Asbestfunde, offene Schuttberge und Kritik an der Informationspolitik: Der Umbau des Jahnsportparks in Prenzlauer Berg entwickelt sich zum stadtpolitischen Reizthema. Der Berliner Senat hat nun eine Erklärung zur Entsorgung der asbestbelasteten Elemente veröffentlicht – und verweist auf rechtliche Vorgaben.

Ein neues Stadion entsteht – doch der Streit um Asbestfunde im alten Cantianstadion überschattet das Projekt. Die Bürgerinitiative spricht von Gesundheitsgefahren und mangelnder Aufklärung durch die Senatsverwaltung, die widerspricht in einem öffentlichen Statement. / © Foto: IMAGO / Rolf Zöllner
© Fotos: IMAGO / Rolf Zöllner
In der vorletzten Woche berichteten wir, dass der Berliner Senat den Entwurf für den Bebauungsplan des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks beschlossen hat. Geplant ist ein neues Stadion mit 20.000 Plätzen, ergänzt durch eine Sporthalle, ein Begegnungszentrum und mehrere Sportflächen. Der Entwurf geht nun zur Beratung ins Abgeordnetenhaus.
Laut Bausenator Christian Gaebler (SPD) soll die bestehende Gymnastikwiese teilweise erhalten bleiben, ebenso eine Platanenallee. Das Projekt sei mit dem Artenschutz vereinbar. Die Zahl der Bäume auf dem Gelände werde demnach um 38 zunehmen. Doch die breite Öffentlichkeit und vor allem die Anwohnerinnen und Anwohner interessieren sich derzeit eher für die Auswirkungen des laufenden Abrisses unweit der Schönhauser Allee.
Offene Schuttberge und fehlende Einhausung: Initiative kritisiert unzureichende Schutzmaßnahmen
Denn Anfang 2025 wurde im Schutt der Osttribüne „schwach gebundener Asbest“ festgestellt. Während das Bezirksamt zum Zeitpunkt des Fundes betonte, von der Substanz gehe keine Gefahr für die Öffentlichkeit aus, äußerte die „Bürgerinitiative Jahnsportpark“ schnell Bedenken hinsichtlich einer akuten Gefährdung, weil die Fasern leicht freigesetzt werden könnten. Sie kritisierten, dass die Abrissarbeiten trotz dieser Risiken zunächst fast zwei Monate ohne ausreichende Staubschutzmaßnahmen liefen.
Ende April zeigten sich die ersten sichtbaren Reaktionen. Arbeiterinnen und Arbeiter bedeckten die Schuttberge plötzlich mit Planen, trugen Schutzanzüge und Atemmasken. Für die Anwohnerschaft sei dies ein beunruhigendes Zeichen gewesen. Die Bürgerinitiative sprach von einer intransparenten Informationspolitik und reichte Strafanzeige gegen die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen ein. Parallel wurde eine Beschwerde bei der Umweltverwaltung eingereicht.
Medienberichte über Asbest-Belastung beim Abriss des Cantianstadions in Prenzlauer Berg
Die Berliner Morgenpost veröffentlichte in der vergangenen Woche einen Artikel, bei dem von „Asbest-Chaos“ die Rede war und in dem mehrere besorgte Anwohnerinnen und Anwohner zu Wort kommen. Senatsexperten vermuten demnach, dass beim Bau des Stadions zu DDR-Zeiten unsachgemäß gearbeitet wurde. Nachdem eine Bürgerinitiative Strafanzeige gegen die Senatsverwaltung erstattet hat, bemüht sich diese um Beruhigung.
Der Vorwurf: kontaminierter Bauschutt sei unter freiem Himmel gelagert, unzureichend gesichert und Schutzmaßnahmen seien vernachlässigt worden. Die Verwaltung entgegnet, alle gesetzlich vorgeschriebenen Vorkehrungen zur Zwischenlagerung eingehalten zu haben – darunter das Abdecken mit Planen, der Einsatz von Schutzanzügen und Staubmasken sowie Staubbindung durch Wassernebel.
