In Berlin stehen rund 120 Brückenbauwerke vor einer umfassenden Sanierung oder müssen vollständig ersetzt werden. Angesichts jahrzehntelanger Versäumnisse will die Landespolitik Planungsprozesse beschleunigen, doch Experten warnen vor einem Jahrzehnt voller Baustellen.

Das Bauwerk der Ringbahnbrücke muss aufgrund erheblicher Mängel vollständig erneuert werden und wird seit April abgerissen. / © Foto: IMAGO
© Foto: IMAGO / Jan Huebner
Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) hat angekündigt, stärker gegen langwierige Baustellen vorzugehen. Künftig sollen QR-Codes an allen Baustellen Informationen zu Zweck und Baufortschritt liefern. Zudem sei eine mobile Kontrolleinheit geplant, die Arbeiten auf Hauptverkehrsstraßen überprüfen soll, wie die Berliner Morgenpost berichtet.
Vorbild sei Hamburg, wo bereits Sensoren an Baustellen eingesetzt werden. Auch Berlin testet derzeit eine neue Koordinierungsplattform zur besseren Abstimmung mit Leitungsverlegern. Bonde will dadurch für mehr Transparenz und Effizienz sorgen und aufzeigen, wo Baustellen tatsächlich ruhen.
Zustand der Berliner Brücken alarmierend — Sanierungen in Milliardenhöhe geplant
Während auf Stadtstraßen neue Kontrollmechanismen eingeführt werden, rücken die Brückenbauwerke in den Fokus. Laut der Autobahn GmbH sind nur 61 Prozent der 260 Brücken, für die sie zuständig ist, in gutem Zustand. 50 Bauwerke müssten aktuell nachgemessen werden, teils könnten daraus Einschränkungen folgen.
Auch das Land Berlin selbst muss handeln: Laut Verkehrssenatorin Bonde sollen in den kommenden zehn Jahren 120 Brückenbauwerke saniert oder ersetzt werden. Das erfordere Investitionen von rund einer Milliarde Euro. Bonde räumte laut Berliner Morgenpost ein, dass der schlechte Zustand der Infrastruktur auf politische Versäumnisse der Vergangenheit zurückzuführen sei.
Senat beschließt beschleunigtes Verfahren für Ersatzneubauten und vereinfacht Haushaltsvorgaben
Um künftig schneller reagieren zu können, hat die Senatsverwaltung Anfang Juni ein beschleunigtes Verfahren für Ersatzneubauten beschlossen. Ziel ist es, Prüfzeiten deutlich zu verkürzen und überflüssige Verfahrensschritte zu streichen. Statt einer doppelten Prüfung reicht künftig eine behördliche Freigabe aus, das spart bis zu acht Monate.
Auch die Landeshaushaltsordnung wird angepasst. Für Ersatzbrücken gelten künftig gelockerte Ausführungsvorschriften, wodurch Planung und Genehmigung flexibler ablaufen sollen. Vorgesehen ist außerdem der verstärkte Einsatz modularer Bauweisen, wie sie aktuell etwa beim Umbau der Ringbahnbrücke im Westend erprobt werden.
A100-Ausbau ohne Verkehrskonzept: Bezirke warnen vor Engpässen und Ausweichverkehr
Die Herausforderungen beim Brückenerhalt zeigen sich auch entlang der Stadtautobahn A100. Ende August soll der 16. Bauabschnitt zwischen Neukölln und dem Treptower Park eröffnet werden – doch ein schlüssiges Verkehrskonzept fehlt bislang. Die benachbarte Elsenbrücke bleibt voraussichtlich bis Ende 2025 nur eingeschränkt nutzbar, was zu Engpässen führen dürfte.
Verkehrsstadträtinnen und Verkehrsstadträte sowie Bezirke warnen vor Ausweichverkehr durch Wohngebiete. Die Ampelsteuerung an der neuen Anschlussstelle werde derzeit noch geprüft, teilte die Verwaltung mit. Kritikerinnen wie Grünen-Politikerin Antje Kapek bemängeln eine autofixierte Planung mit langen Rotphasen für Fußgängerinnen und Fußgänger.
„Jahrzehnt der Baustellen“: Autobahn GmbH und Senat drängen auf koordinierte Gesamtplanung
Ronald Normann von der Autobahn GmbH sprach auf einer Veranstaltung des VBKI von einem „Jahrzehnt der Baustellen“ in Berlin. Er betonte, dass viele Brücken künftig ohne aufwändige Planungsverfahren ersetzt werden müssten – vor allem dort, wo keine Änderungen am Bestand nötig seien.
Bis Mitte August soll eine Gesamtplanung für das Berliner Autobahnnetz vorliegen. Nur so lasse sich verhindern, dass sich Sanierungsstau, Verkehrsprobleme und Planungsengpässe gegenseitig verstärken. Auch Senatorin Bonde betonte die Dringlichkeit – erklärte aber auch, dass viele Probleme erst jetzt sichtbar würden, weil sie zu lange aufgeschoben worden seien.
Quellen: Berliner Morgenpost, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Autobahn GmbH, Architektur Urbanistik Berlin, Wikipedia