Nach dem Tod von Margot Friedländer diskutiert Berlin über Formen des öffentlichen Gedenkens. In Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es unterschiedliche Pläne – von einer Straßenumbenennung bis zur Platzwidmung.

Vor dem Haus in der Skalitzer Straße 32 in Berlin-Kreuzberg erinnern Stolpersteine an Margot Friedländer, ihren Bruder Ralph und ihre Mutter Auguste Bendheim. Nun wird darüber diskutiert, Straßen und Plätze in Berlin nach Friedländer zu benennen. / © Foto: Wikimedia Commons, OTFW, Berlin, CC BY-SA 3.0

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© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, European Parliament, CC BY 2.0 

 

Die Skalitzer Straße in Berlin-Kreuzberg könnte in Zukunft den Namen der Holocaust-Überlebenden und Ehrenbürgerin Margot Friedländer tragen. Ein entsprechender Antrag wird derzeit in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg beraten. Auch die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, eine Umbenennung nach Ablauf der gesetzlichen Frist von fünf Jahren nach dem Tod der Namensgeberin zu prüfen.

Margot Friedländer, die am 9. Mai im Alter von 103 Jahren verstorben ist, lebte während der NS-Zeit in der Skalitzer Straße 32 mit ihrer Familie, bevor sie deportiert wurde. Die SPD begründet ihren Antrag mit der „herausragenden Bedeutung“ Friedländers für das demokratische Gemeinwesen. Eine Gedenktafel an ihrem früheren Wohnhaus soll ebenfalls installiert und gepflegt werden.

Erinnerungskultur versus Tradition: Skalitzer Straße in Kreuzberg auf dem Prüfstand

Die heutige Skalitzer Straße erhielt ihren Namen bereits 1868, in Anlehnung an die Schlacht bei Skalitz im Deutschen Krieg von 1866. Alexander Freier-Winterwerb von der SPD hält den historischen Bezug für wenig zeitgemäß. Eine Umbenennung in den Namen einer bedeutenden Holocaust-Überlebenden sei ein bewusstes Zeichen gegen Antisemitismus und für eine lebendige Erinnerungskultur.

Auch Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) zeigt sich offen für die Debatte. Sie betont jedoch, es dürfe kein Wettbewerb zwischen Bezirken entstehen. Vielmehr solle Berlin gemeinsam nach einem angemessenen Weg suchen, das Vermächtnis Margot Friedländers im Stadtraum sichtbar zu machen.

Parallelinitiative in Charlottenburg-Wilmersdorf: Platzbenennung am Ku’damm

Während in Kreuzberg noch über die Umbenennung debattiert wird, ist man in Charlottenburg-Wilmersdorf bereits einen Schritt weiter. Auf Antrag von CDU und Grünen beschloss die dortige Bezirksverordnetenversammlung, einen bislang namenlosen Platz in der Nähe des Kurfürstendamms zum „Margot-Friedländer-Platz“ zu benennen. Ziel ist es, die Widmung bereits zum ersten Todestag im Mai 2026 umzusetzen – also deutlich vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Fünfjahresfrist.

Die Antragsteller begründen ihren Vorstoß mit dem symbolischen Charakter des Ortes: Die Umgebung des Kurfürstendamms sei bis 1933 ein Zentrum jüdischen Lebens in Charlottenburg gewesen. Ein Platz an dieser Stelle könne Friedländers Leben und Wirken dauerhaft im öffentlichen Raum verankern.

Gedenken an Margot Friedländer: Mehrere Formen der Erinnerung im Gespräch

Margot Friedländer wurde 1944 nach monatelanger Flucht in Berlin verhaftet und ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Ihre Mutter und ihr Bruder wurden bereits 1943 in Auschwitz ermordet. Nach dem Krieg emigrierte sie in die USA, kehrte aber im hohen Alter nach Berlin zurück. Bis zuletzt engagierte sie sich in Schulen und öffentlichen Veranstaltungen gegen das Vergessen der NS-Verbrechen.

Der Berliner Senat äußerte sich bislang nicht konkret zu den Vorschlägen. Man wolle sich zunächst die Zeit für Trauer und Gedenken nehmen, ließ ein Sprecher mitteilen. Eine offizielle Entscheidung zur Umbenennung oder Platzwidmung steht daher noch aus – ebenso wie eine mögliche Koordinierung zwischen den Bezirken.

Quellen: RBB, Tagesspiegel

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