Seit Jahren ist das Einheitsdenkmal vor dem Humboldt Forum eine Baustelle. Geplant als begehbare Wippe zur Erinnerung an die friedliche Revolution, steht bislang nur der Sockel. Verzögerungen, Insolvenzen und Streitigkeiten haben das Projekt erheblich belastet, die Kosten liegen inzwischen bei über 17 Millionen Euro.

Verzögerungen hat es beim Bau des Einheitsdenkmals in Berlin-Mitte in den vergangenen Jahren genug gegeben. Bis 2026 soll hier das Denkmal jedoch endlich stehen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
© Visualisierung Titelbild: Milla & Partner

 

Vor fast zwei Jahrzehnten fasste der Bundestag einen symbolträchtigen Beschluss: Ein Denkmal sollte an den friedlichen Umbruch von 1989 und die Wiedervereinigung Deutschlands erinnern. Geplant war eine große, begehbare Wippe auf dem Schlossplatz vor dem Humboldt Forum. Sie sollte Beteiligung und Bewegung symbolisieren.

Doch bis heute steht dort lediglich ein halbfertiger Sockel. Das eigentliche Herzstück – die 150 Tonnen schwere Wippe – lagert im Werk der inzwischen insolventen Firma Stahlbau Heinrich Rohlfing in Nordrhein-Westfalen. Ein Eröffnungstermin ist nicht in Sicht.

Insolvenzen und Genehmigungsstreit: Warum das Denkmal seit Jahren stillsteht

Die Ursachen für die jahrelangen Verzögerungen sind vielfältig. Ursprünglich war die Einweihung des Denkmals für 2013 geplant, später für 2019. Doch Genehmigungsprobleme, technische Uneinigkeiten und zuletzt die Insolvenz zweier beteiligter Firmen bremsten das Projekt immer weiter aus.

Neben dem Stahlbauunternehmen meldete auch das verantwortliche Planungsbüro Milla & Partner im Jahr 2024 Insolvenz an. Beide Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Solange die rechtliche und finanzielle Lage ungeklärt bleibt, kann der Bau nicht fortgesetzt werden.

Wirtschaftsprüfung soll Ursachen der Verzögerung und Mehrkosten klären

Das Bundeskanzleramt, das für das Projekt zuständig ist, hat auf die anhaltenden Schwierigkeiten reagiert. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer erklärte kürzlich gegenüber der BZ, dass das Denkmal nun endlich realisiert werden müsse. Um die Hintergründe der Verzögerungen aufzuarbeiten, wurde ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen eingeschaltet.

Die Hanseatische Prüfungs- und Beratungsgesellschaft (HPB) untersucht derzeit, wie es zu den Kostensteigerungen und Terminüberschreitungen kam. Ziel ist es, Klarheit über die wirtschaftlichen Abläufe und eine mögliche Fortführung zu gewinnen.

Kontroversen um Genehmigung und Gestaltung bremsen den Denkmalbau weiter aus

Auch die bauliche Umsetzung des Denkmals sorgt seit Jahren für Diskussionen. Die Firma Rohlfing argumentierte, dass es sich bei der Wippe um eine Maschine handele, die keiner klassischen Baugenehmigung bedürfe. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) widersprach – mit weitreichenden Folgen für den Zeitplan.

Zudem wurde das Denkmal in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Neben der Form sorgten vor allem die Betriebskosten für Kritik: Im Winter müsste die Wippe beheizt werden, um Rutschgefahr zu vermeiden. Trotzdem hält die Bundesregierung grundsätzlich an dem Projekt fest.

Zukunft des Denkmals ungewiss — Entscheidung hängt an Insolvenzverfahren

Bislang hat das Denkmalprojekt rund 17,8 Millionen Euro gekostet. Allein 12,6 Millionen Euro flossen in Planung, Sockelbau und juristische Verfahren. Der sichtbare Baufortschritt ist jedoch minimal. Der Schlossplatz bleibt eine unvollendete Baustelle im Zentrum der Hauptstadt.

