Auf einem rund 21 Hektar großen Areal in Berlin-Johannisthal soll ein neues Quartier mit Wohnungen für rund 5.000 Menschen entstehen, entwickelt vom Land Berlin und vom Projektentwickler Bauwert AG. Die Regierungskoalition ist sich jedoch über die geplante Zahl der Sozialwohnungen und Fragen des  Denkmalschutzes uneins. Die Zeit für eine Einigung drängt, da der Ankauf der Entwicklungsflächen bis Jahresende abgeschlossen werden muss.

Auf diesem Areal in Berlin-Johannisthal soll das neue Wohnquartier mit rund 1.800 Wohnungen entwickelt werden. Beteiligt sind das Land Berlin und der private Immobilienentwickler Bauwert AG. / © Foto: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

© Visualisierungen & Fotos: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Text: Henriette Schubert

 

Im Entwicklungsgebiet Adlershof soll neuer Wohnraum für rund 5.000 Berlinerinnen und Berliner entstehen. Ein bereits mehrere Monate andauernder Streit der rot-grün-roten Koalition könnte dieses Vorhaben jedoch verhindern. Für eine Umsetzung nach Plan muss noch vor Weihnachten eine für alle Seiten denkbare Einigung gefunden werden. 

Zwischen dem Segelfliegerdamm, dem Groß-Berliner Damm sowie der Gerhard-Sedlmayr-Straße liegt das rund 21 Hektar große Areal, welches als Baugrund für ein neues Quartiersprojekt dienen soll. Es bildet die letzte große, unentwickelte Fläche im Entwicklungsgebiet Adlershof im Südosten Berlins und befindet sich derzeit noch in privatem Besitz. 

Berlin-Adlershof: Stadt kauft 10 Hektar Baugrund für Bauvorhaben

Bereits im Jahr 2016 schloss das Land Berlin mit dem zuständigen Bauträger Bauwert, welcher das Areal ebenfalls entwickeln möchte, einen städtebaulichen Vertrag. Der damalige Stadtentwicklungssenator und Vorgänger von Andreas Geisel (SPD), Sebastian Scheel (Die Linke), handelte daraufhin einen Kaufvertrag aus, der zwischen der Erbengemeinschaft Müller sowie dem Immobilienentwickler Bauwert geschlossen wurde.

Informationen zufolge soll damit der Ankauf von vier Teilflächen für 47,8 Millionen Euro durch das Land Berlin vorgesehen sein. So ergibt sich eine Fläche von insgesamt 113.000 Quadratmetern (rund zehn Hektar), die von der Stadt entwickelt werden können. 

Quartier Johannisthal: Erwarteter Gewinn durch großzügige Gewerbeflächen

Die Planungen sahen eine gewerbliche Nutzung für sechs Hektar des Areals vor, welche durch das landeseigene Unternehmen Wista Management GbmH entwickelt und auch vermarktet werden soll.

Hiervon verspricht sich das Land Berlin innerhalb der nächsten 60 Jahre Einnahmen in Höhe von mindestens 150 Millionen Euro. Eine Teilfläche von zweieinhalb Hektar auf dem ehemaligen Gewerbegrund soll für den Wohnungsbau vorgehalten werden. Etwa 500 kommunale Wohnungen sollen hierdurch entstehen und durch Grünflächen, Spielplätze und Erschließungsstraßen ergänzt werden.

Bebauungsplan: Fraktion kritisiert geplante Nutzung des Grundstücks

Im Sommer dieses Jahres wurde der erstellte Bebauungsplan durch den Senat beschlossen und bildete die Grundlage für den geschlossenen Kaufvertrag, sodass eine Bebauung des Brachgeländes möglich gemacht werden sollte.

Widerstand bei Linken und Grünen in der Regierungskoalition führte jüngst jedoch dazu, dass der von Andreas Geisel vorgelegte Plan abgelehnt wurde. Die Fraktionsparteien kritisierten, dass zu wenige Sozialwohnungen in das Vorhaben integriert worden seien.

Auch der Denkmalschutz für die teilweise historischen Hallen auf dem Areal käme in den Plänen zu kurz, denn das Grundstück weist eine bewegte Vergangenheit auf. Der Unternehmer Arthur Müller eröffnete hier im Jahr 1909 den ersten zivilen Motorflugplatz in Berlin. Während der DDR-Zeit wurde das Areal schließlich von der VEB Kühlautomat genutzt.

