Trotz der anhaltenden Verkehrsprobleme rund um die neu eröffnete A100 und die Elsenbrücke befürwortet eine Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner den Weiterbau der Stadtautobahn. Eine repräsentative Umfrage zeigt: Mehr als die Hälfte der Befragten spricht sich für den 17. Bauabschnitt bis Lichtenberg aus, obwohl unklar ist, wann dieser überhaupt gebaut wird.

Der geplante Ausbau der A100 steht vor ungewisser Zukunft: Der 17. Bauabschnitt der A100 wird in diesem Jahrzehnt nicht mehr gebaut, denn der Bund hat das Projekt herunterpriorisiert. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Trotz Stau, Verkehrschaos und wachsender Kritik an Berlins Autobahnprojekten spricht sich eine Mehrheit der Berliner Bevölkerung für den Weiterbau der A100 aus. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Tagesspiegels befürworten 57 Prozent der Befragten den Bau des 17. Abschnitts, der die Stadtautobahn künftig bis Lichtenberg verlängern soll. 32 Prozent sind dagegen, elf Prozent unentschieden.
Die Umfrage wurde zwischen dem 27. August, dem Tag der Eröffnung des 16. Bauabschnitts, und dem 20. September unter 2.500 Berlinerinnen und Berlinern ab 16 Jahren durchgeführt. Der statistische Fehler liegt bei 3,9 Prozentpunkten. Damit zeichnet sich ein deutliches Meinungsbild ab, auch wenn der Weiterbau in der Bundesplanung aktuell keine Priorität mehr hat.
Parteipräferenzen entscheiden über Haltung zum A100-Weiterbau in Berlin
Besonders deutlich zeigen sich Unterschiede entlang der Parteigrenzen. Anhängerinnen und Anhänger von CDU (83 Prozent), FDP (79 Prozent), AfD (75 Prozent) und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (64 Prozent) sprechen sich mehrheitlich für den Weiterbau aus. Selbst in der SPD überwiegt mit 49 Prozent die Zustimmung. Lediglich bei Grünen und Linken dominiert die Ablehnung: 79 Prozent der Linken– und 71 Prozent der Grünen-Wählerinnen und -Wähler lehnen den Ausbau ab, laut Tagesspiegel ab.
Die Debatte über den künftigen Verlauf der Stadtautobahn gehört seit Jahren zu den emotionalsten Infrastrukturfragen in Berlin. Während Befürworterinnen und Befürworter den Weiterbau als verkehrspolitisch notwendig betrachten, sehen Kritikerinnen und Kritiker darin ein Symbol einer überholten, autozentrierten Stadtplanung.
A100-Weiterbau vorerst gestoppt: Bund stuft Berliner Projekt herab
Wann die A100 tatsächlich weitergebaut werden kann, ist unklar. Die zuständige Autobahn GmbH des Bundes hat das Projekt im aktuellen Finanzplan 2025 bis 2029 herabgestuft. Der 17. Abschnitt taucht dort nur noch in der Kategorie „weitere wichtige Projekte“ auf, ohne Zeitplan und ohne Aussicht auf einen Baustart vor 2030.
Diese Neubewertung steht im Zusammenhang mit sinkenden Bundesmitteln für Straßenbauprojekte. Schon jetzt klafft im Haushalt eine milliardenschwere Lücke. Mehr als 70 andere Autobahnprojekte haben bundesweit eine höhere Priorität. Damit wird die A100-Verlängerung zunehmend zum politischen Symbol, weniger für Verkehrslenkung als für die Frage, wie Berlin künftig mit seiner Verkehrsinfrastruktur umgehen will.
Elsenbrücke in Berlin: Neue A100 verschärft Staus und sorgt für Streit um Radwege
Seit der Eröffnung des 16. Bauabschnitts zwischen Neukölln und Treptow hat sich die Lage rund um die Elsenbrücke spürbar verschlechtert. Staus, gesperrte Buslinien und Engpässe auf der Behelfsbrücke prägen den Alltag. Zwischenzeitlich forderten Vertreterinnen und Vertreter von SPD, Grünen und Linken, den neuen Autobahnabschnitt vorübergehend zu schließen, bis der westliche Teil der Elsenbrücke fertiggestellt ist.
Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) reagierte mit einer umstrittenen Maßnahme: Stadteinwärts wurde eine zusätzliche Autospur eingerichtet, dafür entfiel eine Radspur. Der verbleibende Radweg soll künftig in beide Richtungen befahren werden. Während Bonde die Entscheidung mit einer besseren Verkehrsführung begründete, kritisierten Umwelt- und Radverkehrsverbände den Schritt als Rückschlag für die Mobilitätswende.
Verkehrspolitische Widersprüche: Berlin zwischen Ausbau der A100 und Mobilitätswende
Der Streit um die A100 steht damit exemplarisch für die Widersprüche der Berliner Verkehrspolitik. Einerseits fordern viele Berlinerinnen und Berliner mehr Entlastung für den motorisierten Verkehr, andererseits wächst der Druck, Flächen gerechter zu verteilen und klimafreundliche Alternativen zu stärken.
Solange der Bund das Projekt nicht wieder priorisiert, bleibt der 17. Bauabschnitt auf unbestimmte Zeit Zukunftsmusik. Ob Berlin am Ausbau seiner Stadtautobahn festhält oder den Fokus stärker auf öffentliche Verkehrsmittel und nachhaltige Mobilität legt, wird zu einer zentralen Frage der kommenden Jahre.
Quellen: Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, VIZ – Verkehrsinformationszentrale, BVG, rbb24, Berliner Zeitung, Der Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, S-Bahn Berlin, CDU Berlin, Autobahn GmbH des Bundes
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„Mehrheit der Berliner […] Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Tagesspiegels“ – Ihr schreibt diesen Lobby-Unsinn des Tagesspiegels einfach ab, liebes @entwicklungsstadt.de-Team? Schade!
Wer weiß, wie Civey arbeitet, versteht, dass diese Umfrage nicht „repräsentativ“ ist, sondern allenfalls die Stimmung meinungsstarker Tagesspiegel-Leser und -Leserinnen abbildet. Dass ein (im Durchschnitt) gutbürgerliches & Westberliner Lesepublikum den Weiterbau befürwortet, ist dann im Grunde auch keine Nachricht / Neuigkeit mehr.
Ich glaub auch wenn man alle befragen würde wäre so mehr 40/50/10, mit der Mehrheit dagegen.