Das Ringen um das letzte große Baufeld am Gleisdreieck erreicht die nächste Stufe. Mit dem Bebauungsplan für die „Urbane Mitte Süd“ treibt der Senat die Transformation des innerstädtischen Areals entschlossen voran. Dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der das Projekt kritisch sieht, bleibt nur die Zuschauerrolle.

Vom Bahnareal zum Stadtquartier: Die „Urbane Mitte“ soll 119.000 Quadratmeter neue Stadt realisieren. Doch zwischen Bürgerprotesten, leerstehenden Büros und vertraglichen Pflichten steht das Projekt unter großem Druck. / © Visualisierung: O&O Baukunst / Realace GmbH
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Das Ringen um die Realisierung des Hochhausprojekts „Urbane Mitte“ im Park am Gleisdreieck geht in die nächste Runde – und der Berliner Senat hat das Tor für eine Realisierung weit aufgestoßen. In einer offiziellen Pressemitteilung teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen mit, dass der Bebauungsplan für den südlichen Teil des Geländes beschlossen worden sei.
So heißt es wörtlich: „Der Senat von Berlin hat heute auf Vorlage des Senators für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Christian Gaebler, den eingebrachten Bebauungsplanentwurf VI-140cab für die Urbane Mitte Süd beschlossen. Es handelt sich um eine Teilfläche, die an den Park am Gleisdreieck im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg angrenzt. Durch den Bebauungsplan, der nun dem Abgeordnetenhaus von Berlin zur Zustimmung vorgelegt wird, werden die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Bauvorhaben Urbane Mitte Süd geschaffen.“
Hochhausprojekt „Urbane Mitte“: Senat beschließt Bebauungsplan für südlichen Teil des Vorhabens
Bereits 2005 hatte das Land Berlin mit der Grundstückseigentümerin einen städtebaulichen Rahmenvertrag zur Entwicklung des Gleisdreiecks abgeschlossen. Dieser umfasste vier Baufelder – Flottwellpromenade, Yorckdreieck, Möckernkiez und Urbane Mitte – die rund um den heutigen Park am Gleisdreieck entstehen sollten.
Für das Teilquartier Urbane Mitte wurde auf Grundlage eines öffentlichen Werkstattverfahrens im Jahr 2015 ein Entwicklungskonzept erarbeitet. Auf dem südlichen Teil der früheren Bahnbrache ist nun ein Gebäudekomplex mit zwei Hochpunkten geplant, die 49 beziehungsweise 25 Meter hoch sein werden.
„Urbane Mitte“: Nutzungsmix aus Gewerbe, Hotel, sozialen Einrichtungen und Sportflächen vorgesehen
Geplant ist eine Nutzungsmischung, wie der Senat erneut bekräftigt: In den Sockelgeschossen sind kleinteiliges Gewerbe sowie soziale Einrichtungen für Sprache, Bildung und Sport vorgesehen. In den oberen Etagen sollen Büroflächen sowie ein Hotel Platz finden. Eine Wohnnutzung sei wegen der Nähe zu Bahntrassen von BVG und Deutscher Bahn zumindest auf diesem Teil des Bauvorhabens ausgeschlossen.
Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler äußerte sich dazu wie folgt: „Mit dem Bebauungsplan für die Urbane Mitte Süd schaffen wir die planungsrechtlichen Voraussetzungen für ein lebendiges, vielfältiges Stadtquartier am Gleisdreieck. Gemeinsam mit dem Park und der hervorragenden Anbindung an den ÖPNV entsteht hier im Zentrum der Stadt ein urbaner Ort für die Berlinerinnen und Berliner. Der Bebauungsplan ist ein erster wichtiger Schritt für die Umsetzung des Gesamtprojekts Urbane Mitte.“
Streit zwischen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und Berliner Senat über Umsetzung der „Urbanen Mitte“
Dass das Projekt nun vom Berliner Senat und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg entwickelt wird, hatte sich im vergangenen Jahr abgezeichnet. Nach andauerndem Hin und Her zwischen Senat und Bezirk hatte der Senat schließlich die Planungshoheit für das Projekt an sich gezogen – und den Bezirk damit de facto aus dem Spiel genommen.
In einem offiziellen Statement Anfang Juni 2025 hieß es demzufolge: „Die Zuständigkeit für die Aufstellung und Festsetzung von Bebauungsplänen für diesen Bereich liegt künftig bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen.“
Damit wurde dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg auch die letzte Zuständigkeit für einen Teilbereich des Gesamtprojekts entzogen. Der Berliner Senat reagierte damit offensichtlich auf die Haltung des Bezirks, das Projekt in der geplanten Form mit einer rein gewerblichen Ausrichtung nicht umsetzen zu wollen. Zuvor war bereits der nördliche Teil des Projekts „Urbane Mitte“ in die Hoheit des Senats übergegangen.
