In Berlin-Friedrichshain sorgt das neue 140-Meter-Hochhaus “EDGE East Side” an der Warschauer Straße für Diskussionen: Während einige es als Lösung in Zeiten von Flächenknappheit ansehen, kritisieren andere es als Spekulationsobjekt. Mit amazon als Hauptmieter und ohne Wohnflächen prägt das Bürogebäude nun das Stadtbild Friedrichshains, doch der Einfluss auf das Viertel bleibt zumindest umstritten.

Das „EDGE East Side“ in Berlin-Friedrichshain ist, geliebt oder nicht, zu einer Art Landmarke geworden, denn das Gebäude ist weithin sichtbar. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Björn Leffler

 

In einer traditionell eher flachen Stadt wie Berlin wird – ebenfalls fast schon traditionell – über Sinn und Unsinn des Baus von Hochhäusern diskutiert. Hochhausprojekte werden von vielen Architekten und Stadtplanern als möglicher Ausweg aus der zunehmenden Flächenknappheit gesehen, die den Bau dringend benötigter Wohnungen immer schwieriger macht.

Andere sehen darin aber vor allem aufgeblasene Immobilien- und Spekulationsobjekte, die alles andere als nachhaltig sind, vor allem während der Bauphase, die naturgemäß einen erheblichen CO2-Fußabdruck hinterlässt.

Friedrichshains neues Wahrzeichen? Hochhaus “EDGE East Side”

Eines der am heißesten diskutierten Hochhausprojekte Berlins war der Bau des Gebäudes „EDGE East Side“, welcher in den vergangenen Jahren an der Warschauer Straße in Friedrichshain entstanden ist. Vor allem in den umliegenden Quartieren selbst wird der mittlerweile zumindest äußerlich fertiggestellte Neubau äußerst kritisch gesehen.

Denn das dominante Gebäude wird künftig vollständig als Gewerbeimmobilie genutzt, Hauptanker ist das US-Unternehmen amazon. So wurde das Gebäude zumindest in den unteren Etagen bereits mehrfach beschmutzt und mit Farbe beschmiert.

Der Neubau wurde bereits mehrfach mit Farbe beschmiert

Während der vierjährigen Bauzeit hat das verantwortliche Unternehmen EDGE Technologies nach eigener Aussage über 250 Unternehmen koordiniert und dabei ganz unterschiedliche Herausforderungen gemeistert.

So war es zu Beginn der Bauarbeiten von entscheidender Bedeutung, die Auswirkungen der Last des Büroturms, bei Fertigstellung etwa 100.000 Tonnen, auf das Fundament der Warschauer Brücke zu begrenzen.

Neues Hochhaus in Friedrichshain verfügt über 37 Etagen

Um zu verhindern, dass die Brücke während der Bauarbeiten absinkt und dabei beschädigt wird, verdichtete EDGE den Boden unterhalb des Fundaments der Warschauer Brücke mittels invasiver Zementsuspension und hob die Brücke vorübergehend an.

Beim Bau des 32. und 33. Stockwerks wurde nach Angaben der Projektverantwortlichen zum ersten Mal in Deutschland ein kohlenstoffarmer Beton verwendet, der die CO2-Emissionen im Vergleich zur Verwendung von herkömmlichem Beton um 50 Prozent reduzieren soll.

US-Unternehmen amazon zieht als Ankermieter im Gebäude ein

Das nun fertige Gebäude verfügt über 37 Etagen und eine Bruttogeschossfläche von insgesamt 80.500 Quadratmetern, von denen 65.000 Quadratmeter für Büroflächen nutzbar sind. Im Gebäude wurden keine Wohnungen realisiert, der Fokus liegt wie schon oben erwähnt vollständig auf einer gewerblichen Nutzung.

amazon möchte im Neubau seine 3.400 in Berlin beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterbringen und an einem Standort zentral bündeln. Der Neubau an der Warschauer Straße wird aber nur übergangsweise als höchstes Gebäude Berlins gelten, denn der in Neukölln im Bau befindliche Estrel Tower wird das Gebäude mit dann 176 Metern noch deutlich überragen.

Warschauer Straße: 140-Meter-Hochhaus dominiert das Quartier

Das Gebäude in Friedrichshain dominiert mit seiner Größe von 140 Metern den Stadtraum rund um die Warschauer Brücke und den Bahnhof Warschauer Straße, hat bislang aber nicht dazu geführt, dass die umliegenden Quartiere vollkommen ihren Charakter verloren hätten.

Auf dem angrenzenden RAW-Gelände ist auch weiterhin die lokale Party-Szene beheimatet, doch es ist nicht ausgemacht, dass dies auch künftig so bleibt. Das hat weniger mit dem Hochhaus „EDGE East Side“ zu tun, sondern mehr mit den Umbauplänen, die auf dem Areal an der Revaler Straße geplant sind.

