Am Alexanderplatz bahnt sich eine urbane Neuausrichtung an: Die Kaufhauskette Galeria soll in ihrem Gebäude bleiben, die ZLB könnte zusätzlich mit einziehen. Der geplante Umbau soll nun doch bei laufendem Betrieb erfolgen. Gleichzeitig verhandeln Commerz Real und der Berliner Senat über die Finanzierbarkeit eines Einzugs der Zentral- und Landesbibliothek im heutigen Warenhaus.

Mit der Integration der Zentral- und Landesbibliothek sowie einem nachhaltigen Handelskonzept verfolgt Commerz Real eine spannende Vision für Berlins östliches Zentrum. Auf dem Dach des Gebäudes sollen gastronomische Angebote entstehen. Doch die Finanzierung des Vorhabens ist noch nicht abschließend geklärt. / © Visualisierung: Commerz Real
© Visualisierungen: Commerz Real
Gestern berichteten wir in einem ausführlichen Artikel über die geplanten und bereits wachsenden Bauvorhaben am Alexanderplatz in Berlin-Mitte – und über eine potenzielle Umgestaltung der Platzfläche selbst. Eines der geplanten Projekte, welches am Alexanderplatz umgesetzt werden soll, ist der Umbau des bestehenden Galeria-Kaufhauses.
Bereits Ende 2024 hatten wir darüber berichtet, dass im heutigen Galeria Kaufhof am Alexanderplatz zukünftig neue Mieter einziehen könnten – im Gespräch war immer wieder unter anderem der Einzug der Zentral- und Landesbibliothek. Commerz Real, Eigentümerin des Gebäudes, hatte die Immobilien am Alexanderplatz kurz vor der Signa-Pleite teuer gekauft und will das Hochhausprojekt, welches direkt am Kaufhof-Gebäude realisiert wird, wie geplant zu Ende bringen.
Galeria Kaufhof am Alexanderplatz: Galeria-Kaufhof könnte doch bei laufendem Betrieb umgebaut werden
Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, sollte das Galeria-Kaufhaus am Alexanderplatz wohl bis Ende 2025 vorläufig schließen, damit das Gebäude ab 2026 umgebaut werden kann. Auf Anfrage von ENTWICKLUNGSSTADT bestätigte die Commerz Real Ende vergangenen Jahres noch diese Pläne – und betonte dabei, dass eine „nachhaltige und dauerhafte Einzelhandels-Lösung“ für die Zeit nach dem Umbau gefunden werden soll.
Commerz Real hatte ursprünglich angekündigt, das Gebäude am Alexanderplatz für rund zwei Jahre schließen zu müssen, um umfangreiche Umbaumaßnahmen vorzunehmen. Diese Pläne sorgten für erhebliche Unsicherheit unter den Beschäftigten, da zahlreiche Arbeitsplätze gefährdet schienen.
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey sprach sich für einen Galeria-Verbleib im Gebäude aus
In der Folge schaltete sich Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ein und sprach sich laut Medienberichten für einen Umbau bei laufendem Betrieb aus. Nach zuvor ungeklärten Mietverhältnissen wurde Galeria zunächst eine Nutzung des Gebäudes bis Februar 2026 eingeräumt.
Nun, so berichtet die Berliner Morgenpost, sei zwischen Galeria und Commerz Real eine entsprechende Einigung erzielt worden, bei der auch die Senatsverwaltungen für Kultur und Wirtschaft eine Rolle gespielt hätten. Sollte die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) in das Gebäude einziehen, soll der Umbau im laufenden Betrieb erfolgen – Galeria bliebe demnach durchgehend geöffnet.
Kaufhaus am Alexanderplatz: ZLB-Einzug rückt näher, ein Drittel der Fläche für Galeria
In vertraulichen Gesprächen hinter den Kulissen wurde auch ein mögliches Nutzungskonzept für das gesamte Gebäude entwickelt. Die Commerz Real AG hat dazu dem Vernehmen nach ein 21-seitiges Konzeptpapier unter dem Titel „Alexanderplatz der Zukunft – mit ZLB und Galeria“ erstellt. Darin ist von einem „gemeinsam abgestimmten“ Flächenprogramm die Rede.
