Nachdem der Magistrat den Wiederaufbau des „Langen Franz“ genehmigt hat, kehrt die historische Turmspitze zurück und prägt das Stadtbild erneut. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die den Nutzen des Projekts infrage stellen.

Der Lange Franz mit Notdach (Links) und Visualisierung des rekonstruierten Rathausturms (Rechts). / © Foto: Stadt Frankfurt am Main, F. W. Von Goetz
© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Horst-schlaemma
© Foto / Visualisierung: Stadt Frankfurt am Main, F. W. Von Goetz
Nach Jahrzehnten des Wartens erhält der „Lange Franz“, einer der markantesten Türme des Frankfurter Rathauses, seine ursprüngliche Turmspitze zurück. Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main hat dem Wiederaufbau des historischen Rathausturms offiziell zugestimmt.
Vom Frankfurter Brückenturm inspiriert: Die neugotische Architektur des Frankfurter Rathausturms
Der „Lange Franz“ wurde zwischen 1900 und 1904 im Rahmen des Rathausausbaus errichtet und war mit 70 Metern Höhe zur damaligen Zeit das zweithöchste Gebäude Frankfurts – lediglich der Dom war höher. Seinen volkstümlichen Namen verdankt der nördliche Rathausturm dem früheren Oberbürgermeister Franz Adickes, der sich maßgeblich für die Erweiterung des Rathauses einsetzte.
Architektonisch orientierte sich der neugotische Bau an dem mittelalterlichen Brückenturm der Alten Brücke, der bis 1765 existierte. Markante Merkmale waren ein Rundbogenfries, ein mit Schießscharten versehenes oberstes Geschoss, vier überdachte Eck-Erker sowie ein steiles, vielgestaltiges Walmdach mit Zwerchhäusern an der Nord- und Südseite. Ein zentraler Dachreiter krönte die filigrane Turmspitze. Dieser kunstvolle Aufbau verlieh dem Turm seine markante Silhouette und machte ihn zu einem Symbol städtischer Baukultur.
Städtebauliche Präsenz und historischer Einschnitt: Der Wandel des „Langen Franz“ nach 1945
Die Position des „Langen Franz“ wurde städtebaulich bewusst gewählt: Die damalige Kronprinzenstraße – heute Münchner Straße – wurde so ausgerichtet, dass der Turm bereits vom Frankfurter Hauptbahnhof aus ins Blickfeld rückte. So wurde er über Jahrzehnte hinweg zu einem prägenden Orientierungspunkt für Ankommende und Einheimische gleichermaßen.
Im Zweiten Weltkrieg beschädigten die Luftangriffe der alliierten den Frankfurter Turm schwer, insbesondere zerstörten sie dabei die kunstvolle Spitze. Beim Wiederaufbau in den 1950er-Jahren verzichtete man aus Kostengründen auf die Rekonstruktion des Daches. Damit verlor der „Lange Franz“ nicht nur an Höhe, sondern auch an symbolischer Strahlkraft. Sein Spitzname, einst in aller Munde, geriet zunehmend in Vergessenheit.
Historische Rekonstruktion in der Kritik: Ein Projekt ohne praktischen Nutzen?
Im Kontext der Diskussion um den Wiederaufbau des „Langen Franz“ gibt es auch kritische Stimmen, die das Projekt hinterfragen. Besonders die politische Linke in Frankfurt lehnt die Rekonstruktion ab und bezeichnet sie als „rückwärtsgewandtes Prestigeprojekt“. Aus ihrer Sicht sollten die finanziellen Mittel eher in die Förderung der freien Kulturszene oder in dringlichere städtische Aufgaben wie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum investiert werden.
Michael Müller, Vorsitzender der Linken im Römer, äußerte in der Frankfurter Rundschau seine Kritik, indem er den Wiederaufbau als „völlig aus der Zeit gefallen“ bezeichnete und den Mangel an funktionalen Vorteilen für die Stadt betonte.
Wiederaufbau beschlossen: Der Frankfurter Magistrat gibt grünes Licht für die Rückkehr des historischen Turmhelms
Trotz der kritischen Stimmen hat der Magistrat der Stadt hat am 25. April 2025 offiziell den Startschuss für den Wiederaufbau gegeben. Die Bauarbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen. Der Abschluss ist nach derzeitiger Planung für das Jahr 2027 vorgesehen.
Geplant ist eine originalgetreue Rekonstruktion der Turmspitze auf Basis historischer Fotografien, Pläne und Archivmaterialien. Die bestehende Turmkonstruktion wird parallel statisch ertüchtigt, um den neuen Aufbau langfristig zu tragen.
1,5 Millionen Euro aus der Bürgerschaft: Der „Lange Franz“ als Herzensprojekt vieler Frankfurterinnen und Frankfurter
Die Stadt Frankfurt übernimmt einen Großteil der Finanzierung. Weitere Mittel stammen aus dem Denkmalpflegeprogramm des Landes Hessen. Eine entscheidende Rolle spielt auch das zivilgesellschaftliche Engagement: Der Brückenbauverein Frankfurt initiierte frühzeitig eine Spendenkampagne, die rund 1,5 Millionen Euro einbrachte.
Der Erfolg der Kampagne zeigt das große Interesse vieler Frankfurterinnen und Frankfurter an der Rekonstruktion des Wahrzeichens.
Architektonisches Erbe und Bürgerengagement: Der „Lange Franz“ als identitätsstiftendes Symbol in Frankfurt
Der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler betonte in einem Interview gegenüber der Frankfurter Rundschau die stadtbildprägende Bedeutung des „Langen Franz“. Mit der Rückkehr der historischen Turmspitze werde ein identitätsstiftendes Element Frankfurts wieder sichtbar gemacht.
Der Turm stehe nicht nur für die Baugeschichte der Stadt, sondern auch für das zivilgesellschaftliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger.

Frankfurt am Main 1908: Neues Rathaus mit dem Turm Langer Franz, vom Paulsplatz aus gesehen. / © Foto: Wikimedia Commons, Carl Andreas Abt
Quellen: Brückenbauverein, Frankfurter Rundschau, Journal Frankfurt, Hessenschau
Mal im Ernst, findet sich dafür kein Mäzen oder reicher Spender? Soooo teuer ist es nun auch wieder nicht.