„Berlin+“: Die deutsche Hauptstadt bewirbt sich mit einem ambitionierten, nachhaltigen Konzept um die Olympischen Spiele ab 2036. Gemeinsam mit Partnerregionen sollen bestehende Sportstätten genutzt und neue Standards für urbane Spiele gesetzt werden. Das Olympiadorf könnte unweit des Messegeländes entstehen, auch auf dem Tempelhofer Feld sollen Wettbewerbe durchgeführt werden.

Olympia in Berlin? Der Plan sieht ein Olympiadorf im Westend, Sportstätten in ganz Deutschland und Wettkampfstätten im Berliner Stadtgebiet vor. Zentrale Sportstätte wäre das Olympiastadion Berlin. / © Foto: IMAGO
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Im Berliner Olympiastadion wurde am Dienstagnachmittag das Grobkonzept für eine deutsche Olympia-Bewerbung präsentiert. Die Hauptstadt bringt sich unter dem Titel „Berlin+“ gemeinsam mit Partnerregionen für die Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 in Stellung.
Das Konzept setzt laut Berliner Senat auf Nachhaltigkeit, kurze Wege und bereits bestehende Sportinfrastruktur. Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) stellte die Eckpunkte im Beisein von Vertreterinnen und Vertretern des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vor. Ziel sei es, „die Spiele zu den Menschen zu bringen„.
Sportstätten und Cluster: Wettkämpfe in Berlin und weiteren Bundesländern
Im Fokus der Berliner Bewerbung steht das Olympiadorf auf ehemaligen Bahnflächen zwischen den S-Bahnhöfen Westkreuz und Grunewald unweit der Messe Berlin. Dort sollen bis zu 16.000 Athletinnen und Athleten wohnen – in direkter Nähe zu vielen Wettkampfstätten.
Das Konzept folgt dem „One Village“-Prinzip des IOC, das kurze Wege für Sportlerinnen und Sportler verlangt. Berlin plant die Bildung von Sport-„Clustern“, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erschlossen werden sollen.
Auch auf dem Tempelhofer Feld sollen Olympia-Wettbewerbe stattfinden
Wettkämpfe sollen unter anderem im Olympiastadion, im Sportforum Hohenschönhausen, in der Messe Berlin und auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof stattfinden. Moderne Sportarten wie Bouldern oder Skateboarden sind für Tempelhof vorgesehen, Beachvolleyball vor dem Brandenburger Tor.
Schwimmwettbewerbe könnten in der bestehenden Halle an der Landsberger Allee oder in einer neuen Mehrzweckhalle im Sportforum stattfinden. Für die Leichtathletik ist das Olympiastadion gesetzt, Marathon und Triathlon sollen über die Museumsinsel und von Potsdam aus über die Glienicker Brücke führen.
Regionale Kooperation: Olympia-Bewerbung „Berlin+“ als bundesweites Projekt
Berlin bewirbt sich nicht allein: Unter dem Dach von „Berlin+“ sind mehrere Bundesländer eingebunden. Sachsen bietet Hallenflächen und die Kanu-Slalom-Strecke Markkleeberg an. Brandenburg bringt den Beetzsee für Ruder- und Kanu-Regatten ins Spiel, Bad Saarow für Golf, Frankfurt (Oder) für Sportschießen.
Reitwettbewerbe sollen in Aachen stattfinden, Fußballvorrunden in Stadien in Nordrhein-Westfalen. Die Segelwettbewerbe sind noch offen – Rostock und Kiel konkurrieren um den Zuschlag.
Zeitplan und Auswahlverfahren: Innerdeutsche Olympia-Entscheidung fällt 2026
Die Interessensbekundungen müssen bis Ende Mai 2025 beim DOSB eingereicht werden. Die Prüfung der Konzepte ist bis September angesetzt, eine finale Auswahl soll bis Herbst 2026 getroffen werden.
Dann wird auf einer außerordentlichen DOSB-Mitgliederversammlung entschieden, welches Konzept Deutschland international vertritt. Eine Bewerbung für 2036 gilt als möglich, auch 2040 oder 2044 stehen zur Diskussion. Der DOSB rechnet mit einer Vergabeentscheidung durch das IOC im Jahr 2027.
Gesellschaftliche Debatte um Olympia-Bewerbung: Volksinitiativen und Bürgerbeteiligung geplant
Um die Bewerbung abzusichern, setzen Berlin und andere Bewerber auf eine breite gesellschaftliche Beteiligung. Der Landessportbund Berlin prüft derzeit die Einleitung einer Volksinitiative, die das Abgeordnetenhaus zu einer öffentlichen Debatte über das Vorhaben verpflichten würde, Hamburg und München planen ebenfalls Bürgerbefragungen. Ziel ist es, eine Bewerbung auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen – ein Punkt, den auch das IOC zunehmend fordert.
Argumente für Berlin: Infrastruktur, Symbolkraft und Erfahrung
Berlin bringt durchaus einige Pluspunkte für eine erfolgversprechende gesamtdeutsche Bewerbung mit: eine bestehende Infrastruktur, gute Erreichbarkeit, globale Sichtbarkeit und symbolische, international bekannte Orte wie das Brandenburger Tor oder die Museumsinsel.
Zudem hat die Stadt mit der Bewerbung für die Spiele 2000 und große Sportereignissen wie der Leichtathletik-WM 2009 oder der Fußball-EM 2024 internationale Erfahrung gesammelt.
Kritik und offene Fragen: Zeitdruck, Kosten und nationale Konkurrenz
Trotz vieler Vorteile regt sich naturgemäß auch Kritik an einer möglichen Bewerbung. Die Erfahrungen früherer Bewerbungen zeigen: Ohne breite Zustimmung in der Bevölkerung drohen Initiativen oder Ablehnung.
Auch die Kostenfrage ist offen, ebenso wie Umweltverträglichkeit und langfristige Nutzung der Sportanlagen. Hinzu kommt: Auch andere deutsche Städte wie Hamburg, München oder das Ruhrgebiet wollen sich bewerben. International sind Metropolen wie Madrid, Istanbul, Kopenhagen oder Mumbai im Gespräch.
Die Präsentation des Konzepts „Berlin+“ war daher nur ein erster Schritt auf einem potenziellen langen Weg, bei dem noch viele Unwägbarkeiten geklärt werden müssen. Das betrifft allerdings nicht nur Berlin, sondern alle Bewerber-Metropolen.
Quellen: Berliner Senat, DOSB, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Olympiastadion GmbH, TAZ, NOlympia, Landessportbund Berlin