Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat die Erweiterung des Milieuschutzgebiets „Kreuzberg-Nord“ beschlossen. Der Milieuschutz am Hafenplatz soll Verdrängung verhindern und spekulative Bauvorhaben einschränken. Ein umfassender Rahmenplan zur behutsamen Weiterentwicklung des Quartiers wird derzeit erarbeitet.

Der Gebäudekomplex „Pyramide“ befindet sich am Hafenplatz in direkter Nähe zum Mendelssohn-Bartholdy Park in Kreuzberg. Rund 100 Initiativen fordern den Erhalt des Gebäudes und die Sicherung im Rahmenplan des Bezirks. / © Foto: Matthias Grünzig

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© Foto Titelbild: IMAGO / Jürgen Ritter

 

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat Mitte April 2025 die Erweiterung des bestehenden Milieuschutzgebiets „Kreuzberg-Nord“ beschlossen. Der neue Geltungsbereich umfasst den Hafenplatz sowie angrenzende Bereiche entlang der Schöneberger Straße, des Askanischen Platzes, der Stresemannstraße und der Köthener Straße. Ziel der Maßnahme ist es, die angestammte Bevölkerungsstruktur zu erhalten und der drohenden Verdrängung entgegenzuwirken.

Im Erweiterungsbereich wird ein hohes bauliches Aufwertungspotenzial vermutet, weshalb geprüft wird, ob daraus ein Aufwertungsdruck entstehen könnte. Mit der Aufstellung einer Erhaltungssatzung können Bauanträge, die zur Verdrängung beitragen könnten, zurückgestellt oder abgelehnt werden. Die abschließende Entscheidung über die Festsetzung wird im vierten Quartal 2025 erwartet.

Unvollendete Bauprojekte und rechtliche Verfahren: Investor Moraitis in der Kritik

Anlass für die Erweiterung ist unter anderem das Vorhaben des Unternehmens Hedera Bauwert, am Hafenplatz bestehende Wohngebäude aus den 1970er Jahren abzureißen. Geplant war, die etwa 400 bestehenden Plattenbauwohnungen durch rund 900 neue Wohnungen und Gewerbeflächen zu ersetzen. Laut der Bezirksverwaltung hatte die Eigentümerseite einen Totalabriss der Wohnsiedlung angestrebt, was eine vollständige Veränderung der Quartiersstruktur bedeutet hätte.

Das Unternehmen und sein Geschäftsführer Ioannis Moraitis stehen seit Jahren in der Kritik. Gegen Moraitis bestehen zahlreiche Verfahren wegen unvollendeter Bauprojekte, offener Forderungen und nicht eingehaltener Bauauflagen. Im April 2025 wurde ein ziviler Haftbefehl gegen ihn erlassen, da er gerichtlichen Ladungen nicht nachgekommen war.

Milieuschutz am Hafenplatz: Bezirksamt setzt auf behutsame Nachverdichtung am Hafenplatz

Statt eines umfassenden Abrisses verfolgt das Bezirksamt das Ziel, das Quartier am Hafenplatz durch eine behutsame Nachverdichtung weiterzuentwickeln. Ein städtebaulicher Rahmenplan soll Grundlagen schaffen, um gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen beim Erwerb von Grundstücken und Immobilien zu unterstützen, auch unter Nutzung von Vorkaufsrechten.

Baustadtrat Florian Schmidt wies darauf hin, dass das Gebiet durch seine Nähe zum Potsdamer Platz besonders im Fokus spekulativer Investitionen stehe. Der Aufstellungsbeschluss sende daher ein klares Signal an den Immobilienmarkt, dass die Erhaltung der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung Vorrang vor profitorientierten Neubauprojekten habe.

Kreuzberg: Debatte um den Erhalt der „Pyramide“ und bestehender Bauten

Eine zentrale Rolle in der aktuellen Debatte spielt der Erhalt der sogenannten „Pyramide“, eines prägnanten Wohngebäudes aus den frühen 1970er Jahren. Die Initiative Offene Mitte Berlin fordert gemeinsam mit zahlreichen Institutionen – darunter architects for berlin und der BUND Berlin – den Erhalt und die Sanierung des Gebäudes als Modellprojekt für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung.

Das Gebäude bietet aktuell über 400 Wohneinheiten, darunter ehemalige Studierendenwohnungen und geförderten Wohnraum. Experten und Initiativen verweisen auf den städtebaulichen und baukulturellen Wert der Anlage und sehen in der Erhaltung eine Chance, den Charakter des Quartiers zu bewahren und gleichzeitig eine ressourcenschonende Stadterneuerung umzusetzen.

Entscheidung noch ausstehend: Zukunftsperspektiven für das Quartier am Hafenplatz

Ob das Gebiet künftig unter Milieuschutz gestellt wird, entscheidet sich voraussichtlich ab Oktober 2025. Bis dahin können geplante bauliche Veränderungen durch das Bezirksamt ausgesetzt werden, um Verdrängungstendenzen zu verhindern. Ein Totalabriss der Bestandsbauten ist durch den Aufstellungsbeschluss faktisch vorerst ausgeschlossen.

Die Eigentümerseite signalisiert hingegen weiterhin Offenheit für verschiedene Optionen. Parallel arbeitet das Bezirksamt an einer langfristigen Planung für den Hafenplatz, die gemeinwohlorientierte Wohn- und Gewerbenutzung in den Mittelpunkt stellt. Damit könnte das Quartier künftig als Modell für sozialverträgliche und nachhaltige Stadtentwicklung in Berlin dienen.

Quellen: Pressemitteilung Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, taz – Die Tageszeitung, Berliner Morgenpost

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One Comment

  1. Franz 26. April 2025 at 07:52 - Reply

    Wird das helfen oder eine ähnlich unbefriedogende Situation wie am Mehringplatz befördern?

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