Das Haus der Erde sollte Hamburgs neuer Leuchtturm der Klimaforschung und Geowissenschaften werden. Stattdessen entwickelt sich das Bauprojekt zu einem Sinnbild für Verzögerungen, Kostenexplosionen und strukturelle Probleme.
© Visualisierung Titelbild: HTP Hidde Timmermann Architekten
Das ambitionierte Bauprojekt „Haus der Erde“ sollte der Universität Hamburg eine neue Heimat für ihre Klimaforschung und Geowissenschaften bieten. In unmittelbarer Nähe zu etablierten Einrichtungen wie dem Deutschen Klimarechenzentrum und dem Max-Planck-Institut für Meteorologie entstehen auf 22.000 Quadratmetern moderne Lehr- und Forschungseinrichtungen. Insgesamt sollten sieben Institute, die Verwaltung sowie ein Teilbereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften hier untergebracht werden.
Die ursprüngliche Planung sah eine Fertigstellung bis 2019 und ein Budget von etwa 140 Millionen Euro vor. Doch schnell traten gravierende Probleme auf, die den Zeitplan und die Kostenschätzungen ins Wanken brachten. Heute, fast sechs Jahre später, ist der Bau immer noch nicht abgeschlossen, und die Kosten haben sich mehr als verdreifacht.
Hamburgs „Haus der Erde“: Frühe Planungsfehler und mangelhafte Kommunikation
Die ersten gravierenden Schwierigkeiten zeigten sich bereits in der Planungsphase. Insbesondere bei der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) – Lüftung, Klima- und Sanitärtechnik – wurden erhebliche Defizite festgestellt. Die notwendige Neuauslegung dieser Bereiche verzögerte nicht nur den Baubeginn, sondern verursachte auch bereits erhebliche Mehrkosten.
Auch während der Bauphase setzte sich eine mangelhafte Kommunikation zwischen Bauherrenvertretung, Planern, Architekten und Fachfirmen fort. Informationen wurden oft nur unvollständig oder verspätet weitergegeben, was ständige Umplanungen und eine erneute Verzögerung des Baufortschritts zur Folge hatte.
Prestigeprojekt für mehrere hundert Millionen Euro: Externe Krisen verschärfen die Situation
Neben internen Planungsfehlern beeinflussten auch externe Faktoren den Verlauf des Projekts erheblich. Die Corona-Pandemie brachte ab 2020 zahlreiche Baustellen deutschlandweit zum Erliegen, so auch am Haus der Erde. Die Baustelle musste instandgehalten werden, um Folgeschäden zu vermeiden, was zusätzliche Kosten verursachte.
Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 stiegen die Preise für Baumaterialien wie Stahl und Dämmstoffe drastisch an, zum Teil um bis zu 70 Prozent. Zusätzlich sorgten Lieferengpässe und Fachkräftemangel für weitere Verzögerungen. Diese Faktoren führten dazu, dass die Baukosten mittlerweile auf über 425 Millionen Euro angestiegen sind.
Wasserschaden: Ein weiterer herber Rückschlag für das „Haus der Erde“
Im Sommer 2024 wurde das Projekt durch einen gravierenden Wasserschaden erneut massiv belastet. Ein Leck in einem Tank der Sprinkleranlage führte zur Überflutung des zweiten Untergeschosses. Technikräume und künftige Laborflächen waren betroffen, Pilz- und Bakterienbefall machten eine umfassende Dekontamination notwendig.
Insgesamt wurden 1.900 Quadratmeter Bodenbelag entfernt und etwa 10.000 Quadratmeter Betonflächen gereinigt und desinfiziert. Die Maßnahme verursachte nicht nur zusätzliche hohe Kosten, sondern verzögerte auch erheblich den Bezug weiterer Gebäudeteile. Eine endgültige Klärung der Verantwortlichkeiten steht noch aus, rechtliche Schritte werden geprüft.
Langfristige Belastung für Universität und Stadtkasse: Hamburger Senat hält an Vorhaben fest
Die Folgen der Verzögerungen und Kostenexplosionen treffen dabei nicht nur die Universität Hamburg. Ursprünglich waren jährliche Mietkosten von elf Millionen Euro vorgesehen. Diese sollen inzwischen auf etwa 17 Millionen Euro steigen, finanziert aus Steuermitteln. Der Bund der Steuerzahler kritisierte das Projekt scharf und forderte eine strengere Kontrolle von Großbauprojekten sowie konsequente Schadensregulierung.
Obwohl die Stadt Hamburg die Fertigstellung des Hauses der Erde weiterhin anstrebt, ist ein konkreter Eröffnungstermin derzeit nicht bekannt. Aufgrund der erheblichen baulichen Schäden und Verzögerungen bleibt unklar, wann das Gebäude tatsächlich in Betrieb genommen werden kann.
Quellen: NDR, dlubal.com, Pressemitteilung hamburg.de, HTP Hidde Timmermann Architekten