Entsiegelung von Flächen: Um mit den Auswirkungen von Starkregenereignissen zukünftig effektiver umzugehen und um die lokale Wasserversorgung zu verbessern, will der Bezirk Berlin-Mitte spezielle Sickergruben um geeignete Gullys errichten. Insgesamt 7.200 „grüne Gullys“ sollen so entstehen. Rund 14.000 Parkplätze im gesamten Bezirk könnten dadurch wegfallen.
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Text: Björn Leffler
Die Bezirksstadträtin des Berliner Bezirks Mitte, Almut Neumann (Die Grünen) setzt sich seit mehreren Jahren für eine nachhaltige Stadtentwicklung und die Neuverteilung des öffentlichen Stadtraums ein. Vor allem die Reduzierung des Autoverkehrs lag in der Vergangenheit im Fokus ihrer politischen Tätigkeit.
So hatte sie erst im Oktober angekündigt, die Planung und Realisierung weiterer 24 Fahrradstraßen im kommenden Jahr forcieren zu wollen. Insgesamt zehn Kilometer neue Fahrradtrassen sollen in den Ortsteilen Mitte, Moabit, Wedding, Gesundbrunnen und Tiergarten entstehen.
Almut Neumann: Nachhaltige Politik, Ärger mit Autofahrern
So viel Engagement für nachhaltige Verkehrskonzepte bringt einem naturgemäß den Groll vieler Autofahrer ein, aber im Umgang damit sollte Neumann mittlerweile eine gewisse Routine entwickelt haben. Und es scheint sie nicht davon abzuhalten, in ihrer Rolle als Bezirksstadträtin für Ordnung, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen weitere nachhaltig orientierte Projekte voranzutreiben.
Sie selbst sagt, dass sie die Verkehrswende vorantreiben und die Verkehrssicherheit im Bezirk Mitte erhöhen will. „Außerdem will ich den öffentlichen Raum lebenswerter gestalten, etwa durch Kiezblocks und mehr Stadtgrün. In Zeiten der Klimakrise benötigen wir mehr Bäume und kluge Entsiegelungsstrategien für unseren Bezirk – dafür setze ich mich ein.“
Bezirk Berlin-Mitte will 150.000 m² Fläche entsiegeln
Ein weiteres Projekt will der Bezirk nun im kommenden Jahr beginnen. Dabei soll es um eine großflächige Entsiegelung von Straßenflächen gehen, genauer gesagt um die Flächen an bestehenden Straßengullys.
Langfristig will der Bezirk rund 150.000 Quadratmeter Fläche entsiegeln, wird im aktuellen Jahr aber nicht mehr als 5.000 Quadratmeter erreichen, was auch für Almut Neumann kein befriedigender Wert ist.
„Grüner Gully“: Sickergruben zur Wasserspeicherung
Um diese Zahl schnell nach oben zu treiben, soll mit einem Kniff gearbeitet werden, der sich „grüner Gully“ nennt. Als Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets zur Verbesserung der Wasserressourcen hat Neumanns Team diesen innovativen Vorschlag erarbeitet.
Demnach sollen in sämtlichen betroffenen Nebenstraßen im Bezirk Mitte spezielle Sickergruben um geeignete Gullys errichtet werden. Diese Gruben würden das kostbare Wasser vorübergehend sammeln und nur bei Starkregen in die Kanalisation leiten.
Berlin-Mitte: Lokale Wasserversorgung soll verbessert werden
Durch diese Maßnahme soll einerseits die lokale Wasserversorgung optimiert und andererseits das Kanalsystem entlastet werden. Auf diese Weise will die Bezirksstadträtin eine nachhaltige Lösung schaffen, um mit den Auswirkungen von Starkregenereignissen zukünftig effektiver umzugehen.
Oberstes Ziel sei es, Wasser in den Boden zu leiten. Berliner Hauptstraßen seien dafür laut Neumann eher ungeeignet, da dort zu viele Schadstoffe, zum Beispiel vom Autoreifenabrieb, in den Boden gelangen würden.
7.200 von 9.000 Gullys sind für nachhaltigen Umbau geeignet
Laut Berechnungen des Bezirksamts sind rund 7.200 der etwa 9.000 vorhandenen „Straßenabläufe“ im Bezirk für den vorgeschlagenen Umbau geeignet, wie Der Tagesspiegel berichtet. Ausgenommen wären lediglich die Abläufe an Kreuzungen und Einfahrten.
Um einen einzelnen Gully könnten etwa 25 Quadratmeter Fläche entsiegelt werden, was rund 10.000 Euro und den Verlust von zwei Parkplätzen pro Gully bedeuten würde, erklärte die grüne Stadträtin.
14.000 Parkplätze im Bezirk Mitte würden wegfallen
Dadurch würden dann insgesamt 14.000 Parkplätze im Bezirk Mitte wegfallen. Wieder eine Prognose, die den Autofahrern im Bezirk nicht gefallen dürfte. Zur Einordnung: Innerhalb des Berliner S-Bahnrings – das betrifft natürlich deutlich mehr Bezirke als nur Berlin-Mitte – stehen heute rund 230.000 Parkplätze zur Verfügung.
Der Vorteil der geplanten Maßnahme wäre jedoch enorm, wie Neumann veranschaulicht. Insgesamt könnten dadurch vier Millionen Quadratmeter Straßenfläche von der Kanalisation „abgekoppelt“ werden.
Diese einzelnen Sickergruben wären einfacher zu realisieren als ein umfassender Straßenumbau. Mit herkömmlichen Entwässerungsmethoden wäre eine solch große Fläche nicht zu erreichen.
Entsiegelungsprojekte gibt es auch in anderen Berliner Bezirken
Der Bezirk Mitte sei wohl der erste Berliner Bezirk mit einer solchen Entsiegelungsstrategie, sagte Neumann. Eine mögliche Entsiegelung soll künftig immer mitgedacht werden, zum Beispiel beim Bau von Fahrradstraßen.
Entsiegelungsprojekte gibt es allerdings in anderer Form noch in weiteren Berliner Bezirken. In Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel werden im Graefekiez dauerhaft Parkplätze in Grünflächen umgewandelt. Auch der Lausitzer Platz wurde in großem Umfang entsiegelt, um Beete und Grünflächen anzulegen.
Weitere Projekte in Mitte findet Ihr hier
Weitere Artikel über nachhaltige Projekte sind hier zu finden
Quellen: Bezirksamt Mitte, Wikipedia, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, berlin.de, BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Berlin e.V.
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