Die Entwicklung des RAW-Geländes in Friedrichshain-Kreuzberg zählt zu den ambitioniertesten Stadtumbauprojekten Berlins. Doch nach über zehn Jahren Planung droht das Vorhaben zu scheitern. Eigentümer Lauritz Kurth sieht die Verantwortung dafür beim Bezirk.

Auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain soll ein neues Stadtquartier mit Wohnen, Kultur, Gewerbe und Freiräumen entstehen. Derzeit liegt das Projekt jedoch auf Eis. © Visualisierung: Kurth Immobilien
© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Tine Volpert
Die Entwicklung des RAW-Geländes in Friedrichshain zählt zu den ambitioniertesten Stadtumbauprojekten der Hauptstadt. Doch nach über zehn Jahren Planung droht das Vorhaben zu scheitern. Eigentümer Lauritz Kurth sieht die Verantwortung dafür beim Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.
Das RAW-Gelände in Berlin-Friedrichshain soll sich von einem Ort subkultureller Nutzung zu einem gemischten Stadtquartier mit Wohnen, Kultur, Gewerbe und Freiräumen entwickeln. Für Lauritz Kurth, Geschäftsführer der Kurth Immobilien-Gruppe und Eigentümerin des RAW-Geländes, steht das Projekt beispielhaft für eine neue Form urbaner Stadtentwicklung. Doch die Zusammenarbeit mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bezeichnet er inzwischen als gescheitert, wie er im Gespräch mit ENTWICKLUNGSSTADT erklärte.
Stillstand beim RAW-Gelände: Investor kritisiert Bezirk
Nach Darstellung des Investors wurde das Konzept zunächst von allen Beteiligten begrüßt. Doch seither hat sich das Projekt kaum weiterentwickelt. Während andere Stadtentwicklungsprojekte in Berlin Fortschritte machen, scheint das RAW-Gelände seit Jahren festzustecken.
Investor Lauritz Kurth wirft dem Bezirksamt mangelnde Koordination und fehlendes gemeinsames Handeln vor. Er warnte davor, dass das Projekt, an dem seit über einem Jahrzehnt gearbeitet wird, ohne Fortschritte vor dem Aus stehen könnte. Die ursprüngliche gemeinsame Vision sei 2019 in einem Dialogverfahren mit Anwohnerinnen, Bezirksvertretern und Akteuren auf dem Gelände entstanden. Ziel sei ein lebendiges Quartier gewesen, das Soziokultur, Büros, Ateliers, Nahversorgung und Freiflächen miteinander verbindet.
Projekt RAW-Gelände: Mangelnde Kommunikation, Koordination und Verlässlichkeit
Die Eigentümerin verpflichtete sich, Teile des Areals dauerhaft für gemeinwohlorientierte Nutzungen bereitzustellen. Der darauf basierende Masterplan der Büros Holzer Kobler Architekturen und Atelier Loidl wurde damals von allen Beteiligten begrüßt.
Doch die Umsetzung dieser Planung sieht Kurth mittlerweile gefährdet. Die Zusammenarbeit mit dem Bezirk bezeichnet er als „nicht zufriedenstellend“. Nach seinen Angaben habe es an Kommunikation, Koordination und Verlässlichkeit gefehlt. Termine und Absprachen seien wiederholt nicht eingehalten worden, was den gesamten Planungsprozess erheblich verzögert habe. Auch die vom Bezirksamt betreuten Gutachten hätten keine verwertbaren Ergebnisse geliefert.
Lauritz Kurth: Blockierte Prozesse behindern das Projekt an der Revaler Straße
Projekte wie die geplante Bauhütte oder das Betreibermodell für das soziokulturelle Zentrum seien laut Kurth „mitten im Arbeitsprozess stecken geblieben“. Aufseiten der Eigentümerin und der Nutzerinnen und Nutzer des Geländes bestehe dagegen weiterhin Einigkeit und Kooperationsbereitschaft. Die Akteure vor Ort seien seit über zehn Jahren in die Planungen eingebunden, die Zusammenarbeit verlaufe konstruktiv.
Der Stillstand sei daher nach Einschätzung des Investors vor allem auf strukturelle Defizite im Bezirksamt zurückzuführen. Für ein Projekt dieser Größenordnung brauche es „ein gemeinsames Wollen“, das derzeit fehle.
„Die Art der Zusammenarbeit und damit verbunden nicht erreichte Ziele in allen Punkten des Prozesses haben zum Abbruch geführt und waren folglich nicht zufriedenstellend. Die Kommunikation, Koordination und Bearbeitung waren nicht gut und führten damit auch nicht zu Fortschritt oder Erfolgen. Termine und Ankündigungen wurden leider nicht eingehalten. Auch die vom Bezirksamt betreute Bearbeitung der Gutachten kam aufgrund der vorher genannten Ursachen nicht zu den für das Verfahren erforderlichen, verwertbaren Ergebnissen„, so Kurth.
Ziel Ende 2025: Der Bebauungsplan für das „Projekt RAW“ muss da sein
Inhaltlich hält der Investor an der Vision eines gemischten, ökologisch orientierten Stadtquartiers fest. Der Masterplan sieht eine dichte, vertikale Bebauung mit großflächigen Freiräumen vor, um Flächen zu entsiegeln und Raum für Grün- und Aufenthaltszonen zu schaffen. Auch der Erhalt bestehender Clubs und kulturellen Einrichtungen soll gesichert bleiben. Kurth räumte aber im Interview auch ein, dass derzeit aufgrund der hohen Nachfrage nach Wohnungen auch eine Teilnutzung des Areals für den Bau von Wohnungen diskutiert werde.
Für eine Weiterführung des Verfahrens sei laut Kurth aber erst einmal eine abschließende Abstimmung der zentralen Themen des Bebauungsplans bis Ende 2025 zwingend notwendig. Nur dann könne 2026 die Planreife erreicht werden.
Die Kurth-Gruppe plant, das Gelände langfristig selbst zu verwalten und zu einem offenen, nachbarschaftlich geprägten Quartier zu entwickeln, wie sie selbst sagt. Ob das tatsächlich gelingt, hängt maßgeblich davon ab, ob Investor und Bezirk wieder zueinander finden. Andernfalls droht ein exemplarisches Stadtentwicklungsprojekt der Hauptstadt an politischen Differenzen zu scheitern.
Quellen: Kurth Immobilien, Kurth Real Estate, Holzer Kobler Architekturen, Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Berliner Morgenpost
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