Im Frankfurter Ostend erhebt sich seit 2014 ein architektonisches Symbol europäischer Finanzkraft: Das Hauptgebäude der Europäischen Zentralbank verbindet spektakuläre Hochhausarchitektur mit denkmalgeschütztem Bestand.

Der Neubau der Europäischen Zentralbank wurde nach mehreren Planungsanpassungen und mit deutlicher Kostensteigerung realisiert. Ursprünglich auf 500 Millionen Euro kalkuliert, beliefen sich die Gesamtkosten am Ende auf rund 1,3 Milliarden Euro. Verzögerungen im Bauablauf und die aufwendige Integration der denkmalgeschützten Großmarkthalle führten wesentlich zu dieser Erhöhung. / © Foto: Depositphotos.com
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Im Osten Frankfurts wurde ein städtebauliches Signal von internationaler Strahlkraft gesetzt: Der Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB), entworfen vom Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au, vereint moderne Hochhausarchitektur mit der historischen Großmarkthalle aus den 1920er Jahren.
Das Ensemble, das seit seiner Fertigstellung im Jahr 2014 die Skyline der Stadt ergänzt, markiert nicht nur eine neue Ära für die EZB, sondern zugleich auch eine städtebauliche Transformation des Ostends.
Fertigstellung 2014: Neubau der EZB im Frankfurter Ostend als städtebauliches Signal
Die Entscheidung für den Standort fiel nach einem intensiven Auswahlprozess. Denn das Areal der ehemaligen Großmarkthalle bot nicht nur ausreichend Platz, sondern auch das Potenzial, ein architektonisch und historisch einzigartiges Ensemble zu schaffen. Der Planungsprozess wurde daraufhin durch einen internationalen Wettbewerb eingeleitet, den Coop Himmelb(l)au mit einem Entwurf gewann, der mutige Geometrien mit innovativer Funktionalität verband.
Zusätzlich zum architektonischen Wettbewerb, an dem über 70 Büros teilnahmen, spielte auch die Bürgerbeteiligung eine Rolle. In mehreren öffentlichen Veranstaltungen wurden die Planungsprozesse vorgestellt und diskutiert. Der Siegerentwurf von Coop Himmelb(l)au setzte sich mit seiner expressiven Formensprache deutlich von den konservativeren Entwürfen anderer Büros ab und überzeugte insbesondere durch seine symbolische Kraft.
Vertikale Stadt trifft auf historisches Herzstück: die Konstruktion des EZB-Doppelturms
Das architektonische Konzept basiert auf zwei gegeneinander verdrehten Hochhaustürmen, die durch ein 60 Meter hohes, gläsernes Atrium miteinander verbunden sind. Diese sogenannte „vertikale Stadt“ enthält Brücken, Plattformen und Stege, die als kommunikative Zwischenräume fungieren. Mit einer Höhe von 185 Metern (Nordturm) und 165 Metern (Südturm) sowie einer Antennenspitze, die das Ensemble auf insgesamt 201 Meter wachsen lässt, zählt die EZB zu den höchsten Gebäuden Deutschlands.
Ein zentrales Element des Neubaus ist die denkmalgeschützte Großmarkthalle, deren 250 Meter langer Baukörper in das Gesamtkonzept integriert wurde. Sie beherbergt heute Konferenzräume, ein Besucherzentrum sowie ein Restaurant für die Mitarbeitenden. Ein zusätzliches Eingangsbauwerk verbindet Alt und Neu und dient gleichzeitig als repräsentativer Zugang zur EZB.
Nachhaltigkeit und städtebauliche Einbindung der Europäischen Zentralbank
Neben der markanten Erscheinung wurde dem Thema Nachhaltigkeit bei der Planung große Bedeutung beigemessen. Das Gebäude nutzt Regenwasser, Geothermie und natürliche Belüftung, um den Energieverbrauch gezielt zu minimieren. Besonders die sogenannte „Schild-Hybrid-Fassade“ der Türme ermöglicht eine natürliche Luftzirkulation und trägt gleichzeitig zur Optimierung der Isolierung bei.
Sicherheitstechnisch wurde das Gebäude mit hoher Sorgfalt geplant. Die unterirdische Infrastruktur, die kontrollierten Zugangssysteme sowie die technische Gebäudeausrüstung entsprechen den höchsten Standards internationaler Institutionen. Gleichzeitig wurde darauf geachtet, dass die offene Gestaltung des Außengeländes eine barrierearme Zugänglichkeit ermöglicht.
Auch städtebaulich ist das Ensemble sorgfältig in seine Umgebung eingebettet. Die Blickachsen zur Innenstadt und zum Mainufer wurden bewusst berücksichtigt. Darüber hinaus binden der benachbarte Hafenpark und die Osthafenbrücke den Komplex nahtlos in das Quartier ein. Die EZB dient damit als städtebauliches Scharnier und unterstützt die Entwicklung eines polyzentrischen Frankfurt.
Erinnerung und Verantwortung: Gedenken an ein dunkles Kapitel der Geschichte
Ein zentrales Element des EZB-Areals ist die Gedenkstätte, die an die Deportation jüdischer Frankfurterinnen und Frankfurter während der Zeit des Nationalsozialismus erinnert. Zwischen 1941 und 1945 wurde der östliche Teil der damaligen Großmarkthalle als Sammelstelle für Transporte in Konzentrationslager genutzt. Über 10.000 Menschen wurden von hier aus verschleppt. Dieser Abschnitt der Geschichte ist untrennbar mit dem Ort verbunden.
Das künstlerische, museumsgrafische und architektonische Konzept der Gedenkstätte wurde vom Architekturbüro KatzKaiser (Marcus Kaiser & Tobias Katz) entwickelt. Ihr Entwurf, der 2011 aus einem internationalen Wettbewerb hervorging, verbindet historische Fragmente wie Kellerräume, Rampen und Gleisreste mit dezenten baulichen Ergänzungen. Dabei wurde gezielt auf eine unaufdringliche Gestaltung gesetzt, die eine alltägliche Wahrnehmung des Ortes ermöglicht und die Auseinandersetzung mit der Geschichte in den öffentlichen Raum integriert. Die Gestaltung entstand in enger Abstimmung mit städtischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren.
Zwischen Funktionalität und Symbolik: Die EZB als europäisches Symbol
Der Neubau der Europäischen Zentralbank wurde nach mehreren Planungsanpassungen und mit deutlicher Kostensteigerung realisiert. Ursprünglich auf 500 Millionen Euro kalkuliert, beliefen sich die Gesamtkosten am Ende auf rund 1,3 Milliarden Euro. Verzögerungen im Bauablauf und die aufwendige Integration der denkmalgeschützten Großmarkthalle führten wesentlich zu dieser Erhöhung.
Seit Ende 2014 arbeiten rund 2.300 Mitarbeitende im neuen Hauptsitz der EZB. Der markante Gebäudekomplex erfüllt dabei nicht nur höchste funktionale Anforderungen an einen internationalen Finanzstandort. Mit dem Neubau der Europäischen Zentralbank ist ein Bauwerk entstanden, das weit über seine Funktion als Verwaltungssitz hinaus eine politische und symbolische Dimension besitzt. Die Kombination aus mutiger Architektur, funktionalem Anspruch und historischer Verantwortung macht das Ensemble zu einem der bedeutendsten Neubauten Europas im 21. Jahrhundert.
Quellen: Coop Himmelb(l)au, Europäische Zentralbank, Wikipedia, Frankfurter Stadtevents, FAZ.NET, Spiegel Online, Hessenschau