Im ehemaligen Verlagshaus von Gruner + Jahr entsteht derzeit das Gruner + Jahr-Museum, das mehr als 70 Jahre deutsche Mediengeschichte bewahren soll. Ein ehrenamtliches Team arbeitet daran, das kulturelle Erbe des traditionsreichen Zeitschriftenverlags in einem neuen Rahmen zugänglich zu machen.

Im ehemaligen Verlagshaus von Gruner + Jahr am Hamburger Baumwall entsteht ein ungewöhnliches Museum: Ehemalige Mitarbeitende richten dort eine Ausstellung zur deutschen Pressegeschichte ein. Zu sehen sind dort Relikte wie der Original-Schreibtisch von „Stern“-Gründer Henri Nannen und historische Magazinausgaben. / © Foto: Wikimedia Commons, JoachimKohlerBremen, CC BY-SA 4.0
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Am Hamburger Baumwall, im markanten ehemaligen Verlagsgebäude von Gruner + Jahr, wächst derzeit ein Projekt, das journalistische Geschichte lebendig hält. Seit RTL Deutschland als letzter Nutzer das Gebäude Anfang 2025 verlassen hat, entsteht dort ein ungewöhnliches Museum. Hinter den großen Glasfassaden des Hauses herrscht reger Betrieb: Ein Team aus rund 20 ehemaligen Mitarbeitenden richtet auf einer Fläche von rund 150 Quadratmetern eine Ausstellung ein, die zentrale Kapitel deutscher Pressegeschichte erzählt.
Der zentrale Raum, von den Beteiligten als „G+J-Lounge“ bezeichnet, beherbergt bereits zahlreiche Relikte aus der Zeit des traditionsreichen Zeitschriftenhauses. Darunter befinden sich historische Ausgaben der Zeitschriften „Stern“, „Geo“, „Brigitte“ oder „Eltern“ ebenso wie ausgestellte Fotografien renommierter „Stern“-Fotografen. Der Raum, in dem einst Redakteurinnen und Redakteure arbeiteten, wird so zu einem Ort des kollektiven Gedächtnisses.
Ein Ort des Erinnerns und Entdeckens: Ausstellung zeigt Hamburger Pressegeschichte
Museumsleiter Niels Gültzow, selbst langjähriger Mitarbeiter bei Gruner + Jahr, hat die Zwischennutzung mit dem aktuellen Eigentümer Tishman Speyer organisiert. Ziel sei es, so ließ er verlauten, das Gebäude mit kulturellem Leben zu füllen und zugleich die Geschichte des Hauses zugänglich zu machen. Gültzow, der von Beginn an in die Planung des Gebäudes eingebunden war, betont die Bedeutung dieses Engagements: Ohne das Museum drohte das Verschwinden eines wesentlichen Teils deutscher Pressegeschichte.
Ein besonderer Blickfang der Ausstellung ist der Original-Schreibtisch von „Stern“-Gründer Henri Nannen. Die Möbel standen bis zum Auszug des Verlags in einem der oberen Stockwerke und sind nun prominent in der Eingangshalle der „G+J-Lounge“ platziert. Sie laden dazu ein, Platz zu nehmen – Fotografieren ausdrücklich erlaubt.
Zwischennutzung mit Perspektive: Museumsteam hofft auf Verlängerung nach 2025
Derzeit besteht für das Gruner + Jahr-Museum ein Mietvertrag bis Ende des Jahres 2025 mit einer anschließenden Kündigungsfrist. Ob das Projekt darüber hinaus Bestand haben wird, bleibt offen. Doch das Interesse an der Ausstellung ist bereits groß. Neben ehemaligen Mitarbeitenden zählen auch kulturinteressierte Gruppen, Schulklassen und Stadtteilinitiativen zur anvisierten Zielgruppe.
Einige der Ausstellungsstücke reichen tief in die Verlagshistorie zurück: etwa ein Exemplar des „Stern“ vom 28. April 1983 mit der berüchtigten Titelstory über „Hitlers Tagebücher“ – ein Skandal, der weit über Hamburg hinaus Wellen schlug. Ergänzt wird die Schau durch Alltagsgegenstände aus der Verlagshistorie, wie Feuerzeuge, Becher oder einen eigens entworfenen Fahrradständer.
Pressegeschichte trifft Architekturdenkmal: das ehemalige G+J-Gebäude als Denkmal
Parallel zur musealen Nutzung wird das Gebäude selbst einer umfassenden Transformation unterzogen. Der denkmalgeschützte Komplex wurde zwischen 1987 und 1990 nach Plänen von Steidle & Partner sowie Kiessler & Partner erbaut. Nun ist eine Revitalisierung des Gruner + Jahr-Gebäudes bis 2027 geplant. Es soll zu einem modernen Büro- und Handelsquartier umgestaltet werden, mit einer Bruttogeschossfläche von 118.000 Quadratmetern.
Der bauliche Charakter des Hauses, inspiriert von Hafenanlagen und Viadukten der Hochbahn, bleibt dabei erhalten. Mit seinem markanten Erscheinungsbild bleibt das Gebäude ein prägendes Element im Stadtbild der Hamburger Neustadt – nun ergänzt um ein kulturelles Gedächtnis, das weit über die Stadt hinaus Bedeutung hat.
Quellen: Hamburger Abendblatt