Demnach verfügt das Warenhaus derzeit über etwa 36.000 Quadratmeter Fläche. Künftig soll Galeria rund ein Drittel davon, also etwa 12.600 Quadratmeter, weiterhin nutzen können. Im Erdgeschoss ist vorgesehen, dass Galeria den rückwärtigen Gebäudeteil bespielt, mit Zugängen über die Karl-Liebknecht-Straße und die Dircksenstraße.
Einzelhandel in Berlin-Mitte: Galeria soll Erdgeschoss und erstes OG weiterhin nutzen können
Auch das erste Obergeschoss soll vollständig durch Galeria genutzt werden. In den zweiten und dritten Etagen steht jeweils ein Drittel der Fläche zur Verfügung, während die übrigen Etagen überwiegend für die ZLB vorgesehen sind. Zusätzlich sollen im Erdgeschoss Flächen für kleinere Geschäfte und ein Café sowie ein kleiner Bereich für die ZLB eingeplant werden.
Mittes Bezirksstadtrat Ephraim Gothe favorisiert laut Morgenpost den Umzug der ZLB zum Alexanderplatz anstatt in die Friedrichstraße. Im Januar erteilte der Bezirk Mitte dem Immobilienunternehmen Tishman Speyer die entsprechende Baugenehmigung für den Umbau der einstigen Galeries Lafayettes.
Galeries Lafayette in der Friedrichstraße: Einzug der ZLB ist endgültig vom Tisch
Die Pläne, in diesem Gebäude den neuen, zentralen Standort der Berliner Zentral- und Landesbibliothek unterzubringen, sind seitdem unwiderruflich vom Tisch. Inzwischen, so erklärte Gothe, sei der entscheidende Bauauftrag vergeben worden, die Bauarbeiten hätten bereits begonnen.
Eine spätere Umnutzung zur Bibliothek würde nun einen Baustopp und ein neues Genehmigungsverfahren erforderlich machen, was aus Sicht des Bezirks nicht zur Diskussion steht. Stattdessen richte sich der Fokus nun auf einen möglichen Umzug der ZLB an den Alexanderplatz – vorausgesetzt, das Land Berlin kann eine tragfähige Finanzierung sicherstellen.
Berliner Senat und Commerz Real verhandeln über Finanzierung des ZLB-Einzugs am Alexanderplatz
Auch Gothe unterstützt dieses Vorhaben und bezeichnete es als „spannende Idee an einem der am stärksten frequentierten Orte Berlins“. Die Hausaufgaben hat nun der Berliner Senat zu erledigen, der die Finanzierung eines solchen Umzugs (samt Umbau des bisherigen Kaufhauses) stemmen muss.
Derzeit werden wohl mehrere Modelle diskutiert, die Verhandlungen zwischen Commerz Real und dem Senat laufen auf Hochtouren, doch noch scheint der Deal nicht in trockenen Tüchern zu sein. Die Neugestaltung des Alexanderplatz-Komplexes ist aus Sicht der Commerz Real als zentraler Bestandteil einer umfassenden Vision für den gesamten Alexanderplatz konzipiert.
Commerz Real: Alexanderplatz in „Kulturband“ mit Humboldt Forum, Alter Münze und Haus der Statistik integrieren
Ziel sei es, den Ort stärker in das umliegende „Kulturband“ aus Humboldt Forum, Alte Münze, Marx-Engels Forum und Haus der Statistik einzubinden. Das Projekt am Alexanderplatz soll sich also zu einem dynamischen Zentrum entwickeln, das Arbeit, Kultur und Shopping auf innovative Weise miteinander verbindet.
