Ein unscheinbarer Tunnel unter der Spree spielt eine zentrale Rolle für Berlins U-Bahnnetz: der Waisentunnel zwischen U5 und U8. Nach jahrelanger Sperrung wegen Sicherheitsmängeln plant die BVG nun einen umfassenden Ersatzneubau — eine Herausforderung mit hoher verkehrlicher Bedeutung.

Der Waisentunnel erstreckt sich über 865 Meter und verläuft vom Märkischen Ufer unter der Spree entlang bis zur Rathausstraße. Im südlichen Abschnitt verfügt er über ein 120 Meter langes Abstellgleis. Vom Tunnel zweigt zudem der sogenannte Klostertunnel zur Linie U2 ab. / © Foto: Wikimedia Commons, Michael F. Mehnert, CC BY-SA 3.0

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© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Eric H., CC BY-SA 3.0 DE

 

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen Ende 2025 mit dem Ersatzneubau des sogenannten Waisentunnels beginnen. Der Tunnel verbindet die U-Bahnlinien U5 und U8 im Bezirk Mitte und ist essenziell für den reibungslosen Fahrzeug- und Werkstattbetrieb. Obwohl nie Fahrgäste durch den Tunnel befördert wurden, ist er betrieblich von zentraler Bedeutung. Seit sieben Jahren ist der Tunnel aus Sicherheitsgründen gesperrt.

Aktuell sind die Werkstatt Friedrichsfelde und die Linie U5 vom übrigen Netz abgekoppelt. Für Wartungszwecke müssen Züge aufwendig per Tieflader durch die Stadt transportiert werden. Durch den neuen Tunnel soll diese Praxis bald entfallen. Die BVG bereitet sich auf einen direkten Baubeginn nach der planrechtlichen Genehmigung vor.

Komplexer Neubau unter der Spree: Zwei Bauphasen bei laufendem Schiffsverkehr

Der neue Tunnelabschnitt verläuft erneut unter der Spree, was besondere technische Anforderungen mit sich bringt. Um den Schiffsverkehr aufrechtzuerhalten, wird der Flussabschnitt zunächst mit Stahlbetonschotten abgetrennt und wasserfrei gemacht. In dieser trockenen Baugrube erfolgt dann die erste Bauphase auf der Südseite der Spree: Spundwände und eine Sohle werden eingebracht, bevor die Tunnelhälfte entsteht.

Im zweiten Schritt wird die Grube geflutet, die Schotten auf die Nordseite versetzt und das Vorgehen wiederholt. So entsteht schrittweise ein neuer, dichter Tunnel unter der Spree. Die BVG betont, dass trotz dieser aufwendigen Verfahren ein zügiger Bauablauf angestrebt wird.

Vom AEG-Projekt zur Fluchtroute: Die wechselvolle Geschichte des Waisentunnels

Der ursprüngliche Waisentunnel wurde 1918 eröffnet. Er war Teil eines von der AEG geplanten U-Bahnprojekts, das nach dem Ersten Weltkrieg unvollendet blieb. Die Stadt Berlin übernahm den halbfertigen Tunnel und integrierte ihn in das wachsende U-Bahnnetz. Zwischen Alexanderplatz und Heinrich-Heine-Straße verband der Tunnel später U5 und U8 und diente sogar als Fluchtroute aus der DDR.

Technisch bereitete der Tunnel jedoch immer wieder Probleme. Frühzeitig kam es zu Wassereinbrüchen. Bereits 1930 wurde eine zusätzliche Innenschale eingebaut, um die Dichtigkeit zu verbessern. Doch spätestens seit 2017 zeigten sich erneut massive Schäden, die Decke musste gestützt, das Gleis gesperrt werden. Ein kompletter Ersatz ist nun unausweichlich.

Mehr Flexibilität und Kapazitäten: Der Neubau soll Werkstätten entlasten und den Nahverkehr stärken

BVG-Vorstand Henrik Falk betonte, dass mit dem Neubau eine Voraussetzung geschaffen werde, um alle Werkstätten des Unternehmens effizient auszulasten. Nur so könne die gesamte Wagenflotte verlässlich in den Betrieb gehen. Dies sei eine gute Nachricht für alle Fahrgäste.

Zudem ermögliche der neue Tunnel, bestehende Werkstätten auszubauen und langfristig an die wachsenden Anforderungen im Nahverkehr anzupassen. Die Fertigstellung ist für spätestens 2028 vorgesehen. Die veranschlagten Baukosten liegen aktuell bei rund 55,5 Millionen Euro.

Quellen: BVG, Wikipedia

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2 Kommentare

  1. Sven Koester 4. Juni 2025 at 11:38 - Reply

    Anstatt den Waisentunnel neu zu bauen, sollte die BVG die U5 vom Hauptbahnhof bis zum bereits vorhandenen Vorratsbau der U9 Station Turmstraße verlängern und damit eine super Ost-West- Verbindung schaffen. Der „Inselbetrieb“ der U5 wäre dann beendet, da die Züge über die U9 mit dem restliche Netz wieder verbunden wären. Der Neubau des Waisentunnel könnte entfallen und die Kosten hierfür eingespart werden. Aus meiner Sicht sollte man diese Variante unbedingt durchrechnen.

  2. Schröder 9. Juni 2025 at 15:30 - Reply

    Interessant wirklich! Man sollte alle vorhandenen Tunnel unter dem Osten der Stadt mit anbinden komplett Weißensee, Lichtenberg Pankow! Das wär eine wirklich gute Verkehrswende und würde einiges Entlasten und ändere ndere zum Umsteigen vom Auto in Öffis bewegen! Grüße!

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