Mit einer innovativen Leichtbaukonstruktion könnte das denkmalgeschützte Olympiaschwimmbad im Berliner Westend wetterunabhängig und ganzjährig nutzbar gemacht werden. So schlägt es jedenfalls die Berliner CDU und das in Berlin ansässige Lindner Planungsbüro vor. Das geplante Modellprojekt könnte eine Signalwirkung für ganz Berlin haben.

Ein neues Dach soll das traditionsreiche Schwimmbad am Olympiastadion zukunftsfähig machen – ohne seinen historischen Charakter zu verlieren. / © Visualisierung: Lindner Planungsbüro
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Das unmittelbar neben dem Olympiastadion gelegene Sommerbad, das in den jährlichen Sommermonaten von vielen Badeenthusiasten zur Erholung heimgesucht wird, wurde anlässlich der XI. Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin errichtet und befindet sich direkt neben dem Olympiastadion.
In diesem Schwimmstadion mit seinen steil aufragenden Tribünen fanden 1936 alle Schwimmwettbewerbe statt, auch die der Turmspringer und Wasserballer. Eine traditionsreiche Arena also, die immer noch mit einer klaren Architektur beeindruckt und seit seiner Erbauung äußerlich kaum verändert wurde.
Schwimmstadion am Olympiastadion Berlin: Historische Tribünen sind seit 2021 abgedeckt
Die historischen Tribünen sind schon seit 2021 mit Wetterschutzdächern versehen. Die Traversen des Schwimmstadions, an den Außenwänden mit Platten aus gelbem Sandstein verblendet, sind markant, aber verrotten im Laufe der Zeit und ihr Zustand wird sich noch weiter verschlechtern. Da nützen auch die Hauben nichts, die zum Schutz der Tribünen darüber installiert wurden.
Da die Tribünen denkmalgeschützt sind, ist es schon erstaunlich, dass auch der Denkmalschutz so gelassen zuschaut, wo sich doch die laufenden Kosten für die Einhausung der Tribünen mit Gerüsten auf monatlich 67.000 Euro belaufen.
Auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Hack im Frühjahr 2024 schätzte die Senatsverwaltung für Inneres und Sport laut Berliner Morgenpost die Kosten für die Sanierung der Tribünen auf 61,2 Millionen Euro. Zur Erinnerung: Eingehaust sind die Tribünen bereits seit dem ersten Quartal 2021, haben seitdem bis heute bereits mehr als drei Millionen Euro verschlungen.
Seit drei Jahren tut sich unter den eingehausten Tribünen nichts – Bedarfsermittlung abgeschlossen
Die Argumentation, dass aus Gründen der Sicherheit und des Erhalts des historischen Schwimmbades die Einhausung alternativlos sei, ist nachvollziehbar. Aber seit über drei Jahren schaut man als Besucher des Schwimmbades auf diese Gerüsteinhausung und fragt sich, wie lange dieser Zustand noch anhalten soll.
Angeblich ist das entsprechende Anforderungsprofil mit der Bedarfsermittlung erstellt, zwischen den beteiligten Institutionen und dem Landesdenkmalamt Berlin abgestimmt. Das alles nützt aber nichts, wenn das Sanierungsvorhaben für diese historisch wertvolle Schwimmbadanlage nicht in das Investitionsprogramm des Landes Berlin aufgenommen wird.
Vorstoß: Berliner CDU will Überdachung des Olympiaschwimmbads im Westend
Nun aber gibt es einen Vorstoß der Berliner CDU-Fraktion, die am Olympiaschwimmbad ein Modellprojekt umsetzen will, welches Schule machen soll, um den Mangel an Schwimmbädern durch hydraulische Dachkonstruktionen effektiv zu bekämpfen.
So soll durch einen membranartigen Überbau das Sommerbad am Olympiastadion so umgerüstet und modernisiert werden, dass die Schwimmstätte auch im Winter nutzbar wäre. Die historischen Tribünen würden dadurch zwar nicht profitieren, doch die Umsetzung des Konzepts könnte ein erster und wichtiger Schritt auf dem Weg zur umfassenden Modernisierung der historischen Sportstätte sein.
Lindner Planungsbüro entwickelt Konzept für hydraulische Überdachung des Olympiaschwimmbads
Das Konzept wurde vom Berliner Lindner Planungsbüro entwickelt, das bereits proaktiv einen Vorschlag für den Bau eines neuen Hertha-Stadions auf dem Gelände des Olympiaparks geliefert hatte. Bei der Überdachung des Olympiaschwimmbads würde es sich, im Gegensatz zum Stadionprojekt, aber nicht um ein vergleichbar kostspieliges Unterfangen handeln.
