Viele Jahre klaffte direkt neben dem historischen Bundesratsgebäude an der Leipziger Straße in Berlin-Mitte eine große Baulücke, die mittlerweile geschlossen worden ist. Bis 2026 entsteht an dieser Stelle nun ein modern konzipierter Erweiterungsbau für die Bundesregierung, der eine Nutzfläche von 9.000 Quadratmetern bieten soll – und verschiedene Funktionen in sich vereinen wird.

Rückseitenansicht: So sieht der Neubau am Bundesratsgebäude aus, der derzeit in Berlin-Mitte entsteht. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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© Visualisierung: Max Dudler
Text: Björn Leffler

 

Wer die Leipziger Straße in Berlin-Mitte vom Leipziger Platz kommend in Richtung Alexanderplatz ablief, kam viele Jahre an einer großen, klaffenden Baulücke direkt neben dem historischen Bundesratsgebäude vorbei.

Zwischen dem Altbau und den in den 2000er Jahren neu entstandenen Gebäuden des Leipziger Platzes bestand ein auffälliger Hohlraum, der mittlerweile allerdings verschwunden ist. Denn eine der letzten Freiflächen im Umfeld des Leipziger Platzes ist, zumindest baulich, geschlossen worden.

Seit April 2020 läuft die Erweiterung des Bundesratsgebäudes in Berlin-Mitte

Bereits seit April 2020 wird an dem Projekt gearbeitet. Entstehen soll ein Anbau, der mehrere Funktionen vereinen soll. Nachdem lange nichts zu sehen war und das Vorhaben im Tiefbau verharrte, ist nun deutlich die Dimension des Neubaus sichtbar.

Insgesamt wird der geplante Erweiterungsbau rund 9.000 Quadratmeter Nutzfläche umfassen und soll das Hauptgebäude entlasten, dessen Besucherzahlen in den letzten Jahren stark angestiegen waren, vor allem in den Jahren vor der Corona-Pandemie. Im Jahr 2001 wurden noch 20.000 Besucherinnen und Besucher jährlich gezählt, 2018 waren es bereits 70.000.

Mit dem Anbau wird der Bundesrat einen neuen Empfangsbereich bekommen und soll gleichzeitig „öffentlicher“ werden. Das neue Foyer soll für Besucherinnen und Besucher frei zugänglich sein. Damit soll das Bundesratsgebäude nicht nur, wie bisher, im Rahmen von Führungen zugänglich gemacht werden, sondern in diesem Bereich durchgängig offen stehen.

Ein überdachter Innenhof für Ausstellungen und Veranstaltungen

Zum historischen Haupthaus hin entsteht durch den Anbau ein überdachter Innenhof, der für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden soll. Im Neubau entstehen zudem moderne Büroflächen, die nach ursprünglichen Planungen auch vom benachbarten Bundesfinanzministerium genutzt werden sollten.

Dieses sollte seinerseits allerdings auch einen raumgreifenden Neubau erhalten, doch der (mittlerweile entlassene) Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte das Projekt schließlich gestrichen. Ob und wie das Bundesfinanzministerium die entstehenden Räumlichkeiten künftig nutzen wird, ist derzeit noch offen – angeblich ist der Bau von Wohnungen geplant.

Zusätzliche Büroflächen für die Bundesregierung sind heiß begehrt

Dass die Bundesregierung grundsätzlich unter Platzmangel für Büroflächen leidet, zeigen allein zwei Bauprojekte, die im Regierungsviertel am Spreebogen umgesetzt werden. So sind einerseits auf dem “Luisenblock West” genannten Areal unweit des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses in den vergangenen anderthalb Jahren Büros in Holzmodulbauweise entstanden, um kurzfristig zusätzliche Kapazitäten schaffen zu können.

Darüber hinaus ist eine umfassende Erweiterung des Bundeskanzleramtes geplant, die bis 2028 umgesetzt werden soll. 400 neue Büros sollen im Zuge dieser Baumaßnahme entstehen. Das Projekt wird kritisch gesehen, da die erwarteten Baukosten (derzeit 640 Millionen Euro) immer weiter ansteigen. So großformatig wie das Bauvorhaben am Kanzlergarten wird der Neubau am Bundesrat allerdings nicht ausfallen.

Lücke zwischen Bundesrat und Leipziger Platz wird geschlossen

Der nun entstehende Anbau wird die städtebauliche Lücke zwischen dem Bundesratsgebäude und dem östlichen Rand des Leipziger Platzes schließen, auch in architektonischer Hinsicht. Das neue Gebäude erhält eine reliefartige Natursandsteinfassade und soll optisch die  äußere Struktur des Hauptgebäudes fortsetzen.

Der Entwurf des Architekturbüros Max Dudler setzte sich in einem zweistufigen, offenen Realisierungswettbewerb durch. In der ersten Wettbewerbsphase hatten sich 85 Büros beteiligt, in der zweiten Phase dann noch 25.

Einstiges Preußisches Herrenhaus dient heute als Sitz des Bundesrats

Das Gebäude, errichtet von 1899 bis 1904 nach den Plänen von Friedrich Schulze für das Preußische Herrenhaus, wurde in den Jahren 1997 bis 2000 für die Nutzung durch den Bundesrat angepasst. Seitdem finden hier etwa alle drei bis vier Wochen Tagungen statt.

Ursprünglich wurde der Neubau von 1904 vom Preußischen Herrenhaus genutzt, die erste Sitzung fand am 16. Januar des gleichen Jahres statt. Diese Nutzung dauerte bis zum Ende der Institution im Jahr 1918 an.

Ab 1921 tagte in dem Gebäude der Preußische Staatsrat

Von 1921 bis 1933 tagte in dem Gebäude der Preußische Staatsrat als Vertretung der Provinzen. Am 4. November 1928 fand im Kongresssaal die Gründungssitzung des Bundes der Freunde der Sowjetunion statt.

Ab 1934 nutzte die Stiftung Preußenhaus unter Hermann Göring das Gebäude, um eine historische Kontinuität zwischen Preußentum und Nationalsozialismus zu propagieren. Für kurze Zeit wurden die Büros vom neu errichteten Volksgerichtshof genutzt.

NS-Zeit: Nutzung als Volksgerichtshof und Haus der Flieger

Später diente das Gebäude als Haus der Flieger und beherbergte einige der Referate und Dienststellen, die Göring unterstanden. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt und nach 1946 von der Akademie der Wissenschaften der DDR als Sitz des Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie genutzt.

Im Zuge der Verlegung der deutschen Hauptstadt von Bonn nach Berlin wurde das Gebäude ab 1997 unter der Leitung des Architekturbüros Schweger & Partner für die Nutzung durch den Bundesrat adaptiert. Die erste Tagung fand dort am 29. September 2000 statt.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

So soll das neue Eingangsgebäude am Bundesrat in Berlin-Mitte nach seiner Fertigstellung aussehen. / © Visualisierung: Max Dudler

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Quellen: Max Dudler Architekten, Deutsches Architektur Forum, Architektur Urbanistik Berlin

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One Comment

  1. Ken 27. November 2024 at 17:37 - Reply

    Hätte man das Kranzgesims nicht in moderner Form weiterführen können?
    Der obere Abschluss passt nicht zur „Schwere“ der Fassade.
    Selbstdarstellung über Harmonie mit dem Nachbarn an den man sich anlehnt… tztztz…

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