Ein Gutachten hat ergeben, dass die Reinhardswald-Grundschule in Berlin-Kreuzberg nur noch bis Januar 2028 betrieben werden darf. Der marode Zustand des Gebäudes lässt eine Sanierung nicht mehr zu. Gegen die geplante Schließung regt sich Widerstand in der Bevölkerung.
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Die Reinhardswald-Grundschule an der Gneisenaustraße in Berlin-Kreuzberg steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Wie der Tagesspiegel berichtet, bescheinigt ein aktuelles Gutachten dem Schulgebäude schwerwiegende bauliche Mängel, darunter eine Asbestbelastung sowie erhebliche Defizite im Brandschutz. Nach Einschätzung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ist eine Sanierung unter laufendem Schulbetrieb nicht realisierbar. Eine umfassende Erneuerung sei weder technisch noch wirtschaftlich vertretbar.
Demnach dürfe die Schule nur noch bis zum 31. Januar 2028 genutzt werden, bis der Schulbetrieb in ein Ausweichgebäude verlegt wird. Als Übergangslösung soll das Gebäude der nahegelegenen Aziz-Nesin-Schule dienen. Auch dieses weist allerdings bereits heute bauliche Mängel auf und gilt lediglich als Zwischenstation.
Kreuzberg: Schulschließung stößt auf Widerstand in der Bevölkerung
Die Entscheidung zum Abriss der Schule hat in der Kreuzberger Bevölkerung und Schulgemeinschaft für große Bestürzung gesorgt. Lehrkräfte, Eltern sowie Anwohnende haben eine Petition gestartet, die den Erhalt des Schulstandorts fordert. Die Initiative argumentiert, die Schule sei ein unverzichtbarer Bestandteil des sozialen Gefüges im Kiez und genieße hohes Ansehen für ihre pädagogische Arbeit.
In der Petition, die inzwischen mehr als 1.300 Unterschriften gesammelt hat, wird kritisiert, dass die Entscheidung auf Basis statistischer Prognosen über zukünftige Schülerzahlen getroffen wurde. Die Schule sei hingegen seit Jahren stark nachgefragt und könne die hohe Anzahl an Anmeldungen kaum abdecken.
Bildungsort mit besonderem Profil: Das ist die Kreuzberger Reinhardswald-Grundschule
Die Reinhardswald-Grundschule versteht sich nicht nur als Ort des Lernens, sondern auch als Modell für gelebte Vielfalt und soziale Integration. Der enge Austausch mit lokalen Schülerläden und die Möglichkeit einer ganztägigen Betreuung schaffen ein einzigartiges Schulumfeld. Diese enge Verzahnung von schulischer und außerschulischer Bildung sei laut Unterstützenden der Petition ein Vorzeigeprojekt, das nicht leichtfertig aufgegeben werden dürfe.
Zudem engagiert sich die Schule seit Jahren aktiv gegen Rassismus. Seit 2018 ist sie Teil des bundesweiten Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. In regelmäßigen Arbeitsgemeinschaften und Projekttagen setzen sich Kinder und Lehrkräfte gemeinsam mit Themen wie Vielfalt und gesellschaftlichem Zusammenhalt auseinander.
Steigender Bedarf an Schulplätzen: Zukunft des Schulstandorts noch unklar
Auch wenn der Abriss inzwischen als wahrscheinlich gilt, ist die zukünftige Nutzung des Standorts bislang nicht abschließend geklärt. Laut Aussagen der Senatsbildungsverwaltung werde derzeit geprüft, ob ein Neubau erneut eine Grundschule oder alternativ eine weiterführende Schule beherbergen soll. Dabei sollen unter anderem Prognosen zum Bedarf an Grund- und Oberschulplätzen in die Entscheidung einfließen.
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg betont unterdessen, dass die Grundschule für die Versorgung des Stadtteils mit Schulplätzen unverzichtbar sei. Gleichzeitig verweist die Senatsverwaltung auf steigende Bedarfe im Bereich der weiterführenden Schulen.
Engagement im Kiez bleibt bestehen: Förderverein und Ehrenamtliche setzen sich für Erhalt ein
Der Förderverein der Schule sowie zahlreiche Ehrenamtliche setzen sich weiterhin für den Erhalt des Standorts ein. Schon im Sommer 2024 wurde einer Aktionswoche unter anderem eine Menschenkette um das Schulgebäude organisiert, begleitet von musikalischen und künstlerischen Beiträgen. Diese symbolischen Aktionen sollen die gesellschaftliche Bedeutung der Schule unterstreichen und politische Entscheidungstragende zum Umdenken bewegen.
Ob dieses Engagement langfristig Früchte trägt, bleibt offen. Stand heute steht fest: Spätestens Anfang 2028 endet der Unterricht am jetzigen Standort der Reinhardswald-Grundschule. Was danach kommt, ist derzeit Gegenstand intensiver politischer und gesellschaftlicher Diskussionen.
Quellen: Tagesspiegel, openpetition.de