Obwohl das Mikroapartment-Projekt „Luvebelle“ in Tempelhof trotz Insolvenz der Projektgesellschaften fertiggestellt und verkauft wurde, warten viele Crowdinvestoren bis heute auf die Rückzahlung ihres Geldes. Einige von ihnen versuchen, über Schadensersatzklagen ihr eingesetztes Kapital zurückzuerhalten. Einer der Kläger, Stefan K., hat gegenüber ENTWICKLUNGSSTADT Einblick in den bisherigen Verlauf des Verfahrens gegeben. Der Fall verdeutlicht, welche Risiken mit schwarmfinanzierten Immobilienprojekten verbunden sein können.

Das Mikroapartment-Projekt „Luvebelle“ wurde 2016 per Crowdfunding von 286 Anlegern mitfinanziert – in Aussicht gestellt waren sieben Prozent Zinsen jährlich. Die Entwickler visierten eine Rückzahlung der Nachrangdarlehen bis Oktober 2017 an. Nach dem Verkauf des Gebäudes werden die Mikroapartments heute unter dem Namen „Elevon Apartments“ vermietet. /© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Anlegerinnen und Anleger, die über die Plattform Zinsland.de in das Berliner Mikroapartment-Projekt „Luvebelle“ investierten, wurden im Jahr 2017 von einem Insolvenzverfahren überrascht. Kurz vor dem geplanten Rückzahlungstermin der Nachrangdarlehen meldeten die beiden beteiligten Projektgesellschaften, die Conrem-Ingenieure GmbH und die Arplan Projektgesellschaft Alpha 1 GmbH, Insolvenz an. Rund 1,25 Millionen Euro hatten 286 Privatinvestoren über Crowdfunding zur Verfügung gestellt – in der Hoffnung auf sieben bis neun Prozent Zinsen jährlich.
Das Projekt umfasste den Neubau von zwei Mikroapartmenthäusern mit insgesamt 52 möblierten Einheiten an der Friedrich-Karl-Straße 22 in Berlin-Tempelhof. Die Wohnungen sind zwischen 23 und 44 Quadratmetern groß und werden als Mikroappartments an Studierende und Berufseinsteiger vermietet.
Hoher Eigenkapitalanteil durch Projektentwickler angekündigt, später deutlich reduziert: So lief die Crowdfinanzierung bei „Luvebelle“
Die Finanzierung des Projekts „Luvebelle“ erschien zunächst solide. Zwischen April und Mai 2016 sammelte die Conrem-Ingenieure GmbH über die Crowdfunding-Plattform Zinsland.de rund 500.000 Euro von 274 Privatinvestoren ein. Die Rückzahlung des Nachrangdarlehens war für Oktober 2017 vorgesehen, verbunden mit einer in Aussicht gestellten Rendite von sieben Prozent jährlich. Im Juni 2017 folgte später eine zweite Finanzierungsrunde: Die Grundstückseigentümerin Arplan Projektgesellschaft Alpha 1 GmbH warb über einen „Club-Deal“ weitere 750.000 Euro von zwölf Anlegern ein. Für diese exklusive Beteiligung wurden sogar neun Prozent Zinsen versprochen – ebenfalls mit einer kurzen Laufzeit von rund einem Jahr.
Der Projektentwickler präsentierte in der Anfangsphase einen vergleichsweise hohen Eigenkapitalanteil von 29 Prozent, was bei Immobilien-Crowdfinanzierungen laut Stiftung Warentest eher unüblich ist. Insgesamt kalkulierten die Entwickler mit einem Finanzierungsbedarf von 7,5 Millionen Euro: 2,2 Millionen Euro sollten aus Eigenmitteln stammen, 4,8 Millionen Euro aus einem Bankkredit, der Rest aus den Geldern der Crowdanleger.
