Im Süden von Tempelhof-Schöneberg sollen im Zuge des Projekts „Marienhöfe“ insgesamt 770 neue Wohnungen entstehen. Das Buch ‚Stadtquartier Marienhöfe‘ dokumentiert den Planungsprozess  des Quartiers und beleuchtet die architektonischen, städtebaulichen und sozialen Dimensionen dieses Vorhabens. Architekt Oliver Collignon stellte das Werk am Montagabend in Kreuzberg vor.

Das Buch ‚Stadtquartier Marienhöfe‘ zeigt die Architekturvision eines Stadtquartiers, das durch eine Mischung aus Wohnen, Arbeiten und nachhaltigem Miteinander ein neues Lebensgefühl vermitteln möchte. Fraglich ist nur, wann die tatsächliche Umsetzung beginnt. / © Visualisierung: CollignonArchitektur

© Visualisierungen: CollignonArchitektur
Text: Björn Leffler

 

In einer öffentlichen Lesung im historischen Ambiente der Papierhalle in Berlin-Kreuzberg wurde das Konzept des neuen Wohn- und Gewerbequartiers „Marienhöfe“ in Tempelhof-Schöneberg vorgestellt. Rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer waren zugegen, als Architekt Oliver Collignon, Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann und Verleger Rudolf Spindler auf dem Podium über das umfangreiche Bauvorhaben diskutierten, das im zugehörigen Buch „Stadtquartier Marienhöfe“ ausführlich vorgestellt wird. Das Werk ist kürzlich im Wasmuth Verlag erschienen.

Das Quartier „Marienhöfe“, für das Collignon Architekten mehrere hundert Pläne und Entwürfe entwickelt haben, ist als lebendiger Stadtraum mit einer dynamischen Struktur konzipiert, die eine vielfältige Nutzung ermöglichen soll. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg, drittgrößter Bezirk Berlins, soll dadurch in den kommenden Jahren um 770 neue Wohnungen, darunter auch geförderte Einheiten, sowie um Gewerbeflächen bereichert werden.

Bauvorhaben „Marienhöfe“: Ganzheitliches Quartierskonzept mit nachhaltigem Ansatz

Das Gelände, nördlich des S-Bahnhofs Attilastraße gelegen, auf dem sich einst ein Güterbahnhof befand und auf dem vor wenigen Jahren noch ein Baumarkt stand, soll ein modernes, verkehrsberuhigtes Areal werden, das das historische Umfeld respektiert und dennoch zeitgenössische Elemente integriert.

Die strenge Formensprache und die klare Linienführung, für die Collignon Architekten auch bei Projekten wie dem U-Bahnhof Rotes Rathaus bekannt geworden sind, wird hier mit großzügigen Freiräumen und zahlreichen Grünflächen kombiniert, um eine Durchströmung mit frischer Luft und ein lebendiges städtebauliches Umfeld zu schaffen. Oliver Collignon beschrieb das Quartier während seines Vortrags als „lebendige architektonische Familie“, in der die Gebäude in ihrem Design unterschiedliche, nutzungsbedingte Charaktere aufweisen.

Tempelhof-Schöneberg: Wohnungen, Gewerbe und Sozialeinrichtungen für eine lebendige Gemeinschaft

Neben den Wohnungen entstehen auch Flächen für ein Handwerkszentrum, Einzelhandel, eine Kita, ein Senioren- und ein Gesundheitszentrum. Damit möchte man nicht nur den Bedarf an Wohnungen decken, sondern auch die lokale Infrastruktur stärken und ein lebendiges Quartier mit vielfältigen Angeboten schaffen.

Auch Gebäude für Geflüchtete sind Teil des Plans. Collignon erläuterte, dass die unterschiedlichen Gebäudetypen in Form von sogenannten Gestaltungsfamilien aufgeteilt sind, um die Vielfalt der Nutzung räumlich abzubilden. Damit einher geht ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept, das Aspekte wie Energie, Wasser, Baustoffe und Abfall berücksichtigt.

Quartier „Marienhöfe“: Innovativer Ansatz für Mobilität und Durchlässigkeit

Ein weiteres Ziel des Projekts ist eine weitgehende Verkehrsberuhigung: Die Tiefgarage unter dem Quartier, die zugleich eine Orientierung durch unterschiedliche Farbgebungen bietet, soll für den ruhenden Verkehr sorgen und die Nutzung von Rad- und Fußwegen fördern. Ein Durchgangsverkehr wird damit vermieden, das Quartier soll zudem barrierefrei gestaltet werden.

Besonders bemerkenswert ist die Entscheidung, an der Bahntrasse keine Schallschutzmauer zu errichten, um offene städtebauliche Strukturen zu bewahren und Schallschutz durch die Gebäudegestaltung zu erreichen. Collignon sprach sich in der anschließenden Diskussion deutlich gegen eine Schallschutzmauer entlang der Bahntrasse aus, da der Schallschutz innerhalb des Gebäudes und nicht durch städtebauliche Barrieren gewährleistet werden soll – wie es etwas beim Projekt „Friedenauer Höhe“ im Norden des Bezirks umgesetzt worden ist.

Collignons Ziel ist es demnach, auf diese Art und Weise eine lebendige städtebauliche Gestaltung zu fördern. Hinzu kommt allerdings auch, dass die Lärmbelastung an dieser Stelle durch die ausschließliche Nähe zur S-Bahn und ohne angrenzende Straße ohnehin nicht allzu schwer wiegt.

Herausforderungen durch die Immobilienkrise und die Zukunft des Projekts

Die Bauphase des Projekts steht noch aus, und die derzeitige Immobilienkrise macht den Startzeitpunkt unsicher. Oliver Collignon, der Mastermind hinter dem Projekt, zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass die umfassenden Planungen – trotz der aktuell hohen Baukosten – umgesetzt werden können. Auch Bezirksbürgermeister Oltmann betonte seine Unterstützung und äußerte große Zuversicht, dass die Dortmunder Familie Semer, die hinter der Baumarktkette Hellweg steht und als Bauherrin agiert, am Konzept festhalten werde.

Dies schließe eine vereinfachte Bauweise aus, wie sie aktuell vielerorts zu sehen sei. Eine amüsante Anekdote gab es dann noch am Ende des Abends: Der Name des Projekts „Marienhöfe“ geht auf einen Einfall von Oltmanns Ehefrau zurück, die den ursprünglichen Arbeitstitel „Atti“ wenig ansprechend fand. Wer wissen will, wie das neue Quartier in den kommenden Jahren aussehen könnte, kann das im reich bebilderten Buch des Wasmuth Verlags nachlesen.

 

Stadtquartier Marienhöfe von Oliver Collignon
Wasmuth Verlag GmbH; 1. Auflage (17. Juni 2024)
Sprache ‏ : ‎ Deutsch
Taschenbuch ‏ : ‎ 220 Seiten
ISBN-10 ‏ : ‎ 3803022274
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3803022271

Hier könnt Ihr das Buch bestellen

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

© Visualisierung: CollignonArchitektur

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© Wasmuth Verlag GmbH

Quellen: CollignonArchitektur, Wasmuth Verlag GmbH

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