Nach über 25 Jahren Leerstand sollte im ehemaligen Kinderkrankenhaus Weißensee eine neue Schule untergebracht werden, finanziert vom Land Berlin. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel auf Landes- und Bezirksebene wird der Plan zur Rettung der denkmalgeschützten Ruine jedoch fallen gelassen.

So sieht es im Innern des ehemaligen Kinderkrankenhauses Weißensee aus. Ob sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird, ist mehr als fraglich. / © Foto Titelbild: IMAGO / Thomas Lebie

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Text: Stephanie Engler

Die lang ersehnte Rettung des seit 25 Jahren leer stehenden Kinderkrankenhauses Weißensee schien in greifbarer Nähe. Doch nun verschlechtern sich die Aussichten rapide. Die steigenden Kosten und Sparzwänge führen dazu, dass der Plan des Bezirksamts Pankow, das Areal zu retten und für eine neue Oberschule zu nutzen, gestrichen wird – so berichtet es jedenfalls die Berliner Morgenpost. Anstatt in die marode Ruine zu investieren, sollen dringend benötigte Schulplätze an anderen Standorten geschaffen werden.

Pankows Bildungsstadtrat Jörn Pasternack (CDU) erklärte, dass es unter den aktuellen Umständen finanziell nicht sinnvoll sei, in das Gelände an der Hansastraße zu investieren. Ein geplanter Typenbau für 900 Schüler hinter den historischen Klinikgebäuden würde mindestens 70 Millionen Euro kosten. Da dieses Geld jedoch nicht aus dem Schulbauprogramm des Senats bereitgestellt wird, muss das Projekt aufgegeben werden. Die Entscheidung fällt in einer Zeit, in der der Bezirk dringend Schulplätze benötigt.

Sanierung des einstigen Kinderkrankenhauses Weißensee: Ursachen für das Scheitern des Projekts

Noch im November 2023 hatte der Pankower Baustadtrat Cornelius Bechtler (Die Grünen) eine Studie vorgestellt, die verschiedene Szenarien für die Entwicklung des Geländes durchspielte. Diese Pläne sahen den Bau von zwei L-förmigen Neubauten in der Parkanlage des Kinderkrankenhauses vor, die als Gartendenkmal geschützt sind. Gleichzeitig war auch eine Sanierung der alten Klinikgebäude angedacht, die seit 2018 wieder im Besitz des Landes Berlin sind. Geplant waren unter anderem die Nutzung als Schulverwaltung oder als Bürgeramt.

Doch die Kosten für die Sanierung der schwerbeschädigten Gebäudehülle wurden auf rund 20 Millionen Euro geschätzt. Die Gesamtkosten für das Projekt könnten sich auf bis zu 150 Millionen Euro belaufen. Diese Summen erschienen den Experten im Bauausschuss noch im Herbst 2023 als vertretbar, da der Ankauf von alternativen Schulbauflächen teurer gewesen wäre. Doch nun, ein Jahr später, hat sich die finanzielle Lage drastisch geändert.

Sparmaßnahmen zwingen zu Standardlösungen: Schulbau und andere Großprojekte in Gefahr

Mit der neuen finanziellen Lage sehen sich die Planer gezwungen, Alternativen zu suchen. Pasternack erläuterte, dass es schlicht kein Geld für individualisierte Schulbauprojekte gebe. Ein Typenbau, der an anderer Stelle errichtet wird, würde nur rund 63 Millionen Euro kosten und damit deutlich günstiger sein als das Projekt am Kinderkrankenhaus Weißensee. Auch in anderen Bereichen, wie dem Ausbau von Radschnellwegen oder dem Neubau des Multifunktionsbads Pankow, stehen die Projekte aufgrund der Sparmaßnahmen auf der Kippe.

Die Ruine des Kinderkrankenhauses bleibt auch ohne Sanierungspläne teuer. Jährlich verursacht der Leerstand Kosten von rund 1,1 Millionen Euro. Diese Kosten entstehen durch Bewachung und Instandhaltung der Notdächer, die das Gebäude vor weiterem Verfall schützen sollen. Auch wenn das Projekt aufgegeben wird, sucht das Land Berlin nach Möglichkeiten, die Verluste zu minimieren.

Kinderklinik-Reaktivierung in Pankow: Investoren als mögliche Lösung?

Eine Lösung, die im Bezirksamt Pankow diskutiert wird, ist der Einstieg von privaten Investoren, wie es derzeit auch bei der geplanten Sanierung des ICC versucht wird. Eine öffentlich-private Partnerschaft könnte dabei helfen, das Projekt zu retten. Allerdings birgt diese Option Risiken.

Es besteht die Sorge, dass Investoren für eine profitable Nutzung des Areals möglicherweise denkmalgeschützte Bereiche verändern oder Anbauten vornehmen könnten, die den historischen Wert des Gebäudes gefährden. Bereits in der Vergangenheit führte der gescheiterte Plan eines privaten Eigentümers, das Kinderkrankenhaus in ein Krebsforschungszentrum umzuwandeln, zum Verfall der Ruine und letztlich zur Rückübertragung des Geländes an das Land Berlin.

1911: Eröffnung der historischen Kinderklinik in Weißensee

Am 8. Juli 1911 wurde in Weißensee das erste kommunal geführte Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens eröffnet, entworfen und geplant vom Gemeindebaurat Carl James Bühring. Das Krankenhaus, eingebettet in einen Park, diente damals als Innovation für die Therapie junger Patienten.

Eine weitere Neuerung war die benachbarte „Milchkuranstalt“, die frische Nahrung für Neugeborene und deren Mütter bereitstellte, während überschüssige Milch an die Bevölkerung verkauft wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Klinik weiterhin genutzt und kurz vor Ende der DDR 1987 um ein Bettenhaus erweitert.

Im Jahr 1997 wurde das Krankenhaus geschlossen, das Gelände verfällt seitdem

1997 wurde das Krankenhaus geschlossen, und das Gelände verfiel in einen „Dornröschenschlaf“. Eine mögliche Rettung schien 2006 durch das Konzept der MWZ Bio Resonanz GmbH in greifbare Nähe zu rücken, die im Gebäude ein Krebsforschungszentrum errichten wollte, doch das Projekt wurde nie realisiert.

Stattdessen verrottete das Gelände weiter, bis es 2015 per Gerichtsbeschluss wieder in den Besitz des Landes Berlin überging. Heute setzt sich der Verfall des unter Denkmalschutz stehenden Komplexes fort, ohne dass eine sinnvolle Nachnutzung gefunden wurde. Eine Zeitung beschrieb das ehemalige Kinderkrankenhaus zuletzt als „das traurigste Denkmal Berlins.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Quellen: Amt für Weiterbildung und Kultur – Museum Pankow, Berliner Morgenpost, Bezirksamt Pankow, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin, MWZ Bio Resonanz GmbH