Mit bis zu 5.000 Euro Startbudget entwickeln sechs ausgewählte Initiativen Ideen für die Berliner Innenstadt weiter. Das Ziel: lebendige, widerstandsfähige Stadträume jenseits des klassischen Einzelhandels. Der Berliner Senat will auf diesem Weg die Strukturkrise des Einzelhandels bekämpfen und Perspektiven für neue Nutzungen eröffnen.

Leerstand, Strukturwandel, Verlust von Aufenthaltsqualität: Die nominierten Projekte im Wettbewerb „Mittendrin Berlin!“ nehmen sich den Herausforderungen städtischer Zentren mit neuen Ansätzen an, denn die Glanzzeiten klassischer Shopping Malls scheinen längst vorbei zu sein. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Der Ideenwettbewerb „Mittendrin Berlin! Projekte in Berliner Zentren 2025/26“, den die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ausgelobt hat, geht in eine neue Phase. Aus insgesamt 47 eingereichten Vorschlägen wählte eine Jury sechs Projekte aus, die nun mit einer Anschubfinanzierung von jeweils bis zu 5.000 Euro sowie professioneller Beratung ihre Ideen weiterentwickeln dürfen. Ziel der Initiative ist es, kreative und lokal verankerte Ansätze zur Stabilisierung und Neuausrichtung städtischer Zentren zu fördern.
Der Fokus liegt laut Berliner Senat auf Konzepten, die nicht nur wirtschaftlich tragfähig sind, sondern auch soziale Teilhabe, kulturelle Impulse und gemeinschaftliches Engagement fördern. Leerstand, Funktionsverlust und sinkende Attraktivität vieler Berliner Geschäftsstraßen und Plätze sollen so gezielt adressiert werden.
Einzelhandel in der Krise: Neue Impulse für städtische Räume in Berlin-Mitte und Pankow
Ein Open-Air-Kino am Hansaplatz im Bezirk Mitte ist beispielsweise Teil des Projekts „Foyer“, das unter anderem mit der Hansabibliothek kooperiert. In Pankow will die Interessengemeinschaft „Meine Schönhauser Allee“ auf die Auswirkungen des geplanten Brückenneubaus reagieren und die Aufenthaltsqualität verbessern, um die Sichtbarkeit lokaler Akteure zu erhöhen.
Beide Vorhaben setzen auf Kooperation mit bestehenden Institutionen und den Einbezug lokaler Netzwerke, um temporäre oder dauerhafte Verbesserungen zu erzielen – ein Ansatz, der zunehmend als Antwort auf den Strukturwandel innerstädtischer Räume gilt.
Leerstandsnutzung und kreative Umwidmungen in Friedrichshain, Neukölln und Steglitz
In Friedrichshain-Kreuzberg möchte der Verein Genua e.V. mit dem Projekt „Pool Potentials“ die saisonale Nutzung des Prinzenbads ausweiten. Geplant sind Kiezmärkte und gemeinwohlorientierte Angebote in der Nebensaison. Auch in Neukölln wird experimentiert: Der Verein Kreisler e.V. will den Rotraut-Richter-Platz und eine Ladenfläche im Wutzky-Center in einen multifunktionalen Nachbarschaftsort verwandeln.
In Steglitz-Zehlendorf plant die ZIK GmbH eine kreative Zwischennutzung im Steglitzer Kreisel – mit Café, Ausstellungen, Werkstatt und Ateliers. Ziel ist es, den aktuellen Leerstand temporär produktiv zu machen und alternative Begegnungsorte zu schaffen.
Leerstehende Einzelhandelsflächen: Nutzungsmischung als städtebauliche Strategie?
Ein weiteres Projekt ist in Kreuzberg angesiedelt. Die Kooperative Südliche Friedrichstadt möchte am Mehringplatz eine neue Veranstaltungsreihe etablieren. Kultur, Gewerbe und soziale Angebote sollen gemeinsam dafür sorgen, dass die öffentliche Erdgeschosszone gestärkt und als Ort der Identifikation erlebbar wird. Dabei steht auch die Aufwertung des Stadtraums im Fokus.
Die Initiativen zeigen exemplarisch, wie kleinteilige, partizipative Interventionen städtische Zentren reaktivieren können – auch ohne umfangreiche bauliche Eingriffe. Der Wettbewerb wird gemeinsam vom Land Berlin, der IHK und Partnern aus der Wirtschaft getragen. Im Dezember 2025 entscheidet die Jury schließlich, welche der sechs Projekte 2026 umgesetzt werden.

Steht zu großen Teilen leer, die Weiterentwicklung lässt derzeit auf sich warten: Das Park Center in Berlin-Treptow, unweit des Treptower Parks gelegen. / © Foto: Wikimedia Commons

Wird derzeit aufwendig umgebaut, aus Einzelhandelsflächen werden Büroräume: Das Shopping Center „Boulevard Berlin“ in der Steglitzer Schloßstraße. / © Foto: Wikimedia Commons
Quellen: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Immobilien Zeitung, Magazin TU Braunschweig, ECE Projektmanagement GmbH, DLE Land Development GmbH, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, GEWOBAG, Signa Real Estate, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Architektur Urbanistik Berlin, Genua e.V., Kreisler e.V., ZIK GmbH, Kooperative Südliche Friedrichstadt