Ob und wann die Wippe in Berlin aufgestellt wird, hängt vom Ausgang der laufenden Insolvenzverfahren ab. Erst danach kann entschieden werden, wie es weitergeht und wer die noch ausstehenden Kosten übernimmt.

Ziel bleibt die Fertigstellung bis 2026, doch Zweifel am Zeitplan bestehen weiterhin

Trotz der Rückschläge gibt es noch keine endgültige Absage. Die Bundesregierung hält an dem Ziel fest, das Denkmal nun voraussichtlich bis 2026 zu vollenden. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, ist allerdings fraglich.

Solange tragfähige Lösungen fehlen, bleibt das Projekt ein Beispiel für die Herausforderungen öffentlicher Großvorhaben – zwischen symbolischer Bedeutung, technischen Anforderungen und strukturellen Defiziten.

Quellen: Berliner Morgenpost, B.Z., Der Tagesspiegel, Westfalenblatt, Milla & Partner, Architektur Urbanistik Berlin, Heinrich Rohlfing GmbH, Pluta Rechtsanwälte

Tags (Schlagwörter) zu diesem Beitrag

11 Kommentare

  1. M.Hillen 26. Juni 2025 at 11:34 - Reply

    Ein verkopftes und hässliches Denkmal am falschen Ort, noch dazu unnötig teuer. Idiotisch und hässlich, das geht in Berlin immer…
    Ein simples und schönes Denkmal am Alexanderplatz, nein, das wäre ja zu naheliegend, zu logisch, zu wenig bescheuert…

  2. Franz 26. Juni 2025 at 18:38 - Reply

    Es ist wichtig, dass an den 9. November 1989 und die friedliche Revolution erinnert wird. Das geplante Kunstwerk ist aus meiner Sicht dafür geeignet. Es sollte schnell finalisiert werden. Es ist Zeit.

  3. Paul H. 26. Juni 2025 at 22:03 - Reply

    Ich kann M. Hillen nur zustimmen!
    Dass wird, wenn es denn in einigen Jahrzehnten fertig wird.
    Dass hässlichste Denkmal der Stadt und ein Denkmal was laufende Kosten verursacht, können nur deutsche Politiker gut finden.
    Außerdem ; Zitat: Trotzdem hält die Bundesregierung grundsätzlich an dem Projekt fest. Zitat Ende
    Da stellen sich bei mir die Nackenhaare auf. Denn die letzte Berliner Bauministerin sagte bei Amtsantritt sie wolle 100.000 Wohnungen in Berlin bauen. Fertig geworden sind nicht Mal 20.000. Aber sie hält am Ziel fest.
    Da schlägt man sich doch mit der Hand vor den Kopf bei solch, sinnlosen Politiker Äußerungen!!!

  4. Böhme 27. Juni 2025 at 00:39 - Reply

    Gut, im Ergebnis wird sich diese geballte Hässlichkeit nicht mehr verhindern lassen. Das fertiggestellte Werk, dessen „Lieferung“ allein die Insolvenz des Herstellers wie auch des – völlig unfähigen – Architektenbüros verhindert, hat mit dem ursprünglichen Entwurf der – völlig unfähigen – Architekten ja überhaupt nichts mehr zu tun. Der gewählte Entwurf war eine ganz schlanke „Wippe“ in „güldenem Glanz“. Damit hat man gutmütige, aber in ihrer Leistungsfähigkeit zweifelhafte Politiker wie Thierse et al. für den Entwurf gewinnen können. Das jetzt hergestellt Werk sieht eher wie ein halbierte Orden der kaiserlichen Majestät aus. Die „schlanke Eleganz“ fehlt völlig, herausgekommen ist eine fette Brosche aus dem ausgehenden 20. Jahrhundert, eine aufgebrochene Auster. Es ist mir auch bis heute nicht klar, wer diese Änderung des Ausgangsentwurfs durchgewunken hat. Auch die Geschichte um dieses Denkmal belegt nur eins: Deutschland als dystopischer Staat. Sarrazin hat sich mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“, veröffentlicht Anfang der 2000er, als herausragender „Augur“ des Abstiegs dieses Landes erwiesen. Denk‘ ich an Deutschland in der Nacht, …!

