Ein Vierteljahrhundert nach ihrer Blüte wurde die Fußgängerzone in der Gorkistraße in Berlin-Tegel aufwendig umgestaltet. Heute steht das modernisierte „Tegel Center“ sinnbildlich für die Herausforderungen des modernen Einzelhandels und kämpft mit Leerstand, doch es gibt auch positive Signale.

Mit großen Visionen und viel Geld wurde die Fußgängerzone in Tegel neu gestaltet. Doch Leerstand, Kritik und fehlende Aufenthaltsqualität dämpfen die Hoffnung auf langfristigen Erfolg. Immerhin soll bald eine neue Apotheke eröffnen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Es waren ambitionierte Pläne, die Investor Harald Huth und der damalige Vorstandsvorsitzende der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH, Stephan Fanderl, im Mai 2018 bekanntgaben. Im Norden Berlins, im Reinickendorfer Ortsteil Tegel, sollte ein neues und attraktives Einkaufserlebnis entstehen.
Die in die Jahre gekommene Fußgängerzone Gorkistraße sollte durch mehrere Um- und Neubauten deutlich attraktiver und somit auch neu belebt werden. Immerhin musste sich die Einkaufsmeile gegen das nur wenige hundert Meter entfernt liegende Einkaufszentrum „Hallen am Borsigturm“ zur Wehr setzen.
„Tegel Center“: 50.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche sollten entstehen
50.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche sollten auf dem Areal entstehen, welches von der Berliner Straße im Westen, der Bernstorffstraße im Norden, der Buddestraße im Osten und der Grußdorfstraße im Süden begrenzt werden wird. Architekt des Vorhabens war der Schweizer Max Dudler.
Die Fußgängerzone Gorkistraße wurde 1978 eröffnet und bildet seitdem eine 250 Meter lange, autofreie Einkaufszone in Berlin-Tegel. Das Quartier wurde nach dem russischen Schriftsteller Maxim Gorki benannt. Seit der Jahrtausendwende jedoch war das Areal deutlich in die Jahre gekommen und bedurfte einer Revitalisierung.
250 Mio. Euro wurden in die Revitalisierung der Gorkistraße in Tegel investiert
Die hat Harald Huths HGHI Holding GmbH während der Bauzeit von rund fünf Jahren schließlich vorgenommen und dabei rund 250 Millionen Euro in das aufwendige Umbauprojekt investiert. Dabei wurden einige Bestandsbauten abgerissen und neu gebaut, andere wurden in das neue Ensemble teilweise integriert.
Auf beiden Seiten der Fußgängerzone sind neue Gebäude entstanden. Die einstige Markthalle ist in anderer, veränderter Form zurückgekehrt – aber an einem anderen Standort als zuvor. Der grundsätzliche Charakter der Gorkistraße ist, trotz der modernen Architektur, die entstanden ist, grundsätzlich gleich geblieben.
Felix Schönebeck (CDU): „Die Straße ist im Jahr 2016 steckengeblieben“
Dieser Umstand war und ist für viele Anwohner und Besucher jedoch auch Grund für Kritik. Zur offiziellen Eröffnung des Areals im Oktober 2022 äußerte sich auch der Bezirksverordnete Felix Schönebeck (CDU) gegenüber der Berliner Woche skeptisch zum Projekt: „Zu wenig grün, kaum Mülleimer, keine Verweilmöglichkeiten, geringe Aufenthaltsqualität,“ urteilte er schon damals.
Schönebeck kritisierte noch weiter: „Die Gebäude wurden komplett erneuert, die Straße selbst ist aber im Jahr 2016 stehen geblieben.“ In dieser Zeit wurde der Neubau der Fußgängerzone tatsächlich geplant. Wer die Gorkistraße heute besucht, findet tatsächlich wenig Sitzgelegenheiten. Auch die Begrünung des Areals lässt zu Wünschen übrig. Die Fußgängerzone ist im Grunde vollständig versiegelt.