Allerdings zeigte sich im Verlauf, dass der tatsächliche Eigenkapitalanteil deutlich geringer war als ursprünglich angegeben. Nach Angaben von Zinsland.de habe der Projektentwickler nur rund eine halbe Million Euro eingebracht. Die Diskrepanz zwischen den ursprünglichen Finanzierungsangaben und der späteren Umsetzung sorgte bei den Anlegern für Irritationen und verstärkte den Eindruck mangelnder Transparenz.
Projekt fertiggestellt und verkauft — dennoch keine Rückzahlung an die Crowd-Investoren
Trotz der 2017 angemeldeten Insolvenz wurde der Bau abgeschlossen. Denn bereits während der Bauphase hatten die Projektgesellschaften das Vorhaben an den Immobilienfonds „MikroQuartier I“ der Luxemburger AviaRent Capital Management verkauft. Inzwischen gehört das Gebäude dem dänischen Pensionsfonds PFA Pension und wird unter dem Namen „Elevon Apartments“ betrieben. Die möblierten Wohnungen werden heute für Preise zwischen 869 Euro und 1.229 Euro monatlich vermietet – je nach Größe und Ausstattung.
Für die Kleinanlegerinnen und -anleger änderte der Verkauf am Ergebnis jedoch nichts. Als sogenannte Nachrangdarlehensgeber hatten sie vertraglich den schlechtesten Rang im Insolvenzfall. Das bedeutet: Rückzahlungen erfolgen erst, wenn alle vorrangigen Gläubiger vollständig bedient wurden – was in diesem Fall nicht möglich war. Die Insolvenzmasse reichte nicht aus, um die Forderungen der Crowd-Investoren auszugleichen. Vermutlich wurde das Insolvenzverfahren Ende 2019 abgeschlossen. Die betroffenen Anlegerinnen und Anleger erhielten keine Rückzahlung ihrer Investments, obwohl das Projekt am Markt erfolgreich verwertet wurde.
Finanzierungsstruktur weicht deutlich vom ursprünglichen Konzept ab: Vier Anleger klagen gegen den Projektentwickler
Einige der betroffenen Investorinnen und Investoren haben sich zusammengeschlossen und versuchen auf juristischem Weg, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Vier von ihnen reichten Klage gegen den verantwortlichen Projektentwickler Heinz Michael Groh ein, der auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der insolventen Projektgesellschaften war. Die vier Kläger investierten gemeinsam rund 400.000 Euro in die Finanzierung des Projekts. Sie werfen Projektentwickler Groh vor, in der auf der Plattform Zinsland.de veröffentlichten Projektbeschreibung irreführende Angaben zur Eigenkapitalquote sowie zur finanziellen Situation des Vorhabens gemacht zu haben.
Zudem sei das bereitgestellte Informationsmaterial nach Ansicht der Kläger in wesentlichen Punkten fehlerhaft gewesen. Das Landgericht München II wies die Klage jedoch in erster Instanz am 17. März 2025 ab. Der Richter sah keinen Betrugstatbestand und argumentierte, das Informationsmaterial sei nicht als Prospekt im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes zu werten. Auch die persönliche Verantwortung Grohs als Geschäftsführer wurde vom Gericht nicht anerkannt, da er sich darauf berief, finanzielle Details an einen Mitarbeiter delegiert zu haben.
„Finanzierungsangaben waren irreführend“ — Anleger schildert Sicht auf den Fall
Gegenüber ENTWICKLUNGSSTADT schilderte einer der betroffenen Anleger, Stefan K., seine Sicht auf den Fall. Er hatte sich im Rahmen des Crowdfundings mit insgesamt 37.500 Euro am Projekt „Luvebelle“ beteiligt und gehört zu den vier Anlegern, die Schadensersatzklage gegen den Projektentwickler Groh eingereicht haben. In seiner Stellungnahme betont K., dass aus seiner Sicht insbesondere die Angaben zur Finanzierung irreführend gewesen seien. Die Arplan Projektgesellschaft Alpha 1 GmbH hätte in den Informationsunterlagen zum Crowdfunding erklärt, es bestünden keine weiteren Verbindlichkeiten. Nach den Informationen aus der Insolvenzakte, die seine Anwälte einsehen konnten, sei dies jedoch nicht korrekt gewesen. Bereits kurz nach Baubeginn sei das Projekt an den Immobilienfonds „Fonds 2 AvR B Tempelhof Grundstücks Verwaltung GmbH & Co. KG“ der damaligen AviaRent Invest AG verkauft worden, zu einem Kaufpreis der seiner Ansicht nach mehr als kostendeckend gewesen wäre.