  5. Franz 27. Juni 2025 at 12:10 - Reply

    Heinrich Heine schrieb die von Ihnen zitierze Gedichtzeile im Exil – und gegen die konservativen, auto- und antidemoktaischen und nationalistischen Kräfte in Deutschland. Hat die Erinnerung an die friedliche Revolution von 1989 damit zu tun? Oder sollte mit der Wippe an dieser Stelle nicht viemehr auch das nationalistische Kaiserdenkmal, das sich hier vormals befand, weggekippelt werden können?

    • Böhme 28. Juni 2025 at 15:47 - Reply

      Naja, diese ihre Interpretation ist dann eine sehr einseitige – und kommt offensichtlich aus einer bestimmten politischen Warte! Heine war bekennender Anhänger eines Nationalstaates, wenn auch aus der Sicht der damaligen politischen Verhältnisse. Wilhelm I., der mit dem Denkmal gegenüber dem Hauptportal geehrt wurde, stand für die „Herstellung der deutschen Einheit“ durch Gründung des Kaiserreichs 1871, zu der er allerdings von Bismarck getragen werden musste. Diese Einheit wurde von den breiten Massen der Bevölkerung in allen Schichten getragen – als Antwort auf einerseits die deutsche Kleinstaaterei und andererseits die Großmannssucht der Briten wie auch vor allem der Franzosen. Heine hatte zuvor schon die Entstehung des französischen Nationalstaates begrüßt. Er war also durchaus dem „nationalistischen“ verbunden.

      • Franz 29. Juni 2025 at 19:22 - Reply

        Dem Patriotischen, nicht dem nationalistischen. Lesen Sie „Deutschland. Ein Wintermärchen.“

    • Böhme 28. Juni 2025 at 15:52 - Reply

      Ich hatte die conclusio vergessen: Beides waren also genommen Einheitsdenkmäler, wobei ich die Symbolik der „Einheitsschaukel“ bis heute nicht begriffen habe und begreife. Ich hätte gleichwohl nichts gegen dieses Denkmal an sich, halte allerdings den Standort für unsinnig, weil es dort völlig eingeengt steht. Ich hätte mir den Ursprungsentwurf in seiner aparten Schlankheit, mit einer deutlich kleineren Inschrift vor dem Reichstag direkt nahe der Heinrich-von-Gagern-Straße gewünscht – gewissermaßen als „Gegenüber“ zum Reichstag.

  6. Matt 27. Juni 2025 at 21:03 - Reply

    Schwimmbecken statt Wippe beheizen!

  7. Bärbel Schramm 30. Juni 2025 at 13:39 - Reply

    Mein ‚frommer‘ Wunsch ist, dass dieses ‚Denkmal‘ nie gebaut wird, vor allem nicht an dieser Stelle. Eine Wippe gehört auf einen Spielplatz. Vielleicht in den Plänterwald, wo sich die Leute dann neben Karussells auf der Wippe vergnügen können, während sie der so vorzüglich gelungen ‚Einheit‘ gedenken.

  8. Arne 4. Juli 2025 at 12:25 - Reply

    Mich würde interessieren, inwiefern die öffentlichen Auftraggeber die Insolvenz des Wippenherstellers und des Architekturbüros beeinflussten. Meine Vermutung: Der Staat zahlte bisher nicht wie vereinbart für die Leistungen. Und in der Folge gingen die beiden Unternehmen in Insolvenz.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..