Im Einklang mit der langfristigen Investmentstrategie setzt das Konzept von Commerz Real und hausInvest auf eine Mischnutzung des Gebäudekomplexes aus Warenhaus und Bürohochhaus. Ob diese Vision tatsächlich Wirklichkeit wird, werden wohl die kommenden Monate zeigen. Am Alexanderplatz in Berlin-Mitte stehen die Zeichen weiterhin auf Wandel und Weiterentwicklung. Ein Trend, der für den kontrovers diskutierten Stadtraum im östlichen Zentrum Berlins wohl positiv bewertet werden kann.
Quellen: Commerz Real, Berliner Morgenpost, ECE Projektmanagement GmbH, DLE Land Development GmbH, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, GEWOBAG, Signa Real Estate, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Architektur Urbanistik Berlin, Immobilien Zeitung, Becken Development GmbH, Graft Architects, hausInvest
Das Konzept gefällt mir sehr.
Der Alexanderplatz sollte endlich ein Ort werden, an dem man gern verweilt und immer wiederkommt.
Dazu gehört die Begrünung der total versiegelten Fläche.
Eine weitere Totgeburt in der Stadt: Damit die ZLB dort Platz hat, muss die Galeria zwangsläufig auf Flächen verzichten. Aber dann funktioniert das Prinzip Kaufhaus nicht mehr. Dass ich da hin gehen kann und es wahrscheinlich ist, dass ich ich es auch bekomme. Das war durch eine meiner Meinung nach falsche Angebotsstrategie schon in den letzten Jahren immer weniger der Fall. Wenn das Kaufhaus nun weiter geschleift wird und noch durch eine für Kunden und Angestellte zermürbende Umbauphase durch muss, kann man sich wohl endgültig von diesem Traditionsstandort verabschieden. Ich wäre traurig.
Dem stimme ich zu.
Ich stimme dem ebenfalls zu! Im Übrigen scheint bei den Verantwortlichen die Haushaltslage immer noch nicht angekommen zu sein. Während die blödsinnige Idee, die ZLB ins ehemalige Galeries Lafayette umzuziehen, zuletzt angeblich knapp 600 Mio. Euro kosten sollte (und zwar mit Erwerb des Gebäudes), wobei man schon da nicht wusste, wo das Geld her kommen sollte, werden jetzt mindestens 700 Mio. Euro aufgerufen, und zwar, ohne dass das Gebäude erworben wird.
Und immer noch bleibt unbeantwortet, was mit der bisherigen ZLB in der Amerika-Gedenk-Bibliothek geschehen soll. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz (bisher hat mir keiner verraten, ob das auch für die Nutzungsart gilt). Für eine gewerbliche Umnutzung wird die bisherige ZLB nicht in Betracht kommen. Man müsste sich also eine Alternative der öffentlichen Nutzung suchen, heißt: Neben den bisherigen Kosten für die ZLB, die dann künftig für die Nutzung am Alexanderplatz aufzuwenden sind, muss weiterhin der bisherige Standort finanziert werden. So flink geht Haushaltssanierung in Berlin: Aus einer riesigen Kostenstelle machen wir jetzt deren zwei – der doofe Steuerzahler wird’s schon zahlen bzw. über kurz oder lang muss das zu Kürzungen an anderer Stelle vorrangig im Kulturhaushalt führen.
Ganz nebenbei ist die Idee der Commerzbank, den Zugang zu Galeria Kaufhof vom Alexanderplatz in die Dirksenstraße als Seitenstraße und die dem Alexanderplatz abgewandten Gebäudeseite in der Karl-Liebknecht-Straße zu verlegen, grotesk. Das ist dann erst Recht der schleichende Abstieg Galeria Kaufhofs. M. E. will die Commerzbank über kurz oder lang Kaufhof loswerden, weil sie mit kleinteiligen Einzelvermietungen mehr Geld generieren kann als einer Großvermietung, der darüber hinaus auch noch wirtschaftlicher Dauerwackelkandidat ist.