Eine symbolische Aktion sorgte für mediale Aufmerksamkeit: Aktivisten tauschten die Schilder der Berliner Mohrenstraße aus – die Berliner Morgenpost berichtete von einer vollzogenen Umbenennung. Doch laut Bezirksamt Mitte ist das juristische Verfahren noch nicht abgeschlossen. Die offizielle Umbenennung steht weiterhin aus.

Die Mohrenstraße steht seit Jahren im Zentrum der Debatte um koloniale Kontinuitäten im Berliner Stadtraum. Seit 2004 fordern Initiativen wie der Afrika-Rat Berlin-Brandenburg eine Umbenennung zu Ehren einer afrikanischen Persönlichkeit und veranstalten seit 2014 regelmäßig Straßenfeste, um Sichtbarkeit für ihr Anliegen zu schaffen. / © Foto: Wikimedia Commons, Tomasz Sienicki, CC BY 3.0
© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Grissef, CC BY-SA 4.0
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In Berlin-Mitte sorgt ein symbolischer Akt für Verwirrung: Aktivisten haben die Straßenschilder der Mohrenstraße durch neue mit der Aufschrift „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“ ersetzt. Die Berliner Morgenpost berichtete daraufhin von einer offiziell vollzogenen Umbenennung. Doch das Bezirksamt Mitte widerspricht nach Anfrage dieser Darstellung.
Laut Bezirksamt sei der Austausch der Schilder nicht von offizieller Stelle durchgeführt worden. Vielmehr handele es sich um eine nicht genehmigte Aktion, die rechtlich keine Gültigkeit habe. Die Straßenumbenennung sei nach wie vor Gegenstand eines laufenden Gerichtsverfahrens.
Gerichtliches Verfahren noch nicht abgeschlossen: Umbenennung weiterhin ausgesetzt
Bereits im Juli 2023 hatte das Verwaltungsgericht Berlin die erste Klage gegen die geplante Umbenennung zurückgewiesen. Der Kläger stellte daraufhin einen Antrag auf Berufungszulassung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Über diesen Antrag wurde bisher nicht entschieden. Laut Bezirksamt Mitte bleibt die Umbenennung solange ausgesetzt, bis ein endgültiges Urteil vorliegt.
Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, sei derzeit unklar. Erst wenn das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, können die offiziellen Straßenschilder ausgetauscht werden.
Anton Wilhelm Amo als Symbol für eine neue erinnerungspolitische Haltung
Der geplante neue Name erinnert an Anton Wilhelm Amo, einen afrikastämmigen Philosophen des 18. Jahrhunderts. Er war der erste bekannte Schwarze Gelehrte an deutschen Universitäten und lehrte in Halle, Wittenberg, Jena und Berlin. Die Wahl seines Namens als Straßennamensgeber soll ein Zeichen gegen koloniale Kontinuitäten und für eine vielfältigere Erinnerungskultur setzen.
Vertreterinnen und Vertreter des Bezirks betonen, dass marginalisierte Perspektiven in der städtischen Erinnerung zunehmend sichtbarer werden müssten. Die Debatte um die Mohrenstraße habe ein breites öffentliches Bewusstsein für rassistische Straßennamen geschaffen.
Straßennamen im Wandel: Koloniale Bezüge und mangelnde Diversität rücken in den Fokus
Bereits 2020 hatte die Bezirksverordnetenversammlung Mitte die Umbenennung beschlossen. Darauf folgten zahlreiche öffentliche Diskussionen und rechtliche Auseinandersetzungen. Vorschläge wie „Glinkastraße“ oder die Benennung nach der sri-lankischen Politikerin Sirimavo Bandaranaike wurden verworfen. Der Name Anton Wilhelm Amo erhielt schließlich die Zustimmung des Bezirks.
Im Unterschied zu anderen Bezirken wie Neukölln bestand das Bezirksamt Mitte jedoch auf einem abgeschlossenen Rechtsweg, bevor Maßnahmen umgesetzt werden. Das sorgte für Verzögerungen, sichert aber laut Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Die Grünen) die juristische Grundlage der Entscheidung.
Symbol für gesellschaftlichen Wandel — doch juristische Entscheidung steht noch aus
Die Auseinandersetzung um die Mohrenstraße steht exemplarisch für eine breitere Bewegung in Berlin. In den vergangenen zehn Jahren wurden laut rbb24 rund 25 Straßen und Plätze umbenannt – viele davon wegen kolonialer, rassistischer oder antisemitischer Konnotationen. Auch das Ungleichgewicht in der Ehrung weiblicher Persönlichkeiten wird zunehmend kritisiert.
Der neue Straßenname für die Mohrenstraße in Berlin-Mitte wäre nicht nur ein erinnerungspolitisches Zeichen, sondern auch Ausdruck eines kulturellen Wandels. Doch bis dahin gilt: Die Entscheidung der Gerichte steht noch aus.
Quellen: Bezirksamt Mitte, rbb24, Berliner Morgenpost, Tagesspiegel