„Tegel Center“ in der Gorkistraße: Leerstand in einigen Gebäuden
Dafür findet man allerdings etwas anderes: Leerstand an einigen prominenten Standorten der Einkaufspassage, zumindest was den Einzelhandel angeht. Im neu entstandenen, markanten Eckgebäude, welches die Passage an der Berlinre Straße abschließt, befindet sich im Erdgeschoss eine Filiale der Kette des Unternehmens Bacy’s Coffee. Darüber wurden offensichtlich Büroflächen eingerichtet.
Immerhin jedoch ist Galeria Kaufhof wie geplant in die fertigen Räumlichkeiten eingezogen, auch eine neue Apotheke soll in der Fußgängerzone bald eröffnen. Mit Veranstaltungen und Aktionen soll die Fußgängerzone belebt werden, in diesem Jahr sind verschiedene Festivitäten in der Gorkistraße geplant.
Die Immobilien von Leiser und C&A suchen nach neuen Nutzern
Trotzdem stehen traditionelle Einzelhandels-Standorte am Standort Gorkistraße vor dem Aus, wie kürzlich auch die Berliner Morgenpost berichtete. Denn mit dem letzten Verkaufstag Ende Februar 2025 endete die Ära des Traditionsschuhgeschäfts Leiser an der Ecke Berliner Straße/Gorkistraße.
Auch das gegenüberliegende, mittlerweile leerstehende ehemalige C&A-Kaufhaus steht derzeit ohne konkrete Nachnutzung da. Das markante Gebäude wurde 1965/66 vom Essener Architekturbüro Ric Stiens entworfen, das bundesweit zahlreiche Kaufhäuser plante. Frühere Ideen zur Nachnutzung – etwa durch einen Lebensmittelvollsortimenter – seien laut Bezirksstadträtin Korinna Stephan zuletzt nicht weiterverfolgt worden. Bislang gibt es also noch kein tragfähiges Konzept für das leerstehende Kaufhaus.
Herausforderungen: Strukturwandel im Handel, Corona-Pandemie, Karstadt-Krise
Seit der Planung für die Fußgängerzone in Berlin-Tegel ist viel passiert. Neben dem grundsätzlichen Strukturwandel im Einzelhandel kamen die Corona-Pandemie und die bundesweite Schließung zahlreicher Galeria Karstadt Kaufhof Filialen hinzu.
Dies ist in der umgebauten Gorkistraße deutlich zu sehen. Die Fußgängerzone wirkt heute deutlich aufgeräumter und moderner als vor ihrem Umbau, aber wirkliches Leben will dort bislang nur an ausgewählten Tagen oder zu besonderen Anlässen einkehren. Auch hier sollten sich also, wie an vielen anderen Standorten Berlins, die Betreiber über alternative Nutzungsmöglichkeiten Gedanken machen. Gute Ideen sind gefragt.
Quellen: Der Tagesspiegel, Berliner Woche, Architektur Urbanistik Berlin, archdaily, Immobilienzeitung, Wikipedia
Ich bin 60 Jahre alt und lebe in Tegel und Umgebung seit 60 Jahren. Ich erinnere mich, wie die Straße VOR dem Bau der Fussgängerpassage aussah!
In den 80igern gab es nach dem Umbau zur Passage in der Mitte einen SPIELPLATZ!! Leider gab es den nicht mehr, als ich Kinder hatte. Es gab Bänke zum ausruhen und verweilen! FAHRRADSTÄNDER gab es auch! Mit jeder teuren Sanierung wurde die Passgage menschenfeindlicher!! Da ist viel Geld für eine Betonwüste ausgegeben worden. Obwohl ich in Tegel Süd lebe, gehe ich weder in Tegel einkaufen, noch in Restaurants usw. Es ist ungemütlich, kalt, leer…
Kleinteile Gewerbe Einheiten, viel für täglichen Bedarf, Wohnungen, Autoverkehr durchführen dann wirds wieder. Tegel für die kleinen Leute wieder attraktiv machen. Das Riesenschiff Tegel Center aufteilen ganz anders bestücken. Den Sektor GESUNDHEIT würde ich dort ganz breit aufstellen. Dafür ist die Nachfrage riesig gerade dort bei der Überalterung dort!!!!
Mit dem alten Tegel-Center war ich sehr zufrieden. Ich habe nie verstanden, wozu man überhaupt so viel abgerissen und neu gebaut. hat.