Seit der Sperrung einer Ringbahnbrücke auf der A100 rollt der Schwerlastverkehr durch Wohnstraßen in Charlottenburg. Die Verkehrslenkung führt zu Lärm, Erschütterungen und wachsender Sorge um die Stabilität eines 120 Jahre alten U-Bahn-Tunnels. Eine neue Gewichtsbegrenzung soll nun erste Entlastung bringen.

Die A100 ist schon seit Jahren ein stark umstrittenes Thema in Berlin, immer wieder gab es Proteste und Demonstrationen gegen den Ausbau und die Folgen für die Stadt. Derzeit beklagen sich Anwohnende über den Umleitungsverkehr, der Schäden an Wohnhäusern verursache und die Lebensqualität entlang der Ausweichrouten deutlich beeinträchtige. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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In der Königin-Elisabeth-Straße dürfen Fahrzeuge seit dem 10. Juni in Richtung Messedamm nur noch bis zu 3,5 Tonnen wiegen. Diese Regelung soll den historischen U-Bahn-Tunnel unter dem Kaiserdamm entlasten, denn seit der Sperrung der A100 Brücke fließt der gesamte Schwerlastverkehr durch das umliegende Wohngebiet.
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hatten bereits kurz nach Beginn der Umleitung gewarnt. In einem Schreiben an den Senat äußerten sie große Bedenken und verwiesen auf mögliche Schäden am über 120 Jahre alten Tunnelbauwerk. Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) zitierte das Schreiben in einer Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung. Darin erklärte die BVG, mit sicherheitsrelevanten Schäden innerhalb weniger Jahre zu rechnen, falls der Verkehr ungebremst weiterlaufe.
Prognose zur Dauer der Umleitung: BVG geht von fünf Jahren Verkehrsverlagerung aus
Ein Aushang an der Bushaltestelle des 139ers in der Königin-Elisabeth-Straße nennt eine deutlich längere Umleitungsdauer, als bislang öffentlich bekannt war. Die BVG rechnet dort mit rund fünf Jahren für die geänderte Streckenführung.
Die Autobahngesellschaft hatte anfangs von zwei Jahren gesprochen, nahm diese Angabe jedoch schnell zurück. Offiziell macht die Verwaltung inzwischen keine Angaben mehr zur Dauer des Brückenneubaus.
Belastung für Anwohnende: Lärm, Verkehrsdruck und fehlende Nachtruhe prägen den Alltag
Nicht nur der U-Bahn-Tunnel steht im Fokus. Die Verkehrsverlagerung hat das Leben vieler Menschen entlang der Umleitungsroute verändert: auch Wohnhäuser entlang der Strecke zeigen laut Tagesspiegel erste Schäden. Einer Anwohnerinitative zufolge seien in einigen Wohnungen bereits Risse sichtbar. Schränke würden vibrieren, sobald ein Lkw vorbeifährt. Da sich an der Kreuzung Spandauer Damm die Lkw häufig stauen würden und häufig laut gehupt werde, müssten Betroffene ihre Fenster geschlossen halten.
Anwohnerinnen und Anwohner sowie Vertreter der Grünen werfen dem Berliner Senat und der Autobahngesellschaft deshalb mangelndes Handeln vor. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die fehlende Lenkung des Transitverkehrs. Es gebe lediglich ein einzelnes Schild, das den Weg über den äußeren Autobahnring A10 empfehle. Aus Sicht der Initiative fahren etwa 80 Prozent der Lkw nachts lediglich durch die Stadt hindurch, ohne dort zu laden oder zu entladen.
Offizielle Ausweichrouten bleiben weitgehend unbekannt: Keine Ausschilderung durch die Stadt
Die BVG hat darauf reagiert und ein Monitoring-System angekündigt, das künftig die Erschütterungen im Bereich der Tunnelstrecke dokumentieren soll. Die Verkehrsverwaltung erklärte weiter, dass man Veränderungen frühzeitig erkennen und geeignete Maßnahmen ergreifen wolle. Zudem definierte sie zwei sogenannte „Vorbehaltsrouten“ als Umleitungsstrecken. Route I führt über Kaiser-Friedrich-Straße und Tegeler Weg, Route II über Kurfürstenstraße und Otto-Suhr-Allee.
Beide Strecken sind allerdings nicht ausgeschildert. Laut Senat handelt es sich lediglich um interne Empfehlungen, auf denen möglichst keine Baustellen geplant werden sollen. Im Alltag weichen Lkw daher auf direktere Straßen aus, etwa durch die Königin-Elisabeth-Straße.
Quellen: BVG, Autobahn GmbH, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Tagesspiegel