Hochhausprojekt „Urbane Mitte“ im Gleisdreieckpark: Berliner Senat entzog Bezirk die Zuständigkeit
Die Senatsverwaltung begründete ihren Schritt im Juni wie folgt: „Damit wollen wir die komplexe Planung des innerstädtischen Stadtquartiers zielführend voranbringen und die im städtebaulichen Rahmenvertrag vorgesehene Gesamtentwicklung rund um das Gleisdreieck zum Abschluss bringen.“
Gleichzeitig wurde auf die Gültigkeit der bestehenden Vereinbarung zwischen dem Land Berlin und den privaten Investoren verwiesen: „Der Rahmenvertrag aus dem Jahr 2005 sieht die Entwicklung der vier Baufelder Flottwellpromenade, Yorckdreieck, Möckernkiez und Urbane Mitte vor, die rund um einen großen zusammenhängenden Park, den heutigen Park am Gleisdreieck, entstehen. Die Urbane Mitte ist das letzte noch zu realisierende Baufeld.“
Berliner Senat: Rahmenvertrag aus dem Jahr 2005 hat weiter Gültigkeit – und soll umgesetzt werden
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg regte sich bereits seit mehreren Jahren Widerstand gegen das geplante Hochhausprojekt. Baustadtrat Florian Schmidt (Die Grünen) hatte das Vorhaben in der Vergangenheit als „aus der Zeit gefallen“ bezeichnet.
Kritisiert wird im Bezirksamt unter anderem, dass in Berlin bereits zahlreiche Büroflächen leer stehen und bei dem Projekt keine Wohnungen vorgesehen seien. Auch ökologische Aspekte spielen eine Rolle: Eine Bürgerinitiative warnt davor, dass die klimatische Funktion des angrenzenden Parks durch den Hochhausbau beeinträchtigt werde.
Bausenator Christian Gaebler: Der Bau von Wohnungen beim Projekt „Urbane Mitte“ wird geprüft
Berlins Bausenator Christian Gaebler äußerte sich am vor rund vier Wochen auf der Senatspressekonferenz zu den Bedenken, wie die Berliner Morgenpost berichtete. Seiner Ansicht nach gehe es dem Bezirk vor allem darum, die geplante Höhe und Dichte der Bebauung zu reduzieren.
Gaebler verwies jedoch auf bestehende vertragliche Verpflichtungen mit dem Investor und betonte, dass das Land Berlin vertragsgetreu handeln müsse. Es sei nicht sein Ziel, sich auf rechtliche Auseinandersetzungen einzulassen. Verträge würden nicht abgeschlossen, um sie später zu brechen, so Gaebler.
Gleichzeitig zeigte er sich offen für eine Prüfung, ob auch Wohnnutzung in den geplanten Hochhäusern möglich sei – auch wenn dies aufgrund der benachbarten U-Bahntrassen lärmschutztechnisch anspruchsvoll wäre. Zudem stellte er klar, dass nicht auf Parkflächen gebaut werden solle. Das Projekt beziehe sich auf versiegelte Randflächen des Parks, auf denen sich derzeit Gewerbeanlagen befinden.
Park am Gleisdreieck: Gewerbeprojekt „Urbane Mitte“ soll sieben Gebäude umfassen
Die geplante Entwicklung des Areals sieht die Errichtung von sieben Hochhäusern mit einer Höhe von 25 bis 90 Metern vor. Die geplanten Häuser sollen sich im Norden um die U-Bahn-Station Gleisdreieck gruppieren und sich südlich entlang der S-Bahn-Linie erstrecken.
Aufgrund der zu erwartenden Lärmbelästigung an diesem viel befahrenen Bahnverkehrsknoten war bislang, wie oben beschrieben, eine fast ausschließlich gewerbliche Nutzung vorgesehen. Möglich, dass diese Pläne nun noch einmal angepasst werden, zumindest für den nördlichen Teil des Bauvorhabens. die Hoheit dafür lieg nun bei der Senatsbauverwaltung.
Eine der letzten großen Brachflächen der Berliner Innenstadt
Auf dem rund 34.000 Quadratmeter großen Areal zwischen Kreuzberg und Schöneberg, unweit des Potsdamer Platzes, sind 119.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche geplant. Darin enthalten sind 8.000 Quadratmeter Fläche in historischen U-Bahn-Viadukten, die zu einem “Marketplace” entwickeln werden sollen.
3.000 Menschen sollen künftig in der “Urbanen Mitte” zukünftig arbeiten. Wie viele Wohnungen auf dem Areal entstehen könnten, soll nun eruiert werden. Nach einem jahrelangen Hin und Her soll die Konkretisierung des Vorhabens deutlich beschleunigt werden.
Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Berliner Morgenpost, O&O Baukunst, Realace GmbH