast ein Viertel der Gesamtfläche einnehmen. Diese sollen bei Starkregen größere Wassermengen aufnehmen. Zusätzlich ist im Nordwesten des Gebiets ein naturnaher Rückhalteraum vorgesehen.

Statt Straßenparken sind in Oberbillwerder elf Parkhäuser, sogenannte „Mobility Hubs“, geplant. Sie werden entlang der Ringstraße, dem sogenannten „Mobility Loop“, positioniert, der die fünf unterschiedlichen Quartiere miteinander verbindet. Die Erdgeschosse der Parkhäuser sind für öffentliche oder gemeinschaftliche Nutzung vorgesehen, während ihre Flachdächer begrünt werden sollen. Ziel sei es, den Autoverkehr zu verringern, umweltfreundliche Mobilitätsalternativen zu fördern und dadurch einen Beitrag zur Umsetzung der Ziele des Hamburger Klimaplans zu leisten.

Großprojekt Oberbillwerder in der Kritik: Bürgerinitiative gegen Bebauungsplan

Während Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein den neuen Stadtteil in einer offiziellen Pressemitteilung als „Hamburgs Zukunft“ bezeichnete, reißt die massive Kritik an dem Großprojekt nicht ab. Eine Bürgerinitiative hält das Bebauungsplanverfahren für Oberbillwerder für überstürzt und unzureichend vorbereitet. Wichtige Genehmigungen, insbesondere die wasserrechtliche, fehlen, und Umweltmaßnahmen, etwa zum Schutz der Wiesenvögel, seien bislang gescheitert. Zudem seien viele Umweltgutachten veraltet, was aufwendige Nachprüfungen erforderlich mache und das Verfahren weiter verzögere. Die Initiative warnt vor jahrelangen Genehmigungsprozessen, wie sie bereits in Finkenwerder zu beobachten sind, und kritisiert die mangelnde Koordination zwischen den zuständigen Behörden.

Der Senat hingegen verteidigt Oberbillwerder als dringend benötigte Antwort auf Hamburgs Wohnraummangel. Wie schnell und in welchem Umfang Oberbillwerder Realität wird, hängt nun davon ab, wie Stadt, Behörden und Kritiker miteinander Lösungen finden – zwischen dem dringenden Bedarf an Wohnraum und den Umwelt- und Planungsbedenken.

Quellen: hamburg.de, WELT, IBA Hamburg GmbH, NDR, Arbeitsgemeinschaft
„Paradies Billwerder erhalten“

Tags (Schlagwörter) zu diesem Beitrag

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.