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Fehlende Teams, unklare Zuständigkeiten, keine Kampagne: Der Berliner Senat droht seine Olympia-Chance durch Planlosigkeit zu verspielen. Warum nur fehlt der schwarzroten Regierungskoalition jegliche Begeisterung für das Sport-Großereignis?

Stadion ohne Bestimmung? Bürgerbeteiligung, Kampagne, Konzept – all das bleibt in Berlin bislang nur graue Theorie. Der Senat wirkt überfordert mit seiner eigenen Olympia-Vision. Wieso eigentlich? / © Foto: IMAGO

© Foto Titelbild: ENTWICKLUNGSSTADT

 

Will Berlin überhaupt Olympia? Während München längst abgestimmt und Hamburg bereits Visualisierungen seines Olympia-Konzepts veröffentlicht hat, herrscht in der Hauptstadt weitgehend Stillstand. Von einer Kampagne im Stadtbild fehlt jede Spur, und der Berliner Senat wirkt unentschlossen und schlecht vorbereitet. Lediglich sechs Berliner Profi-Sportvereine wollen öffentlich für das Projekt werben, der Senat selbst ist in Sachen Olympia erstaunlich einsilbig.

Das offizielle Konzept bleibt vage, Zuständigkeiten sind unklar, und die Öffentlichkeit wartet auf greifbare Ideen. Doch die Zeit drängt, denn der Wettbewerb um die Austragung Olympischer Spiele ist längst in vollem Gange, doch Berlin scheint sich selbst im Weg zu stehen.

In Berlin steigt ein Sport-Event nach dem nächsten, aber Olympia scheint kein Thema zu sein

Eigentlich jagt ein Großereignis das nächste, nach dem Berlin-Marathon findet im Olympiastadion im November erstmals das NFL-Europa-Match statt. Rund 500.000 Menschen hatten sich dafür um Tickets beworben, aber mehr als rund 70.000 Fans dürfen nicht rein. Dabei sind die Preise happig, doch das schreckt die Football-Fans nicht ab. Während auf die Sportstadt Berlin der nächste Höhepunkt zurollt, scheint man im Berliner Senat wenig Begeisterung zu verspüren.

Der Berliner Senat kommt mit seiner Olympia-Bewerbung ganz offensichtlich kaum voran, doch woran liegt es? Weder ist die zentrale Steuerungsgruppe vollständig besetzt, wie Der Tagesspiegel berichtet, noch arbeitet die Projektgruppe in der Innenverwaltung mit voller Kapazität. Laut Senatskanzlei sollen die Teams „in Kürze“ arbeitsfähig sein. Nach Informationen aus Regierungskreisen sind bislang jedoch nur wenige der vorgesehenen Stellen besetzt.

Der Berliner Senat ringt um die Besetzung seiner Arbeitsgruppen für eine Olympia-Bewerbung

Dabei ist die Steuerungseinheit entscheidend: Sie soll den Olympia-Beauftragten Kaweh Niroomand unterstützen, die Stadtgesellschaft über die Bewerbung zu informieren und für Begeisterung zu sorgen. Auch in der Innenverwaltung fehlen demnach personelle Ressourcen, um das finale Bewerbungskonzept zu erarbeiten.

Der Start der Kampagne verzögert sich also, und in der Berliner Sportszene wächst die Kritik am tapsigen Vorgehen des Senats. Hinter den Kulissen ist von Abstimmungsproblemen zwischen Senatskanzlei und Innenverwaltung die Rede – wieder einmal. Beobachter bemängeln, dass Innensenatorin Iris Spranger monatelang kaum Initiative gezeigt habe, auch Kai Wegner scheint offenbar kein großer Olympia-Enthusiast zu sein.

„Verspäteter, halbherziger Start“: Wie ernst meint es der Berliner Senat mit Olympia?

Ein führender Berliner Sportfunktionär sprach laut Medienberichten von einem „verspäteten und halbherzigen Start“. Und die Berlinerinnen und Berliner? München und Hamburg befragen ihre Einwohner, die Hauptstadt hat eine solche Befragung bislang nicht geplant. Zwar betonte Wegner, dass Olympische Spiele in Berlin ohne Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger „undenkbar“ seien, doch konkrete Beteiligungsformate fehlen bisher. Ab dem kommenden Jahr sollen immerhin Kiezfeste und Diskussionsveranstaltungen stattfinden.

Auch ein Kuratorium mit Vertretern aus der Stadtgesellschaft ist in Planung, doch die Mitgliederliste ist noch offen. Für die eigentliche Olympia-Kampagne bleibt somit wenig Zeit. Während die anderen Mitbewerber längst Begeisterung entfachen, sucht Berlin noch nach Struktur und Richtung.

Quellen: Berliner Zeitung, Berliner Senat, DOSB, hamburg.de, Der Tagesspiegel, RBB

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4 Kommentare

  1. Böhme 1. November 2025 at 03:50 - Reply

    Ich will Olympia nicht, ich brauche Olympia nicht! Es sind irrwitzige Kosten, die ins Leere gehen, die nicht nachhaltig sind. Ich würde Olympia auch dann nicht wollen, wenn es diesem Land finanziell deutlich besser ginge. Das Ganze ist eine reine Kommerzveranstaltung, bei denen sich wenige auf Kosten der Allgemeinheit eine goldene Nase verdienen. Und nachdem deutsche Sportler ohnehin nicht mehr zur Weltelite gehören, ist Olympia auch unter sportlichen Gesichtspunkten völlig uninteressant!

    Ach ja: Und ich komme nicht aus der linken Ecke der Gesellschaft!

  2. Franz 1. November 2025 at 12:44 - Reply

    Olympische Spiele 2036 in Berlin finde ich völlig geschichtsvergessen und unsäglich. Deswegen bereits war die Initiative des Senats unklug. Und wie sich zeigt, gibt es keinen Elan dafür. Das ist einerseits gut, weil die Spiele so nicht kommen werden. Andererseits darf man dann aber keinen Cent mehr dafür ausgeben, müsste das Vorhaben schnell beenden, wenn man sich nicht des unlauteren Umgangs mit Steuergeldern aussetzen will. Falls der Rechnungshof noch ein Prüfungsfeld sucht, da wäre vielleicht eines, um im Bild zu bleiben wie bei einem Elfmeter.

    • Löwe 1. November 2025 at 16:02 - Reply

      Das Datum wäre für mich kein Grund, da es sich um eine Zahl handelt. Eine kurze Suche gab mir diesen Hinweis der Ai:
      „Hosting the Olympics is often seen as a prestigious opportunity, but the financial benefits are frequently overstated. Many host cities end up with significant debts and underutilized facilities, while the anticipated boosts in tourism and local economy often do not materialize as expected.“

      Ich sehe auch nicht wie das aktuell sinnvoll erscheinen soll, erstmal muß das Land wohl in einem Zustand des wirtschaftlichen Aufschwungs sein bevor es den größten Prestige Event der Welt austrägt.

  3. Karl 1. November 2025 at 16:59 - Reply

    Olympia 2036 wäre quasi eine Art Antikampagne für die Stadt, da jede Woche, jeder Monat in der Bewerbung mit Fragen und medialen Assoziationen zu 1936 einhergehen würden. Das wäre eine unendliche negative PR ,die keiner wollen kann. Allein der Gedanke sich für dieses Jahr zu engagieren zeigt wie dumm die Berliner Politik geworden ist.

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