Am Berliner Hauptbahnhof verschwindet eine Bauruine – und macht Platz für die Zukunft. Das ehemalige Landeslabor weicht dem modernen „ULAP-Quartier“, das mit Hochhäusern, Wohnungen und einem belebten Stadtplatz ein neues Kapitel für Moabit aufschlagen soll.

Mitten in Berlin entsteht auf historischem Grund das „ULAP-Quartier“. Zwischen Moderne und Tradition wird hier in den kommenden Jahren ein vielfältiges Stadtviertel mit Wohnen, Arbeiten und öffentlichem Raum geschaffen – dafür müssen ältere Gebäude weichen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Am Berliner Hauptbahnhof fällt derzeit eine Bauruine ganz besonders ins Auge, die sich direkt an der Stadtbahntrasse befindet – und sukzessive immer weniger wird. Denn der Rückbau des ehemaligen Landeslabors im Ortsteil Moabit ist derzeit in vollem Gange.
Ursprünglich war der Beginn der Abrissarbeiten bereits für das Jahr 2023 vorgesehen. Die verantwortliche Berliner Immobilienmanagement GmbH erklärt, dass aufgrund von Schadstoffbelastungen in den Bauteilen und Lüftungsanlagen das Gebäude künftig nicht mehr nutzbar sei. Der Rückbau soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein.
Berlin-Moabit: Auf Landeslabor folgt „ULAP-Quartier“
Nach dem erfolgreichen Abriss des Gebäudes soll auf dem Areal ein neues Stadtquartier entstehen. Das „ULAP-Quartier“ genannte Gelände bildet von Westen kommend den Auftakt zum Hauptbahnhof und umfasst die beachtliche Fläche von rund 32.000 Quadratmetern.
Die Abkürzung „ULAP“ bezeichnet den ehemaligen Universum Landes-Ausstellungs-Park im Ortsteil Moabit im Bezirk Mitte. Dieser Park lag in einem aus Invalidenstraße, der Straße Alt-Moabit und dem heutigen Hauptbahnhof gebildeten Dreieck.
Bis in die 2000er Jahre fanden auf dem Gelände Veranstaltungen statt
Auf dem Gelände fanden bis in die 2000er Jahre hinein Veranstaltungen und Kundgebungen statt. Von 1922 bis 1925 befand sich auch ein Vergnügungspark auf dem Gelände, auch als Messestandort wurde das Gebiet einst genutzt.
Ein Teil des Areals wurde in eine Parkfläche umgewandelt und 2008 der Öffentlichkeit übergeben. Auch der Neubau des Bundesinnenministeriums entstand auf einem Teil des Grundstücks.
Das Land Berlin will das Grundstück entwickeln und auch Wohnungen bauen
Aufgrund der exponierten Lage handelt es sich um ein ausgesprochen attraktives Stück Bauland. Das Land Berlin will dieses Grundstück nun eben auch bebauen und führte dafür in den vergangenen Jahren ein Planungsverfahren und mehrere Bürgerbeteiligungen durch, um die Bedürfnisse von Anwohnerinnen und Anwohnern in das neue Quartier einfließen zu lassen.
Die heute auf dem Gelände befindlichen Gebäude werden größtenteils abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Diese Bauten sind überwiegend in den Nachkriegsjahrzehnten entstanden, wie etwa das oben bereits erwähnte ehemalige Stammhaus des Berliner Landeslabors.
Durch den nun laufenden Abriss soll Platz für Neues entstehen. Das neue Quartier soll nach Plänen von ISSS und bauchplan im östlichen, zum Hauptbahnhof zugewandten Teil, mehrere Hochhäuser erhalten, während die Bebauung zur westlichen Seite hin sukzessive abfallen soll, was einen ganz konkreten, städtebaulichen Hintergrund hat.
Im Quartier sollen mehrere Hochhäuser für Büros und Wohnungen entstehen
Die sehr heterogene, bauliche Struktur soll zwischen den höchst unterschiedlichen Maßstäben seiner Umgebung „vermitteln“. Auf der einen Seite befindet sich das touristisch und kommerziell geprägte Bahnhofsquartier mit mehreren Hochhäusern und der südlichen „Europacity“.
Auf der anderen Seite des Areals liegt Moabit mit der Heinrich-Zille-Siedlung und ihren durchgrünten und nachbarschaftlichen Kiezstrukturen, die sich durch ihre eher flachen Wohnhäuser auszeichnet.
