Obwohl in Berlin dringend Wohnraum benötigt wird, sind im Hochhaus „Haus Ruth“ weiterhin zahlreiche Wohnungen unvermietet – mutmaßlich auch wegen der hohen Mietpreise. Das Bezirksamt Neukölln hat nun reagiert und ein Zwangsgeld gegen den Eigentümer, das Petruswerk, verhängt. Der Fall wirft erneut Fragen zur Zweckentfremdung und sozialen Verantwortung von Wohnungsbaugesellschaften auf.

600 neue Mietwohnungen sind im „Wohnpark St. Marien“ an der Grenze zwischen Neukölln und Tempelhof auf dem Gelände einer historischen Heilanstalt entstanden. Das „Haus Ruth“ ist das Hochhaus im Hintergrund. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT

 

Im Hochhaus „Haus Ruth“, Teil des Wohnquartiers „St. Marien“ in Berlin-Neukölln, stehen seit fast zwei Jahren mehrere Wohnungen leer. Eigentümer des 21-geschossigen Gebäudes ist die katholische Wohnungsbaugesellschaft Petruswerk. Die Gesellschaft hatte im Sommer 2023 mit der Vermietung begonnen, doch laut Bezirksamt blieb ein Großteil der Einheiten ungenutzt. Grund dafür dürften die hohen Mietpreise sein: Aktuell werden 3-Zimmer-Wohnungen für rund 2.400 Euro kalt angeboten, Vier-Zimmer-Wohnungen im 19. Stock kosten sogar 3.300 Euro – das entspricht bis zu 28 Euro pro Quadratmeter.

Nach Angaben des Bezirks Neukölln gegenüber dem Tagesspiegel wurden bislang 15 leerstehende Wohnungen identifiziert. Für jede davon setzte das Bezirksamt nun ein Zwangsgeld von 5.000 Euro fest – insgesamt 75.000 Euro. Das Amt kündigte an, bei weiterhin ausbleibender Vermietung höhere Summen verhängen zu können, so der Tagesspiegel.

Zweckentfremdung durch Leerstand: Bezirksamt greift nach mehr als einem Jahr zum Zwangsgeld

Die Maßnahme beruht auf dem Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum. Dieses greift laut Gesetz auch bei Neubauten, wenn Wohnungen länger als drei Monate leer stehen. Ein entsprechendes Verfahren hatte das Bezirksamt bereits vor über einem Jahr eingeleitet. Die Entscheidung, nun ein Zwangsgeld zu verhängen, zeigt: Der Bezirk will konsequent gegen nicht genutzten Wohnraum vorgehen – insbesondere in Zeiten angespannter Wohnungsmärkte.

Auf der Vermietungsplattform des Petruswerks sind derzeit noch elf Wohnungen im „Haus Ruth“ ausgeschrieben. Damit bleibt das Gebäude trotz seiner zentralen Lage in der Nähe von Tempelhofer Feld und Ringbahn weiterhin teilweise unbewohnt.

Historisches Klinikgelände wird Wohnquartier: Entstehung des „Wohnparks St. Marien“ in Neukölln

Der „Wohnpark St. Marien“ wurde auf dem Gelände der ehemaligen Brandenburgischen Hebammen-Lehranstalt in Neukölln errichtet. Die AVILA-Gruppe und das Petruswerk planten dort rund 600 Mietwohnungen, verteilt auf denkmalgeschützte Bestandsbauten und moderne Neubauten. Die Bauarbeiten begannen nach dem Erwerb des Geländes im Jahr 2014, die meisten Gebäude sind mittlerweile fertiggestellt und bezogen.

Das „Haus Ruth“ bildet mit 21 Obergeschossen den markanten Hochpunkt des Quartiers. Im autofreien Ensemble wurden außerdem Tiefgaragen und Gemeinschaftseinrichtungen wie ein Familienzentrum und ein Studentenwohnheim umgesetzt. Das Quartier liegt an der Grenze zu Tempelhof-Schöneberg und ist über die Hermannstraße und Silbersteinstraße gut erreichbar.

Zweckentfremdung trotz Sozialauftrag: Kritik an Mietpreisen im „Haus Ruth“ wächst

Das Petruswerk, gegründet 1958 von der katholischen Kirche, verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Doch die aktuellen Mieten im „Haus Ruth“ widersprechen diesem Anspruch – so zumindest die Kritik aus Politik und Zivilgesellschaft. Der nun verhängte Zwangsgeldbescheid wirft erneut die Frage auf, wie wirkungsvoll das Zweckentfremdungsverbot in der Praxis durchgesetzt werden kann.

Wie sich der Fall weiterentwickelt, hängt nun von der Reaktion des Petruswerks ab. Sollte das Unternehmen weiterhin nicht vermieten, drohen weitere Sanktionen. Für den Bezirk Neukölln ist der Fall ein Präzedenzbeispiel – und ein Signal an andere Eigentümer, dass spekulativer Leerstand nicht folgenlos bleibt.

Auf dem Gelände der ehemaligen Brandenburgischen Hebammen-Lehranstalt und Frauenklinik im Nordwesten von Neukölln hat die AVILA-Gruppe das Projekt „Wohnpark St. Marien“ realisiert. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Quellen: Tagesspiegel, petruswerk Katholische Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH, Architektur Urbanistik Berlin, AVILA-Gruppe

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6 Kommentare

  1. Max 21. Mai 2025 at 16:22 - Reply

    Berlin ist immer noch arm, aber unsexy. Vor allem für Investoren und andere „Reiche“, denen die Stadt das Leben schwer macht.

    Und unsere Provinzhauptstadt ist nicht New York, auch nicht Paris oder London. dort wären obige Preise nämlich noch günstig.

