Der Hamburger Senat hat am 2. April 2024 entschieden, einen Ersatzneubau für die Köhlbrandbrücke zu empfehlen. Wie die Stadt Hamburg mitteilt, sei die bestehende Brücke in den nächsten 15 Jahren nicht mehr verkehrssicher nutzbar.
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Um die abgenutzte Köhlbrandbrücke zu entlasten, wurde am Samstag, dem 5. April, eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h auf der gesamten Strecke eingeführt. Laut der Hafenbehörde HPA soll diese Maßnahme dazu beitragen, das Bauwerk zu schonen und sicherzustellen, dass die Brücke bis zur Fertigstellung der neuen Köhlbrandbrücke weiterhin für den Verkehr genutzt werden kann.
Sanierungsbedarf und strukturelle Mängel: Ein Wahrzeichen mit Verfallsdatum
Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1974 verbindet die Köhlbrandbrücke den Hamburger Westen mit dem Hafengebiet südlich der Elbe. Mit täglich rund 38.000 Fahrzeugen gehört sie zu den zentralen Verkehrsadern im Hafen – Tendenz steigend. Besonders der Anteil des Schwerlastverkehrs hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und liegt mittlerweile bei etwa 37 Prozent des gesamten Verkehrsaufkommens. Damit zählt die Brücke zu den am stärksten beanspruchten Verkehrsbauwerken in Hamburg.
Diese hohe Belastung hinterlässt Spuren: Die Konstruktion zeigt zunehmend altersbedingte Mängel und einen wachsenden Sanierungsbedarf. Insbesondere tragende Bauteile sind vom Verschleiß betroffen, was die langfristige Betriebssicherheit gefährdet. Eine grundlegende Sanierung würde hohe Kosten verursachen, aber keine dauerhafte Lösung bieten: Die HPA rechnet bereits mit steigenden Unterhaltungskosten, von 3,3 Mio. Euro (2023) auf 10,7 Mio. Euro (2029). Ein Ersatzbau sei laut der Stadt Hamburg daher unumgänglich.
Alternative Lösungen: Tunnelvariante oder Ersatzneubau?
Im Rahmen einer umfassenden Prüfung wurden unterschiedliche Möglichkeiten für eine neue Köhlbrandquerung untersucht, darunter eine Tunnelvariante sowie ein Brückenneubau. Nach langer Abwägung fiel die Entscheidung auf den Neubau. Die Gründe hierfür sind vielfältig, unter anderem sei eine neue Brücke günstiger im Vergleich zu alternativen Lösungen. So würden die Baukosten für eine neue Köhlbrandbrücke etwa 26 Prozent unter denen eines geplanten Bohrtunnels liegen.
Laut der Stadt Hamburg wird die neue Brücke mit einer Höhe von 73,5 Metern den zukünftigen Schiffshöhen gerecht, was zu einer deutlichen Erweiterung der Kapazitäten für zukünftige Projekte wie den geplanten „Sustainable Energy Hub“ im Hafen führen würde. Die Höhe ist zudem entscheidend, um auch die größten Containerschiffe den Zugang zum Terminal Altenwerder zu ermöglichen.
Kritik an der geplanten Köhlbrandbrücke: NABU und BUND fordern alternative Lösungen
Der NABU und der BUND sprachen sich weiterhin für eine Tunnellösung aus und kritisierten die geplante hohe Brücke als politisch kurzsichtig. In einer gemeinsamen Pressemitteilung betonten sie, dass der Köhlbrand eine stabile, nicht windanfällige Querung benötige. Ein Tunnel hätte den Vorteil, doppelt so lange zu halten wie eine Brücke, sodass Hamburg für die nächsten 120 Jahre eine verlässliche Lösung hätte, anstatt in 60 Jahren erneut eine neue, klimaintensive Brücke bauen zu müssen.
Auch die Linke und der Hamburger Denkmalverein üben Kritik. Sie werfen vor, dass die Untersuchungen zur Köhlbrandquerung nicht vollständig gewesen seien. So sei nicht ausreichend geprüft worden, ob die alte Brücke nicht doch erhalten werden könne – zumindest für Autos, Radfahrende und Fußgänger. Die Linke und der Denkmalverein schlagen vor, neben der bestehenden Brücke einen zusätzlichen Bau für schwere Lastwagen zu errichten.
Verzögerungen und hohe Kosten: Herausforderungen beim Neubau der Köhlbrandbrücke
Die bestehende Köhlbrandbrücke soll bis zur Fertigstellung des Neubaus weiter in Betrieb bleiben, was jedoch eine aufwendige Wartung und eine befristete Betriebserlaubnis erfordert. Die CDU in Hamburg kritisiert die anhaltenden Verzögerungen bei der Planung der neuen Köhlbrandquerung. Dennis Thering, der Fraktionsvorsitzende der CDU, bemängelte wiederholte Fehlplanungen unter der Führung der SPD und äußerte die Hoffnung, dass die aktuelle Planung stabiler sei und keine weiteren Verzögerungen durch Klagen oder steigende Kosten entstehen.
Ein Gutachten, das von Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) in Auftrag gegeben wurde, schätzt die Kosten für den Neubau der Köhlbrandbrücke auf etwa 4,4 bis 5,5 Milliarden Euro. Zusätzlich fallen rund 600 Millionen Euro für den Abriss der alten Brücke an. Die genaue Höhe der Beteiligung des Bundes an den Gesamtkosten ist noch unklar. Leonhard rechnet im besten Fall damit, dass die neue Brücke Ende der 2030er Jahre für den Verkehr freigegeben werden kann. Aktuell ist jedoch geplant, dass die Brücke erst 2042 für den Verkehr zur Verfügung steht.
Quellen: NDR, Hamburger Abendblatt, Hamburg.de