Die Bornplatzsynagoge soll an historischer Stelle im Hamburger Grindelviertel wiederaufgebaut werden – nicht als Rekonstruktion, sondern als Symbol für lebendiges jüdisches Leben in Deutschland. Die Planungen laufen auf Hochtouren. Dabei geht es um ein Projekt mit gesellschaftlicher, politischer und historischer Tragweite.

Die Bornplatzsynagoge kurz nach der Einweihung 1906. In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde sie zerstört, in Brand gesetzt und 1939 auf Kosten der jüdischen Gemeinde abgerissen. Nun soll sie neu entstehen. / © Foto: Wikimedia Commons, Knackstedt & Näther, CC0

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© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Minderbinder, CC BY-SA 4.0 

 

Mehr als 80 Jahre nach der Zerstörung der Bornplatzsynagoge durch die Nationalsozialisten wird in Hamburg ein bedeutendes Zeichen gesetzt: Die traditionsreiche Synagoge im Grindelviertel soll neu entstehen. Die Initiative geht von der Stiftung Bornplatzsynagoge und der Jüdischen Gemeinde Hamburg aus, unterstützt durch Politik und Zivilgesellschaft. Das Vorhaben steht stellvertretend für die Wiederbelebung jüdischen Lebens in Deutschland und als Mahnung an die Geschichte.

Der Neubau soll dabei Religion, Gedenken und Dialog vereinen und künftig ein Ort der Begegnung und des Lernens sein. Trotz unterschiedlicher Stimmen in der Debatte sind sich Befürworterinnen und Befürworter einig: Der Wiederaufbau trägt die Erinnerung an die Shoah in die Zukunft – verbunden mit der Hoffnung auf eine offene, diverse Stadtgesellschaft.

Ein Ort der Erinnerung und Begegnung für jüdisches Leben in Hamburg

Die neue Bornplatzsynagoge soll ein multifunktionales Zentrum jüdischen Lebens werden. Neben einem orthodoxen und einem liberalen Gottesdienstraum ist ein Café geplant, das als öffentlicher Treffpunkt dienen soll. Die Jüdische Gemeinde Hamburg verfolgt das Ziel, niedrigschwellige Zugänge zum jüdischen Glauben und zur jüdischen Kultur zu schaffen. Dabei ist bewusst keine abgeschottete Sicherheitsarchitektur vorgesehen. Stattdessen orientieren sich die Planungen am Münchner Modell, das ohne sichtbare Barrieren auskommt.

Ein zentrales Anliegen ist der sensible Umgang mit dem Mahnmal auf dem Joseph-Carlebach-Platz, dem Bodenmosaik der Künstlerin Margrit Kahl. Es soll, wie die Stiftung mitteilt, behutsam in das Neubaukonzept integriert und nicht entfernt werden. Die Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft steht im Zentrum des architektonischen und gesellschaftlichen Entwurfs.

Bornplatzsynagoge in Hamburg: Bürgerschaftliches Engagement und öffentliche Unterstützung

Das Bauvorhaben wird jedoch nicht nur planerisch und konzeptionell sorgfältig vorbereitet – es fußt auch auf einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung, die weit über die jüdische Gemeinde hinausreicht. Bereits 2021 unterstützten über 100.000 Hamburgerinnen und Hamburger den Wiederaufbau mit ihrer Unterschrift. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Kultur und Religion (darunter der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz und Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher) betonten die Bedeutung eines neuen jüdischen Zentrums an historischer Stelle.

Die Stiftung Bornplatzsynagoge setzt zudem auf den Dialog mit der Nachbarschaft. Formate wie Stadtteilfeste, Führungen durch das Grindelviertel und sogar Speed-Datings sollen den Austausch fördern. Dabei gehe es laut Stiftungsvorsitzendem Daniel Sheffer darum, jüdisches Leben in der Stadt wieder sichtbar und selbstverständlich zu machen.

Architekturwettbewerb gestartet: Synagoge als Symbol für Vergangenheit und Zukunft

Ein internationaler Architekturwettbewerb soll den geeigneten Entwurf für das Gebäude liefern. Derzeit läuft die erste Phase, deren Ergebnisse im Herbst 2025 vorgestellt werden sollen. Die Herausforderung: ein Bau, der sowohl Erinnerungs- als auch Zukunftsort ist, ohne in museale Rekonstruktion zu verfallen.

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Einige Historiker und Architektinnen äußern Bedenken hinsichtlich der historischen Authentizität und befürchten eine „Verklärung der Vergangenheit“. Sie plädieren für moderne Formen der Erinnerung, etwa durch digitale Rekonstruktionen. Doch die Stiftung hält dem entgegen, dass es gerade die reale Präsenz des Neubaus sei, die jüdisches Leben heute sichtbar und erfahrbar mache.

Symbol für eine offene Stadtgesellschaft: Hamburg setzt auf Offenheit und Dialog

Mit dem geplanten Neubau erhält Hamburg nicht nur eine der größten Synagogen Deutschlands zurück, sondern setzt auch ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus und für religiöse Vielfalt. Der Bau ist Teil einer langfristigen Strategie zur Förderung jüdischen Lebens, eingebettet in eine vielfältige Stadtgesellschaft.

Im Grindelviertel, dem historischen Zentrum jüdischen Lebens in Hamburg, soll ein solcher Ort entstehen, der über religiöse Funktionen hinaus wirkt. Die Bornplatzsynagoge wird – so das erklärte Ziel – zu einem Wahrzeichen des Erinnerns und der Zukunft gleichermaßen.

Quellen: Stiftung Bornplatzsynagoge, Hamburger Abendblatt, NDR, Wikipedia, Jüdische Allgemeine, ARD, Domradio

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