Architekt Mario Lindner rechnet mit einem Investitionsvolumen von 2,6 Millionen Euro, um ein solches Dach, welches im Sommer geöffnet und zusammen geschoben werden könnte, zu realisieren. Durch diese Flexibilität würde auch, so argumentieren die Berliner CDU und das Planungsbüro, der Denkmalschutz des historischen Schwimmbads gewährleistet bleiben.
Olympiaschwimmbad: Mobile Dachkonstruktion soll Denkmalschutz-Anforderungen gewährleisten
Die filigrane Leichtbaukonstruktion mit einer Spannweite von über 40 Metern basiert laut Mario Lindner auf einer modularen Stahlträgerstruktur und doppellagigen ETFE-Luftkissen (U-Wert: 1,96 W/m²K). Die Konstruktion, bestehend aus zwölf Hauptträgern, ist so konzipiert, dass sie auffahrbar ist.
Der U-Wert (auch Wärmedurchgangskoeffizient) beschreibt, wie viel Wärme durch ein Bauteil verloren geht – also wie gut oder schlecht es dämmt. Er wird in Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m²K) angegeben. Ein U-Wert von 1,96 W/m²K bedeutet konkret: Pro Quadratmeter Fläche der ETFE-Luftkissenkonstruktion gehen 1,96 Watt Wärmeleistung verloren, wenn der Temperaturunterschied zwischen innen und außen 1 Grad Kelvin (bzw. 1 °C) beträgt. Je niedriger der U-Wert, desto besser die Wärmedämmung.
Dik Stettner (CDU): Schwimmen und Badevergnügen das ganze Jahr über ermöglichen
CDU-Fraktionschef Dirk Stettner begründete kürzlich gegenüber der B.Z., warum die Regierungspartei nun einen Vorstoß zur Umwandlung bestehender Sommerbäder unternimmt: „Wir wollen Schwimmen und Badevergnügen das ganze Jahr über ermöglichen, bei Sommerhitze und auch im Winter. (…) Beim Olympia-Schwimmstadion können wir zeigen, dass es technisch möglich und schnell realisierbar ist. Das kann ein Beispiel für andere Sommerbäder sein und für mehr Schwimmflächen in Berlin das ganze Jahr.“
Ziel der geplanten Maßnahme sei es laut CDU, verlässliche Trainingsbedingungen für Schul-, Vereins- und Breitensport zu schaffen. Durch den wetterunabhängigen Betrieb soll die Auslastung der Hallenbäder entzerrt werden. Eine verlängerte Nutzungssaison würde zudem dazu beitragen, die laufenden Betriebskosten gleichmäßiger zu verteilen.
Im Bundesvergleich stehen Berliner Bewohnern zu wenig Schwimmbäder zur Verfügung
Zum Einsatz kommen zwei Lagen aufgeblasener ETFE-Folie (Ethylen-Tetrafluorethylen), einem leichten und langlebigen Material, das unempfindlich gegenüber UV-Strahlung ist und Schmutz nur schwer anhaften lässt. Die Folien wirken wärmedämmend und können den Energiebedarf zur Beheizung des Beckens spürbar senken. Auch in den Wintermonaten könnten dadurch angenehme Wassertemperaturen aufrechterhalten werden, heißt es.
Die Berliner Bäderbetriebe betreiben aktuell 38 Hallenbäder, von denen sieben wegen Schäden oder Baumaßnahmen geschlossen sind. Die meisten Sommerbäder beenden ihren Betrieb mit dem Ende der Schulferien am 7. September.
Der politische Rückenwind für das Vorhaben ist vorhanden: Bereits im Wahlkampf hatte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) den Mangel an Schwimmflächen thematisiert. Laut einer Analyse stehen in Berlin auf 100.000 Einwohner lediglich zwei öffentliche Bäder zur Verfügung – bundesweit liegt der Schnitt bei über sieben.

Diese Visualisierung zeigt die mobile Konstruktion im geöffneten Zustand, wie sie im Sommer genutzt werden könnte. / © Visualisierung: Lindner Planungsbüro

Historisches Bad unter mobilem Hallendach: So könnte der Winterbetrieb im Berliner Olympiaschwimmbad aussehen. / © Visualisierung: Lindner Planungsbüro

Der Status Quo: Die historischen Tribünen des Olympiaschwimmbads im Berliner Westend sind unter Abdeckplanen verschwunden. / © Foto: IMAGO / Schöning
Quellen: Lindner Planungsbüro, B.Z., Landesdenkmalamt Berlin, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Berliner Morgenpost, RBB, Wikipedia, Berliner Bäderbetriebe
Zu Wowereits Zeit war Berlin arm, nun sind wir doppelarm!