Polizei und Justiz sollen in die bis zu 101 Meter hohen Bürotürme einziehen
In den beiden bis zu 101 Meter hohen Bürotürmen soll die die Polizei, die derzeit noch auf mehrere Gebäude auf dem Areal verteilt ist, einziehen. Auch die Justizverwaltung und weitere öffentliche Institutionen sollen in dem Hochhaus-Ensemble moderne Räumlichkeiten beziehen.
Es soll aber nicht alles abgerissen werden, was sich heute auf dem Areal befindet. Westlich anschließend an die geplanten Verwaltungshochhäuser werden drei Baufelder geplant, die zusammen einen Quartiersplatz um den historischen Urania-Saal ausbilden. Das Baudenkmal soll als Herzstück des neuen Quartiers bestehen bleiben.
Ein Wohnturm mit Einzelhandel im Erdgeschoss soll entstehen
Direkt angrenzend ist eine Wohnbebauung mit der Nutzung eines Aldi-Discounters im Erdgeschoss vorgesehen. Das Unternehmen Aldi ist auch Eigentümerin eines Großteils des dieses Baufelds. Direkt daran anschließend ist ein Wohnturm geplant, der 60 Meter hoch werden soll.
Im mittleren Baufeld des Quartiers soll eine Sekundarschule sowie weitere Wohnbebauung realisiert werden, ebenfalls mit einem Hochhaus unter 60 Metern. An der Westspitze soll dann in einem letzten Bauabschnitt, nachdem die Polizei aus ihren Bestandsgebäuden ausgezogen ist, ein weiteres Wohnhochhaus entstehen.
Die geplanten Freiräume des Quartiers sollen sich nicht nur durch ihre differenzierten Aufenthaltsqualitäten auszeichnen, sondern auch eine aktive Rolle übernehmen, um das Quartier klimaresilient und zukunftssicher zu machen.
„ULAP-Quartier“: Hervorragende ÖPNV-Anbindung, 10 Jahre Bauzeit
Die offenen Gebäudestrukturen sollen zudem eine gute Durchlüftung und Frischluftzirkulation im Viertel ermöglichen. Dem Prinzip der „Schwammstadt“ folgend sollen Freiräume auf allen Ebenen durch ein aktives Regenwassermanagement dazu beitragen, natürliche Kühleffekte im Quartier zu nutzen und ein positives Stadtklima zu schaffen.
Die Anbindung des Quartiers an den öffentlichen Nahverkehr wird hervorragend sein. Nicht nur der nahegelegene Hauptbahnhof bietet zahlreiche Mobilitätsoptionen. Auch die Tramlinie M10 führt schon heute am künftigen „ULAP-Quartier“ vorbei. Die Projektplaner rechnen mit einer Bauzeit von rund zehn Jahren.

In unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof soll in Berlin-Mitte ein neues Quartier entstehen. Die Bauzeit soll rund zehn Jahre betragen. / © Visualisierung: ISSS | bauchplan
Quellen: Berliner Morgenpost, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, ISSS, bauchplan
Bedauerlicherweise bekommt man ja keine konkreten Architekturentwürfe der Neubauten zu sehen. Allerdings lässt die Grafik am Ende des Artikels erahnen, dass da wieder nur der übliche Berliner Architekturmurks kommt – quadratisch, praktisch, schlecht! Es ist so erschütternd, dass diese Stadt so gut wie keine der Chancen, die diese geschundene Stadt aufgrund der sich aus der Insellage in Vor-Mauer-Zeiten und der Teilung und der sich daraus ergebenden fehlenden Entwicklung gehabt hätte – endlose mit anspruchsvoller Architektur zu bebauender Flächen – nicht genutzt hat und bis heute nicht nutzt.
Die Entwürfe stehen ja auch noch gar nicht fest. Im Moment gibt es nur einen Masterplan der sich im Bebauungsplanverfahren befindet
und dessen Ergebnis noch nicht festgesetzt wurde. Der Bebauungsplan legt die wesentlichen Kubaturen und Dimensionen fest. Erst danach beginnen die Architektenwettbewerbe für die einzelnen Gebäude. Ich gehe nicht davon aus, dass vor 2030 klar ist wie die Gebäude tatsächlich aussehen werden.