Das hatte für K. den Eindruck erweckt, dass die eingeworbenen Gelder der Kleinanleger für die Zwischenfinanzierung der Bauarbeiten bis zur Fälligkeit der nächsten Kaufpreisrate verwendet werden sollten. Da die Projektinformationen zum Crowdfunding zudem angaben, dass keine sonstigen Verbindlichkeiten bestünden und dass Eigenmittel des Projektentwicklers eingesetzt würden, hatte er das Ausfallrisiko der Nachrangdarlehen als relativ gering eingeschätzt. Hätte er von der tatsächlichen Finanzierungssituation des Projektes gewusst, hätte er – genau wie seine Mitkläger – kein Darlehen gewährt, wie er sagt. Der Anleger kritisiert zudem, dass Groh sich vor Gericht damit verteidigt habe, er sei über die finanziellen Details nicht informiert gewesen, habe sich auf die Aussagen eines Mitarbeiters verlassen und könne sich an diesbezügliche E-Mails, die in Kopie an ihn gegangen sind, nicht erinnern. Die Kläger um Stefan K. haben daher Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II eingelegt.
Der Fall „Luvebelle“ als Beispiel für Risiken im Immobilien-Crowdfunding
Das Beispiel „Luvebelle“ zeigt, welche Risiken auch bei vermeintlich gut abgesicherten Crowdfunding-Projekten bestehen. Dass der Insolvenzfall dennoch eintrat, überrascht viele Beobachter. Insbesondere die späte Kommunikation des Projektentwicklers gegenüber der Plattform und den Anlegern wirft Fragen auf. Die Insolvenz wurde erst publik, nachdem die Stiftung Warentest eine Anfrage an Zinsland.de gerichtet hatte. Anlegerinnen und Anleger, die über Nachrangdarlehen investieren, tragen das volle Risiko eines Zahlungsausfalls. Eine gesetzliche Regulierung für solche Finanzierungsmodelle gibt es in Deutschland bislang nur in begrenztem Umfang.
Der Fall markiert das erste bekannte Insolvenzverfahren bei einem Immobilien-Crowdfunding-Projekt in Deutschland. Die Forderung nach strengeren Transparenzpflichten und klareren rechtlichen Rahmenbedingungen bleibt aktuell. Während das Projekt „Luvebelle“ inzwischen abgeschlossen ist und die Apartments gewinnbringend vermietet werden, warten viele der ursprünglichen Investorinnen und Investoren weiterhin auf eine Rückzahlung ihrer Gelder.

Die 52 Mikroapartments an der Friedrich-Karl-Straße in Berlin-Tempelhof sind trotz der Insolvenz der Projektgesellschaften entstanden und werden heute möbliert zu Mietpreisen ab 869 Euro pro Monat angeboten. Die Einheiten verfügen über kompakte Wohnflächen zwischen 20 und 48 Quadratmetern, ausgestattet mit Duschbad, Pantryküche und Fußbodenheizung. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Die Friedrich-Karl-Straße gehört zum Stadtteil Tempelhof und liegt in der Nähe des U-Bahnhofs Ullsteinstraße südlich von Berlin. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
Quellen: Amtsgericht München, Stiftung Warentest, HEE Rechtsanwälte, GMS Ingenieurgesellschaft mbh, elevon- apartments