Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Wohnungsbaus vorgestellt. In Berlin-Mitte erläuterten Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wohnungswirtschaft, wie der sogenannte Bau-Turbo die Planungsprozesse vereinfachen soll.

Bundesbauministerin Verena Hubertz, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil und Berlins Bausenator Christian Gaebler stellen gemeinsam mit WBM-Geschäftsführer Lars Dormeyer den Gesetzentwurf zum Bau-Turbo auf der Baustelle in der Köpenicker Straße vor. / © Foto: WBM / Henning Schacht
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© Titelbild: Wikimedia Commons, Frank Eritt, CC BY-SA 4.0
In der Köpenicker Straße in Berlin-Mitte stellte die Bundesregierung am Donnerstag ihren Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Wohnungsbaus vor. Bundesbauministerin Verena Hubertz, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, Berlins Bausenator Christian Gaebler und der Geschäftsführer der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft WBM, Lars Dormeyer, erklärten die zentralen Ziele der Gesetzesinitiative.
Der gewählte Ort verdeutlicht, wie groß der Handlungsbedarf ist. Dormeyer schilderte, dass zwischen dem ersten Architekturwettbewerb und dem geplanten Einzug der Mieterinnen und Mieter über elf Jahre vergehen. Die reine Bauzeit belaufe sich dabei auf lediglich zwei bis drei Jahre – ein Missverhältnis, das laut WBM exemplarisch für viele Projekte in Berlin steht.
Neue Sonderregelung im Baugesetzbuch soll Planungsverfahren verkürzen und kommunale Genehmigungen vereinfachen
Kernstück des Gesetzentwurfs ist der neue Paragraph 246e im Baugesetzbuch. Diese Regelung soll es den Kommunen ermöglichen, bei bestimmten Wohnungsbauvorhaben auf einen vollumfänglichen Bebauungsplan zu verzichten. Stattdessen sollen Genehmigungen nach einer vereinfachten Prüfung innerhalb von zwei Monaten erfolgen können – vorausgesetzt, die Gemeinde stimmt dem Vorhaben ausdrücklich zu.
Die Bundesregierung will mit dieser Regelung vor allem dort ansetzen, wo der Wohnraumbedarf besonders hoch ist und konventionelle Planungsprozesse zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Neben dem klassischen Neubau umfasst die Regelung auch Umbauten, Aufstockungen und die Umnutzung bestehender Gebäude zu Wohnzwecken.
Kommunen behalten Entscheidungshoheit über Bauprojekte, müssen aber Umwelt- und Nachbarschaftsinteressen berücksichtigen
Ob der Bau-Turbo vor Ort angewendet wird, entscheidet weiterhin jede Gemeinde selbst. Der Gesetzesentwurf stellt ausdrücklich klar, dass die kommunale Selbstverwaltung nicht eingeschränkt wird. Die Sonderregelung darf nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie keine erheblichen Umweltauswirkungen erwarten lässt und wenn nachbarschaftliche Belange gewahrt bleiben.
Die Bundesregierung sieht den neuen Paragraphen daher nicht als generelle Lockerung des Bauplanungsrechts, sondern als Instrument zur gezielten Entlastung in besonders belasteten Wohnungsmärkten. Das Gesetz ist bis Ende 2030 befristet und soll bis 2029 auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden.
Umwandlungsschutz wird verlängert, um Mieterinnen und Mieter in angespannten Märkten besser zu schützen
Neben dem beschleunigten Bauen plant die Bundesregierung auch eine Verlängerung des sogenannten Umwandlungsschutzes. Diese Regelung verhindert, dass Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden – zumindest in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Der Schutz soll nun bis Ende 2030 gelten und damit um weitere fünf Jahre verlängert werden.
Gerade in innenstadtnahen Quartieren wie Berlin-Mitte sehen viele Mieterinnen und Mieter ihre Wohnverhältnisse durch Umwandlungen gefährdet. Die Bundesregierung reagiert damit auf Forderungen aus Mieterverbänden, den Schutz stabiler Mietverhältnisse in Zeiten hoher Nachfrage gesetzlich zu sichern.
Vereinfachungen bei Nachverdichtung, Umnutzung und Nutzungsmischung sollen innerstädtisches Bauen erleichtern
Auch bei der Nachverdichtung will die Bundesregierung ansetzen. Künftig sollen unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Bebauungsplan zusätzliche Wohnungen durch Aufstockung, Erweiterungen oder Hinterhofbebauung genehmigt werden können. Ziel ist es, ungenutztes Flächenpotenzial in Städten besser auszuschöpfen, ohne neue Baugebiete ausweisen zu müssen.
Darüber hinaus sieht das Gesetz Änderungen beim Immissionsschutz vor. Gemeinden sollen künftig bei der Festlegung von Schallschutzwerten mehr Spielraum erhalten, um auch in gemischten Quartieren Wohnungsbau zu ermöglichen. Dadurch könnten künftig auch Flächen in der Nähe von Gewerbebetrieben leichter für Wohnungen genutzt werden.
Vertreter der Wohnungswirtschaft begrüßen die Reform, fordern aber weitere Maßnahmen zur Entlastung
TeDer Branchenverband GdW äußerte sich grundsätzlich positiv zum Bau-Turbo. Präsident Axel Gedaschko erklärte, dass das Gesetz ein sinnvoller Beitrag zur Entbürokratisierung sei. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass der Bau-Turbo allein nicht ausreiche, um den Wohnraummangel zu beheben. Vor allem die stagnierenden Baugenehmigungszahlen seien ein Warnsignal.
Laut GdW brauche es zusätzliche Maßnahmen, etwa bei der Finanzierung, bei Förderbedingungen und beim Personal in den Bauämtern. Die Reform müsse sich nun in der Praxis bewähren, sonst bleibe sie wirkungslos. Auch auf Landes- und Bezirksebene seien schnelle Umsetzungsentscheidungen notwendig.
Gesetzgebungsverfahren läuft bereits – Bundesregierung will Beschluss bis Herbst 2025, erste Auswertung für 2029 geplant
Nachdem das Bundeskabinett dem Entwurf bereits zugestimmt hat, geht das Gesetz nun in das parlamentarische Verfahren. Die Bundesregierung plant, das Gesetz bis Herbst 2025 im Bundestag zu verabschieden. Da es sich nicht um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, ist eine Zustimmung des Bundesrats nicht erforderlich.
Bis Ende 2029 will das Bundesbauministerium gemeinsam mit den Kommunen evaluieren, ob die Regelung tatsächlich zur Schaffung neuen Wohnraums beigetragen hat. Dabei sollen auch städtebauliche und ökologische Auswirkungen systematisch untersucht werden.
Quellen: WBM, Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Der Spiegel