Berliner Senat veröffentlicht Erklärung zur Asbest-Entsorgung am Jahnsportpark
Anschließend sah sich der Berliner Senat offenbar genötigt, eine offizielle Pressemitteilung zum Thema Asbest-Entsorgung im Jahnsportpark zu veröffentlichen. Dort versichert die Senatsverwaltung, dass in den aufgehäuften Schuttebergen keine Asbestrest enthalten seien.
So heißt es in der Mitteilung wörtlich: „Bei den Funden handelt es sich um Asbestbaustoffe, die vermutlich im Zuge der Errichtung des Gebäudes (1986/87) illegal im Gebäude „entsorgt“ wurden. Es ist zu vermuten, dass überschüssiges Asbestmaterial (aber auch andere Baustoffe) in diverse Hohlräume verfüllt bzw. verkippt wurden. Dies war bei den Voruntersuchungen nicht feststellbar. Gegenwärtig sind auf dem Baustellengelände mehrere Bauschutthaufen vorhanden. In den nicht abgedeckten Haufen gibt es keine Asbestfunde.“
Senatsverwaltung: Keine Asbestfunde in den aufgehäuften Schuttbergen in Prenzlauer Berg
Das einzige asbesthaltige Haufwerk auf dem Gelände sei demnach gemäß den Vorgaben des Landesamts für Arbeitsschutz mit faserdichten Planen abgedeckt, um eine Freisetzung von Faserstäuben zu verhindern. Die Umsetzung der Schutzmaßnahmen entspräche dem Stand der Technik und werde täglich kontrolliert, um sowohl die Arbeiter als auch die Bevölkerung wirksam zu schützen, so der Senat.
Das Gesamtvolumen des kontaminierten Bauschutts wird auf rund 1.300 Kubikmeter geschätzt. Der gesicherte Bauschutthaufen bestehe zu 99,9 Prozent aus Betonabbruch und Stahl, heißt es. Der Anteil an Sokalit-Platten – einem schwach gebundenen Asbestbaustoff – liege also nur bei etwa 0,1 Prozent. Damit beträgt der tatsächliche Asbestgehalt zwischen 1 und 7 Promille.
Senatsverwaltung: Rechtliche Sicherheitsvorgaben werden eingehalten
Der gesetzliche Schwellenwert für die Einstufung als „gefährlicher Abfall“ wird damit laut Berliner Senat unterschritten. Gleichwohl handele es sich gemäß der Vollzugshilfe „LAGA M23“ (Stand: November 2022) um „asbesthaltigen Abfall“, da im Material sichtbare Asbestbruchstücke enthalten seien.
Weiter heißt es in der Erklärung: „Die Abdeckung des Haufwerks mit Planen entspricht demnach allen Sicherheitsstandards. Für die weiteren Schritte, insbesondere die Verpackung und Entsorgung wurden Hinweise aufgenommen und in das Entsorgungskonzept eingearbeitet, um auch weiterhin die Sicherheit auf höchstem Maße zu gewährleisten.“ Der Senat möchte damit offenbar die derzeit vorherrschende Diskussion um die Asbestfunde und die entsprechende Lagerung beruhigen.
Zwei DDR-Flutlichtmasten im Jahnsportpark sollen gesprengt werden
Der Abriss des einstigen Stadions läuft derweil weiter. Zwei der vier Flutlichtmasten des alten Stadions sollen im Herbst 2025 gesprengt werden. Der Tagesspiegel berichtete kürzlich, dass die Senatsverwaltung auf Anfrage von Grünen-Abgeordneten die geplante Sprengung mitteilte. Die Sprengung sei laut Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt die wirtschaftlichste und zugleich schonendste Lösung – obwohl sich das Stadion mitten in einem dicht besiedelten Gebiet befindet.
Die übrigen beiden Masten sollen versetzt und in das neue Areal integriert werden. Der Zeitpunkt der Sprengung liegt voraussichtlich zwischen dem dritten und vierten Quartal 2025. Kritiker fordern, die Masten als bauliche Zeugnisse der DDR-Zeit zu erhalten.
Im Video: Der Abriss des Cantianstadions im Jahnsportpark aus der Luft
Quellen: Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin, Bürgerinitiative Jahnsportpark, NaturFreunde Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, LOR Landschaftsarchitekten, Verein Pfeffersport, Bürgerverein Gleimviertel, rbb, Tagesspiegel, Berliner Zeitung