Im Rollbergkiez in Berlin-Neukölln schreiten die Entwicklungen rund um das Vollgut-Areal weiter voran. Die Genossenschaft Vollgut eG will ein ehemaliges Getränkelager der Kindl-Brauerei in einen vielfältigen Ort für soziale, kulturelle und gewerbliche Nutzungen verwandeln. Noch in diesem Jahr soll der Baustart erfolgen.

Architektonische Vision des Vollgut-Areals in Berlin-Neukölln: Die geplante Umnutzung zeigt vielfältige Nutzungseinheiten, Innenhöfe und gemeinschaftlich nutzbare Räume auf allen Ebenen. / © Vollgut eG
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Im Südwesten des Rollbergkiezes in Berlin-Neukölln plant die Vollgut-Genossenschaft die Transformation eines früheren Industrieareals in einen neuen sozialen Treffpunkt. Auf rund 40.000 Quadratmetern soll ein vielfältig nutzbarer Ort für soziale Einrichtungen, kreative Betriebe und kulturelle Akteure entstehen.
Das Gelände war einst Teil der Kindl-Brauerei und wurde als Getränkelager genutzt. Mit der Übergabe eines 99-jährigen Erbbaurechts durch die Stiftung Edith Maryon wurde ein zentraler Schritt hin zu langfristiger Sicherheit für das Projekt vollzogen. Die Stiftung stellt Grundstücke nicht zum Verkauf, sondern für gemeinschaftliche Nutzungen bereit.
Stiftungsprinzipien: Edith Maryon Stiftung entzieht Boden dauerhaft der Spekulation
Die Stiftung Edith Maryon arbeitet daran, Grund und Boden dem Markt zu entziehen – besonders in städtischen Zentren, wo steigende Grundstückspreise sozialverträgliche Nutzungen zunehmend verdrängen.
Ihr Ziel: Liegenschaften für gemeinschaftliches Wohnen, kulturelle Angebote, Bildungseinrichtungen oder biologische Landwirtschaft dauerhaft verfügbar machen. Grundstücke werden nicht verkauft, sondern über langfristige Erbbaurechte gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt.

Blick ins zweite Untergeschoss des ehemaligen Getränkelagers: In den weitläufigen Flächen sollen künftig Veranstaltungen und kulturelle Nutzungen Platz finden – bislang dominieren industrielle Strukturen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Die massive Bausubstanz und begrenzte Lichtverhältnisse machen kreative Umbaukonzepte erforderlich. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
Bauzeitplan der Vollgut-Initiative: Start der Umbauten für Ende 2025 vorgesehen
Die Vollgut-Genossenschaft wurde bereits 2023 gegründet. Nach mehreren Jahren der Vorbereitung und Planung rückt nun der Baustart näher. Die bauliche Umsetzung der Vollgut-Halle ist für Ende 2025 geplant, die Fertigstellung soll bis 2028 erfolgen.
Der Erhalt und die Sanierung des Bestands stehen dabei im Mittelpunkt. Trotz technischer Herausforderungen, etwa massiver Decken, geringer Belichtung und begrenzter Fluchtwege, soll möglichst ressourcenschonend gearbeitet werden. Großflächiger Abriss ist nicht vorgesehen. Stattdessen soll wie bei anderen Projekten des Projektentwicklers minimalinvasiv eingegriffen werden.
Ein internes Projektentwicklungs- und Projektsteuerungsteam der VOLLGUT eG übernimmt die Verantwortung für Planung, Sanierung und Umsetzung. Das Team hat bereits unter dem Namen TRNSFRM eG zwei benachbarte Projekte erfolgreich realisiert.
Vorbild in der Nachbarschaft: CRCLR-Haus zeigt zirkuläres Bauen im Bestand
Ein bereits realisiertes Nachbarprojekt verdeutlicht, wie gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung im Bestand gelingen kann. Das CRCLR-Haus wurde von TRNSFRM eG und Partnern auf dem Areal der ehemaligen Kindl-Brauerei umgebaut.
Die historische Fasslagerhalle wurde durch Einbauten und Aufstockungen zur Wohn- und Arbeitslandschaft umgestaltet. Zahlreiche Bauteile – von Holzresten bis zu 18 Meter langen Stahlträgern – wurden wiederverwendet. Heute beherbergt das Gebäude u.a. den Impact Hub mit Arbeitsplätzen für sozial und ökologisch engagierte Unternehmen.

Nachhaltiges Vorbild: Das CRCLR House als Nachbar auf dem Grundstück wurde ebenfalls durch TRNSFRM eG entwickelt – mit Fokus auf zirkuläres Bauen und Wiederverwendung von Baustoffen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTAD

Direkt angrenzend: Das Haus Alltag vereint soziale Träger und inklusives Arbeiten unter einem Dach. Wie beim Vollgut-Projekt stehen auch hier Nachhaltigkeit und Teilhabe im Fokus. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTAD
Nutzungskonzept der Hallen: Vielfältige Projekte ziehen ins Vollgut-Areal ein
Zu den künftigen Nutzern und Nutzerinnen zählen eine Kita, eine Filmschule, eine koreanische Markthalle, Werkstätten für humanitäre Arbeit, eine Boulderhalle sowie mehrere queere Archive. Auch der bereits vor Ort bestehende Club SchwuZ bleibt Teil des Standorts.
Die Mieter und Mieterinnen werden Genossenschaftsmitglieder, verwalten ihre Räume gemeinschaftlich und zahlen moderate Beiträge. Das Mietmodell zielt auf langfristige Stabilität und bezahlbare Gewerbemieten – vor allem für Projekte mit sozialem oder kulturellem Anspruch.
Stadtentwicklung neu gedacht: Gemeinwohlorientiertes Modell mit Perspektive
Das Vollgut-Areal soll, so wünschen es sich die Projektinitiatoren, kein isoliertes Leuchtturmprojekt bleiben. Vielmehr soll das Vorhaben Teil einer breiteren Bewegung für gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung sein.
Durch selbst verwaltete Strukturen, solidarische Mietmodelle und ökologische Baupraxis entsteht ein neuer Ort für Teilhabe, der auch ohne Konsum zugänglich bleibt. Gemeinsam mit benachbarten Projekten wie dem CRCLR-Haus oder dem Haus Alltag wird das Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei zu einem wichtigen Zukunftsort in Berlin-Neukölln.

Zwischennutzung mit Charakter: Der „Zuhause“-Kiosk belebt bereits heute das Areal – ein Beispiel für die nachbarschaftsnahe, partizipative Entwicklung des Vollgut-Projekts. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTAD

Es finden schon jetzt regelmäßige Veranstaltungen im Hof statt. Eine gute Möglichkeit den Ort zu beleben und Austausch zu fördern. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
Quellen: Vollgut, BauNetz Wissen, Deutschlandfunk, architektur-urbanistik.berlin, Bündnisses junger Genossenschaften