Am Kiehlufer in Berlin-Neukölln soll ein neues Wohnquartier mit rund 300 Wohnungen entstehen. Doch nach dem Insolvenzantrag der Projektentwickler Incept GmbH und Ziegert Group ist unklar, wie es mit dem Bauvorhaben weitergeht.

Nach dem Entwurf des Architekturbüros Cobe soll das Quartier am Kiehlufer durch begrünte und offen gestaltete Fassaden geprägt werden. /© Visualisierung: Cobe Berlin GmbH
© Visualisierungen: Cobe Berlin GmbH
In unmittelbarer Nähe zum Neuköllner Schifffahrtskanal soll auf einem rund 1,2 Hektar großen Grundstück ein gemischt genutztes Stadtquartier entstehen. Etwa 80 Prozent der geplanten Geschossfläche sind für Wohnnutzung vorgesehen, rund 20 Prozent für gewerbliche Angebote. Insgesamt plant die Incept GmbH die Errichtung von rund 300 Wohnungen, von denen etwa ein Drittel mietpreisgebunden sein soll. Ziel des Verfahrens ist es, über den Baugebietstyp „Urbanes Gebiet“ die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Vorhaben zu schaffen.
Entlang der Harzer Straße sollen bis zu siebengeschossige Wohngebäude entstehen, deren Erdgeschosse Raum für Gastronomie, Cafés und Nahversorgung bieten. Die Planung sieht vor, das Quartier über die Treptower Straße zu erschließen. Dort soll auch eine zentrale Tiefgarage eingerichtet werden, um den ruhenden Verkehr weitgehend aus dem Quartier herauszuhalten. So will das Projekt einen urbanen und gleichzeitig lebenswerten Raum schaffen, der unterschiedliche Nutzungen miteinander verbindet.
Architekturkonzept von Cobe setzt auf Begrünung, Freiraumvielfalt und Kontextbezug in Neukölln
Die Incept GmbH, eine Tochtergesellschaft der Ziegert Group, hatte das Projekt gemeinsam mit dem Stadtentwicklungsamt Neukölln entwickelt. Im Rahmen eines städtebaulichen Werkstattverfahrens wählte eine Jury den Entwurf des dänischen Architekturbüros Cobe aus. Dieser überzeugte durch seine flexibel nutzbaren Grundrisse, ein nachhaltiges Energiekonzept sowie eine klare Trennung und Verbindung privater, gemeinschaftlicher und öffentlicher Freiräume.
Cobe entwarf die Fassaden des Quartiers mit Blick auf die Umgebung: Zur Straße hin sollen sie sich an der denkmalgeschützten Bebauung in der Thiemannstraße orientieren. Nach innen öffnet sich das Quartier mit begrünten, durchlässigen Fassaden. Diese Gestaltung soll das nachbarschaftliche Zusammenleben fördern und gleichzeitig das Mikroklima verbessern. Durch gezielte Begrünung der Außenflächen soll die Hitzeentwicklung im Sommer reduziert werden. Die geplanten Erdgeschossnutzungen und die zentrale Tiefgarage ergänzen das städtebauliche Gesamtkonzept.
Insolvenzverfahren eingeleitet: Ungewisse Zukunft für das Bauvorhaben am Kiehlufer
Am 25. März 2025 stellten sowohl die Incept GmbH als auch die Muttergesellschaft Ziegert Group beim Amtsgericht Charlottenburg Insolvenzantrag. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Berliner Rechtsanwalt Friedemann Schade bestellt. Das Gericht ordnete die vorläufige Insolvenzverwaltung im Regelverfahren an.
Begründet wurde der Schritt mit dem dauerhaft angespannten Marktumfeld: hohe Zinsen, gestiegene Baukosten und Kaufzurückhaltung hätten die wirtschaftliche Grundlage für das Geschäftsmodell entzogen. Die geopolitische Lage habe die Unsicherheit zusätzlich verstärkt. Ob und wann das Projekt am Kiehlufer realisiert wird, ist derzeit unklar.
Projekt in der Schwebe: Suche nach Investor entscheidet über Fortsetzung am Kiehlufer
Laut Pressemitteilung will die Ziegert Group im Gläubigerinteresse mit dem Insolvenzverwalter kooperieren. Ziel sei es, eine Fortführung des Geschäftsbetriebs zu prüfen und Lösungen für laufende Projekte zu finden. Ob das Vorhaben in Neukölln mit einem neuen Investor fortgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten.
Für das Quartier am Kiehlufer bedeutet das: Trotz abgeschlossenem Werkstattverfahren und laufendem Bebauungsplanverfahren steht die Zukunft des Projekts derzeit auf unsicheren Beinen.

Am Kiehlufer in Berlin-Neukölln soll ein neues Wohnquartier mit rund 300 Wohnungen entstehen. Doch nach dem Insolvenzantrag der Projektentwickler ruht das Vorhaben – das Gelände liegt brach. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
Quellen: Bezirksamt Neukölln, ZIEGERT GmbH, INCEPT GmbH, mein.berlin, Quartiersmanagement Harzer Straße, Cobe Berlin GmbH