Der Bahnhof Alexanderplatz soll bis 2029 umfassend saniert werden – offiziell im Zeichen von Brandschutz und Modernisierung. Doch aktuelle Berichte deuten darauf hin, dass mit den Umbaumaßnahmen auch die Verdrängung obdachloser Menschen befördert werden könnte. Damit erhält das Projekt eine soziale Dimension, die über reine Infrastrukturmodernisierung hinausgeht.

Nach dem Ostbahnhof folgt das nächste Mammutprojekt: Der Bahnhof Alexanderplatz wird entkernt, modernisiert und neu gestaltet. Doch das Modernisierungsvorhaben am Alexanderplatz wirft Fragen zur sozialen Verantwortung öffentlicher Bauprojekte auf. / © Foto: Depositphotos.com

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Der Bahnhof Alexanderplatz in Berlin-Mitte wird, wie bereits berichtet, ab Ende 2025 umfassend modernisiert, die Bauarbeiten sollen bis Ende 2029 andauern. Hauptgrund für die Maßnahme ist die Erneuerung des Brandschutzes, wofür das Bahnhofsgebäude teilweise entkernt und Zwischendecken sowie Wände entfernt werden müssen.

Sämtliche Geschäfte im Erdgeschoss müssen ausziehen, die Bahn nutzt die Gelegenheit, um auch die Gebäudetechnik vollständig zu überarbeiten. Während die obere Ebene mit den Bahnsteigen in Betrieb bleibt, sind Sperrpausen im Zugverkehr bereits ab September 2025 absehbar.

Bahnhof Alexanderplatz: Umfassender Umbau ab Ende 2025 geplant

Reisezentrum und Toiletten werden in einem Interimsbau auf der Westseite des Bahnhofs untergebracht. Zusätzlich zur technischen Sanierung ist auch eine gestalterische Aufwertung des Gebäudes geplant, die in Abstimmung mit dem Denkmalschutz erfolgen soll, wie es heißt. Doch die geplanten Veränderungen im Innern des Bahnhofsgebäudes werden wohl doch tiefgreifender sein, als bislang angenommen.

So berichtet es jedenfalls Der Tagesspiegel. Demnach könnte das laufende Modernisierungsprojekt am Bahnhof Alexanderplatz neben technischen und gestalterischen Aspekten auch soziale Zielsetzungen verfolgen. In der Ausschreibung zu den Bauarbeiten werde demnach als mögliches Ziel die „Reduzierung von Aufenthaltsmöglichkeiten für Nichtreisende, wie zum Beispiel Wohnungslose“ genannt. Es ist derzeit allerdings noch unklar, inwieweit dies in die konkrete Planung eingeflossen ist.

Bahnhofs-Umbau am Alexanderplatz: Sollen Obdachlose verdrängt werden?

Ein Bahnsprecher habe laut Tagesspiegel bestätigt, dass ein Teil des Tiefgeschosses künftig als Lagerfläche für Mieter genutzt werden soll, wodurch dieser Bereich für den Publikumsverkehr nicht mehr zugänglich wäre. Auch die Rolltreppe vom Tiefgeschoss ins Erdgeschoss soll demnach entfernt werden.

Zur Begründung werde unter anderem auf eine Verbesserung der Sicherheitslage verwiesen; laut Bahn seien bestimmte Bereiche von Reisenden wiederholt als unangenehm oder potenziell angstauslösend wahrgenommen worden.

Eisenbahn-Bundesamt: „Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Sicherheit“ als Ziel des Umbaus

Das Eisenbahn-Bundesamt soll dem Umbau zugestimmt haben. In den vorliegenden Unterlagen sei von einer möglichen „Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Sicherheit“ die Rede, die sich aus einer geringeren Belastung durch sogenannte „nicht sozialadäquat agierende Nichtreisende“ ergeben würde.

Offiziell wird das Projekt weiterhin mit der Notwendigkeit einer brandschutztechnischen Ertüchtigung und gestiegenen Fahrgastzahlen begründet. Laut Deutscher Bahn sei bei größeren Personenströmen etwa eine schnellere Evakuierung im Gefahrenfall sicherzustellen.

Bahnhof Alexanderplatz: Geplante Umbaumaßnahmen werfen Fragen zur sozialen Verdrängung auf

Vor diesem Hintergrund werfen die geplanten baulichen Veränderungen im Tiefgeschoss des Bahnhofs Alexanderplatz zumindest Fragen auf. Insbesondere die mögliche gezielte Verdrängung obdachloser Menschen deutet darauf hin, dass soziale Ausschlüsse Teil der Umgestaltung sein könnten – auch wenn dies bislang nicht offiziell bestätigt wurde.

Damit erhält das Projekt eine soziale Dimension, die über reine Infrastrukturmodernisierung hinausgeht und eine kritische Auseinandersetzung mit den Zielen öffentlicher Bauvorhaben nahelegt.

 

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Quellen: Deutsche Bahn, RBB, Berliner Zeitung, MOZ, Wikipedia, Eisenbahn-Bundesamt, Der Tagesspiegel

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3 Kommentare

  1. Baumbart 20. Mai 2025 at 00:22 - Reply

    Verstehe ich nicht. Der bisher öffentliche Bereich im Tiefgeschoss betrifft fast ausschließlich den Zugang zum U-Bahnhof und geht nahtlos über. Hier kann allenfalls nur die linke Rolltreppe nach oben gemeint sein, beim Ausgang von Rossmann. Notwendige Lagerfläche sehe ich nur für möglich. Aufgrund der Treppe kann hier nur eingeschränkt verschlossen werden.

    Die Bauzeit von 4 Jahren halte ich für das bisschen am Bahnhof für viel zu lang. Das wäre mit Sicherheit in der Hälfte der Zeit schaffbar und geboten, angesichts der enormen Fahrgastzahlen dort.

  2. Daniel Hofmann 20. Mai 2025 at 06:45 - Reply

    Die geplanten Maßnahmen deuten eher auf ein Shopping-Center-Refurbishment hin, als auf eine Bahnhofssanierung. Was hier beschönigend Obdachlosigkeit genannt wird, hat inzwischen ganz andere Dimension angenommen. Crack-Opfer unter allen Brücken, ganze S- und U-Bahnwaggons, die im Winter unbenutzbar sind, weil völlig verwahrloste Menschen darin Schutz suchen und übernachten. Hier ist eine Kraftanstrengung von Senat und Bund nötig, um die Menschen unterzubringen und zu betreuen. Lässt man den Dingen ihren Lauf, werden die Belastung und der Unmut der übrigen Bewohner und Besucher der Innenstadt so groß, dass auch politische Auswirkungen zu erwarten sind, die man sich nicht wünscht.

  3. Andak Of 20. Mai 2025 at 09:56 - Reply

    Alex und Zoo – die absoluten Kotz- und Urinbahnhöfe Berlins… Ekelhaft und hochgradig peinlich für eine Europäische Hauptstadt! Wenn ich den einen nicht wegen des täglichen Weges zur Arbeit notwendigerweise benutzen müßte, würde ich den den auch noch meiden

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