Im Reuterkiez in Berlin-Neukölln bleibt die Verkehrsberuhigung bestehen. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte das umstrittene Verkehrskonzept mit messbarem Erfolg: Die Unfallzahlen sind deutlich gesunken.

Das Oberverwaltungsgericht hat Mitte Juni 2025 die Verkehrsberuhigung im Reuterkiez bestätigt. Seit der Umsetzung Ende 2023 ist die Zahl der Unfälle laut Bezirksauswertung spürbar gesunken – ein sichtbarer Erfolg für mehr Sicherheit im Straßenverkehr. / © Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT

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Im Berliner Bezirk Neukölln hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass die verkehrsberuhigenden Maßnahmen im Reuterkiez rechtmäßig sind. Damit bestätigte das Gericht eine frühere Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin und stärkte die Position des Bezirksamts, das seit Ende 2023 Poller, Einbahnstraßen und Durchfahrtsverbote installiert hatte. Ziel des Konzepts ist es, den Durchgangsverkehr aus dem Wohngebiet herauszuhalten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Laut Bezirksamt ist die Zahl der Verkehrsunfälle im Reuterkiez seit Umsetzung des Konzepts um rund 40 Prozent gesunken. Auch die Zahl der Verletzten hat sich stark reduziert. Wurden 2023 noch 36 Leicht- und 6 Schwerverletzte registriert, waren es 2024 nur noch 16 Leichtverletzte – Schwerverletzte gab es keine. Die Schadenssumme halbierte sich. Bezirksstadtrat Jochen Biedermann erklärte, die Entscheidung des Gerichts belege, dass das Konzept wirke: Der Durchgangsverkehr habe abgenommen, die Sicherheit im Straßenverkehr sei spürbar gestiegen.

Rechtssicherheit für das Verkehrskonzept: Gericht bestätigt umfassende Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung im Reuterkiez

Das Verkehrskonzept wurde in einem mehrstufigen Beteiligungsverfahren mit der Anwohnerschaft erarbeitet. Es verfolgt das Ziel, den Kfz-Durchgangsverkehr von Neben- auf Hauptstraßen zu lenken, gefährliche Kreuzungen zu entschärfen und bessere Bedingungen für Fuß- und Radverkehr zu schaffen. Zu den Maßnahmen zählen modale Filter wie Diagonalsperren und Poller, Einbahnstraßenregelungen sowie Querungshilfen. Die Notfallversorgung durch Feuerwehr und Rettungsdienste bleibt gewährleistet.

Zwei Anwohner und ein Verkehrsteilnehmer hatten gegen die Maßnahmen geklagt. Sie sahen keine besondere Gefahrenlage und warfen dem Bezirksamt vor, überzogen gehandelt zu haben. Das Oberverwaltungsgericht wies diese Argumentation zurück. Es stellte klar, dass die Maßnahmen als Gesamtpaket zu betrachten seien und nicht für jede Straße einzeln eine Gefahrenlage nachgewiesen werden müsse. Das Bezirksamt habe im Rahmen seines Ermessens gehandelt und die Belange der Antragsteller ausreichend berücksichtigt. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Langfristiger Umbau im Reuterkiez: Bezirksamt plant neue Maßnahmen für mehr Sicherheit und Aufenthaltsqualität

Das bestehende Maßnahmenpaket im Reuterkiez soll schrittweise weiterentwickelt werden. Das Bezirksamt plant unter anderem bauliche Veränderungen wie Gehwegvorstreckungen an Kreuzungen, um die Sichtbeziehungen zu verbessern und das Überqueren sicherer zu machen. Ergänzend dazu sind Aufpflasterungen vorgesehen, die den motorisierten Verkehr zusätzlich abbremsen sollen. Ziel ist ein verkehrsberuhigter, klimaresilienter Stadtraum, der die Aufenthaltsqualität für alle erhöht.

Der Umbau des Reuterkiezes ist als langfristiger Prozess angelegt. Das Bezirksamt will die Entwicklungen im Quartier weiterhin beobachten und bei Bedarf zusätzliche Schritte umsetzen. Die Umsetzung der baulichen Maßnahmen hängt dabei von Planung, Finanzierungsrahmen und technischer Machbarkeit ab. Anwohnerinnen und Anwohner sollen regelmäßig über den Stand der Dinge informiert werden.

Auch andere Bezirke setzen auf Kiezblocks — trotz politischem Gegenwind

Während im Reuterkiez ein gerichtliches Urteil Rückenwind für die Verkehrsberuhigung bringt, zeigen auch andere Berliner Bezirke, dass der politische Wille zur Umsetzung von Kiezblocks weiterhin besteht. In Treptow-Köpenick und Pankow werden trotz Förderstopps durch den Senat neue Projekte vorbereitet und bestehende Vorhaben weiterverfolgt.

Der Konflikt zwischen Landes- und Bezirksebene macht deutlich: Die Diskussion um Kiezblocks ist längst zu einem Symbol für die Richtung der Berliner Verkehrspolitik geworden. Wie sich die Maßnahmen in den kommenden Monaten entwickeln, bleibt abzuwarten.

Quellen: Bezirksamt Neukölln, Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, rbb, Tagesspiegel