Auf dem RAW-Gelände soll ein weiteres 100-Meter-Hochhaus entstehen

Auf dem Gelände soll nach Plänen des Eigentümers, der Kurth-Gruppe, ein weiteres Hochhaus mit einer Höhe von rund 100 Metern entstehen. Die Gestaltung der weiteren neuen Gebäude wird in  einzelnen Architekturwettbewerben definiert.

Der Großteil der bestehenden Gebäude soll erhalten bleiben, allerdings werden auch einige Gebäude abgerissen. So wird das “Astra Kulturhaus” weiterhin auf dem Gelände verbleiben, allerdings in einem Neubau ein neues Zuhause finden.

Von der Strandbar “Haubentaucher” werden nur die Außenwände erhalten bleiben. Stattdessen soll hier eine große Markthalle entstehen, die  sich durch Steinbögen zum Marktplatz öffnen soll. In den drei Geschossen darüber soll Platz für Gewerbe, Ausstellungen, Sportbereiche und weitere Nutzungen entstehen.

Friedrichshain: Das neue Gebäude “EDGE East Side” ist weithin sichtbar

Das „EDGE East Side“ ist, geliebt oder nicht, zu einer Art Landmarke geworden, denn das Gebäude ist weithin sichtbar und hat dem Stadtteil Friedrichshain – gemeinsam mit den neuen Hochhäusern im angrenzenden Quartier rund um die Uber-Arena – eine Art Skyline verpasst, die es so vorher nicht gegeben hat.

Direkt neben dem „EDGE East Side“ ist vor einigen Jahren auch das Hochhaus “Stream” fertiggestellt worden, welches immerhin über eine Höhe von 90 Metern verfügt und mittlerweile vom Unternehmen Zalando genutzt wird.

Hochhausprojekt “UPSIDE Berlin” ist noch immer unfertig

Weitere Hochhausprojekte sind zwischen Warschauer Straße und Ostbahnhof vorerst nicht geplant, bis auf das erwähnte Gebäude auf dem RAW-Gelände. Schließlich gibt es noch ein weiteres Hochhausprojekt, welches nicht fertiggestellt werden konnte und seit mehreren Jahren als eine Art Bauruine unweit der Uber Arena steht.

Die Rede ist vom Projekt “UPSIDE Berlin” (ehemals “Max und Moritz”), in dem ausschließlich Wohnungen entstehen sollten, vornehmlich Eigentumswohnungen. Bislang wurden aber lediglich die Sockelgebäude fertiggestellt und zum Teil auch schon bezogen. Doch in den Zwillingstürmen wird weiterhin nicht gebaut.

Wir haben uns im Quartier rund um die Warschauer Brücke einmal umgesehen und fotografisch festgehalten, wie das neue Hochhaus „EDGE East Side“ den Stadtraum an der Warschauer Straße prägt.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

An der Warschauer Brücke dominiert das 140-Meter-Gebäude den Stadtraum eindeutig. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Zwischen Warschauer Straße und Ostbahnhof sind in den vergangenen Jahren mehrere Hochhausprojekte entstanden, darunter das “Stream”, in dem heute das Unternehmen Zalando sitzt. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

Das Hochhausprojekt “UPSIDE Berlin” ist bislang nicht fertiggestellt worden und verkommt allmählich zur Bauruine. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

“FUCK EDGE”: Nicht überall in Friedrichshain hat das Bauprojekt an der Warschauer Straße Freunde. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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© Open Street Map

Quellen: RBB, OVG Real Estate, EDGE Technologies, Bjarke Ingels Group, Aukett & Heese, amazon, Zalando

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2 Comments

  1. […] von EDGE, erst gestern berichteten wir über das zumindest äußerlich bereits fertiggestellte 140-Meter-Hochhausprojekt “EDGE East Side”, welches an der Warschauer Straße entstanden […]

  2. M.Hillen 21. August 2024 at 14:34 - Reply

    Ästhetische Fragen scheinen bei der Genehmigung von Neubauten in Berlin leider keine Rolle zu spielen. Anders lässt sich die Existenz dieses unglaublich hässlichen Hochhauses nicht erklären. Überhaupt wird Berlin durch seine prominenten Neubauten selten schöner, meistens hässlicher. Das Humboldtforum mit seiner hässlichen Spreeseite zum Beispiel verschandelt die ganze historische Museumsinsel zu einem unansehlichen Ort, an dem keine rechte Freude mehr aufkommen mag.. Und das bei Baukosten von über 500 Millionen Euro. Das muss man erstmal schaffen. In Berlin, wo ästhetische Fragen anscheinend vollkommen irrelevant sind, kein Problem. Hässlich, hässlicher, Berlin!

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