Nachverhandlungen für mehr landeseigene Sozialwohnungen

Die Koalitionsparteien steckten also noch einmal die Köpfe zusammen, um über die Entwicklung des Areals zu sprechen. Die bereits geführten Nachverhandlungen deuten immerhin eine durchaus positive Entwicklung an.

Wie der Grünen-Abgeordnete Julian Schwarze mitteilte, habe man bereits erreichen können, dass der Anteil von Sozialwohnungen von ursprünglich geplanten zwölf Prozent auf etwa 25 Prozent angehoben werden soll. Rund 450 Sozialwohnungen sollen damit zukünftig im neuen Quartier entstehen. Etwa 70 Prozent dieser Wohnungen werden zudem der Sozialbindung unterliegen, denn sie gehen an die landeseigene DEGEWO über. 

Weitere Sozialwohnungen auch für privat entwickelte Teile des Quartiers

Weitere Änderungen sind auch für das Areal des Kölner Projektentwicklers Bauwert vorgesehen. Von den hier geplanten 1.300 Wohnungen sollen etwa 100 Wohnungen ebenfalls zu Sozialwohnungen werden.

Der Bebauungsplan sieht für das Wohngebiet vornehmlich fünf- bis sechsgeschossige Gebäude vor, die sich zum angrenzenden Landschaftspark auflockern sollen. Neben begrünten Innenhöfen innerhalb der Gebäudeblöcke sollen auch kleine Läden und Gastronomie das Quartier bereichern.

Zugeständnis für Denkmalschutz: Erhalt von historischer “Halle 4” wird angestrebt

Unterdessen zeigt sich auch Hoffnung im Streit bezüglich der auf dem Areal befindlichen, historischen Hallen, deren maroder Zustand eine Erhaltung in vielen Fällen unmöglich macht. Die aktuell in der Diskussion stehende “Halle 4” soll jedoch erhalten bleiben.

Ursprünglich war ein Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes sowie ein anschließender Neubau in gleicher Kubatur der 140 Meter langen und 30 Meter breiten Halle geplant. Dies soll nach aktuellem Planungsstand nun nicht so umgesetzt werden.

Daniela Billig, Sprecherin für Kultur und Denkmalschutz in der Grünen-Fraktion, erkennt zwar an, dass es schönere Hallen als diese gäbe, ihre bewegte Historie, die sich an den Mauern ablesen ließe, mache einen Erhalt jedoch lohnenswert.

Ehemalige Produktionshalle wird zur Kita für 140 Kinder umgebaut

Viele Gebäude mit historischem Zeugnis seien in der Hauptstadt bereits abgerissen worden. Inzwischen hat Bauwert jedoch zugesichert, sich die Halle mit einem Experten für Restaurierung nochmals anzusehen.

Die gläsernen Oberlichter der Halle würden eine Nutzung für die Nahversorgung optimal machen, was an dieser Stelle ohnehin vorgesehen sei, wie Billig ergänzt. Auch eine andere Halle auf dem Gelände kann überdies erhalten bleiben. Die ehemalige Produktionshalle soll zu einer Kindertagesstätte für etwa 140 Kinder umgebaut werden. 

Zeitnot: Fristen drängen auf rasche Einigung noch in diesem Jahr

Da geschlossene Fristen jedoch auf eine rasche Einigung drängen, wird es am kommenden Montag eine Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses geben.

Damit das Land Berlin die Fläche kaufen kann, galt ursprünglich die Frist bis zum 17. November 2022. Wie Martin Pallgen, Sprecher von Andreas Geisel (SPD), mitteilte, wurde diese Frist jedoch bis kurz vor Weihnachten dieses Jahres verlängert.

Die Sondersitzung soll nun dazu beitragen, dass der bis dahin entwickelte Bebauungsplan als Basis für einen notwendigen Beschluss dienen kann, der auf der letzten Sitzung des Parlaments vor Weihnachten am 15. Dezember gefällt werden soll. Für den so dringend benötigten Wohnungsbau wäre dies eine wichtige Weichenstellung.

 

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Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Berliner Morgenpost, Bauwert AG, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Bezirksamt Treptow-Köpenick

 

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