    • Böhme 24. Mai 2025 at 02:14 - Reply

      Bis zu 28,- € je Quadratmeter nettokalt sind selbst in Paris und London oberes Preisniveau – und Berlin ist nun mal nicht Paris oder London, schon gar nicht New York! Und was heißt „… Investoren und andere „Reiche“ …“??? Das Petruswerk gehört der ach so nächstenliebenden katholischen Kirche, die über Nächstenliebe Demut und Bescheidenheit predigt. Und offensichtlich finden die Wohnungen bei den „Reichen“ keinen Anklang, werden sie doch von den „Reichen“ frecherweise nicht angemietet!

  2. Max 21. Mai 2025 at 16:31 - Reply

    noch etwas, was der gemeine Linkspolitiker nicht kapiert ist, dass im Neubau bei 4000 Euro pro qm Mieten von ca. 20 Euro pro qm zwingend sind, wenn das Geld nicht vom Himmel fällt. Die sogenannten bezahlbaren Mieten kommen heraus, wenn entweder der Staat zuschiesst, oder wie in obigem Fall, eine Mischkalkulation stattfindet, und die solventen Mieter mehr bezahlen. Diese jetzt zu verunmöglichen per Zwang wird andere Investoren sicher zum Bauen motivieren.

    • Manu 21. Mai 2025 at 22:00 - Reply

      Ach das tut uns aber leid… Die Stadt macht es Spekulanten und Immobilieninvestoren also schwer? Ich wünschte du hättest Recht, aber wenn ich mir sie Stadtentwicklung der letzten Jahre so anschaue komme ich zum Entschluss das es leider nicht so ist. Keiner braucht Immobilienspekulanten, sie schaffen keinen Mehrwert für die Gesellschaft.
      Mieten wird zunehmend teurer und für viele sogar unbezahlbar, aber hey für New Yorker und Londoner ist das ja noch günstig (Abgesehen davon daß die Löhne dort auch um einiges höher sind).

      Ein Neubau muss keine 4000 € auf den m2 kosten. Das ist weit hoch gegriffen und mir stellt sich sowieso die Frage wieso eine katholische Einrichtung Luxuswohnungen baut und für solch horrende Preise vermietet. Als Katholik empfinde ich das als beschämend.
      Und nein der Staat muss nicht unbedingt Dazuschießen, erst Recht nicht bei privaten Investoren um deren Gewinne noch zu steigern.
      Der Staat bzw. Die Stadt muss selber Wohnungen bauen und zwar im großen Stil. Wenn die Nachfrage geringer wird, werden auch die Mieten wieder sinken.
      Und die großen Wohngesellschaften enteignen, das wäre die mit die beste Option auf lange Sicht, trotz hoher Entschädigungszahlungen.

      • Böhme 24. Mai 2025 at 02:32 - Reply

        Nee, wir müssen vor allem den Druck vom Mietenmarkt nehmen, indem die Migration begrenzt wird. Ohne Migration bräuchten wir überhaupt keine Neubauten, insbesondere keine 500.000 jährlich, von denen letztes Jahr dann bundesweit erfolgreich 241.000 fertiggestellt wurden (400.000 sollten es werden). Und Migration müsste gesteuert werden. Migration konzentriert sich vor allem auf die Großstädte (was verständlich ist, weil man dort am ehesten auf Migranten eigener Herkunft stößt und damit im „eigenen Kulturraum“ im fremden Land leben kann, was dann aber wiederum der Integration entgegensteht.

        Frau Geywitz als vorige Bundesbauministerin verwies dann darauf, dass bundesweit rund 2 Mio. Immobilien leer stünden, von denen allerdings knapp die Hälfte nur nutzbar sind. Ihr Vorschlag zur Bewältigung der Wohnraumkrise in Großstädten: Die deutschen arbeitenden Großstadtbewohner verlassen die Großstädte und beziehen die irgendwo in der Walachei liegenden leerstehenden Wohnungen. Dumm nur, dass der Arbeitsplatz in der Großstadt bleibt. Da stehen dann zwischen 40 und 120 Kilometer Anreise zum Arbeitsplatz täglich pro Strecke (also zwischen 80 und 240 Kilometer täglich) an. Weshalb mindestens 40 Kilometer pro Strecke? Weil um die Großstädte herum in diesem Umkreis mindestens Wohnraummangel besteht, um München herum noch viel weiter! Gleichzeitig wollten die Grünen die Entfernungspauschale abschaffen, sodass die Reise zum Arbeitsplatz nicht mehr abschreibungsfähig wäre (zumal auch bei Beibehalt der Kilometerpauschale zum Arbeitsplatz nur eine Fahrtrichtung und maximal 60 Kilometer finanziert werden).

        Der Staat und die Stadt können nicht mehr Wohnungen bauen, weil die Haushaltslage das nicht hergibt. Und die gibt es nicht her, weil wir irrwitzige Sozialausgaben haben. Wir können also aufgrund der irrwitzigen Sozialausgaben keine Sozialausgaben mehr tätigen – das nennt sich Sozialstaat!

    • Böhme 24. Mai 2025 at 02:17 - Reply

      Die 4.000,- € pro Quadratmeter Baukosten führen aber nicht zu einem Nettokaltmietpreis von 28,- €. Und das Haus steht in Neukölln. Selbst von den oberen Stockwerken hat man im Wesentlichen einen Ausblick auf das von oben nicht ohne Weiteres attraktive Tempelhofer Feld, auf die Stadtautobahn und im Übrigen das „Elendsquartier“ Neukölln.

      Und offensichtlich finden sich auch keine Mieter für diese irrwitzigen Preise!

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